Laut BFH sind Vergütungsvereinbarungen zwischen einer AG und einem Vorstand, der zugleich Minderheitsaktionär ist, steuerrechtlich regelmäßig anzuerkennen. Den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) sieht er nur in Ausnahmefällen, in denen sich der Aufsichtsrat bei der Vergütungsvereinbarung einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds ausgerichtet hat.
Zunächst stellt der BFH heraus, dass die Rechtsregeln, die im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Behandlung von Vereinbarungen mit Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH entwickelt wurden, nicht uneingeschränkt auf den Bereich der AG übertragen werden können. Dem stünden die strukturellen Unterschiede in den Entscheidungsstrukturen zwischen einer AG und einer GmbH entgegen. So wird die AG bei Rechtsgeschäften mit ihren Vorstandsmitgliedern von ihrem Aufsichtsrat vertreten, wodurch eine Wahrung der Interessen der Gesellschaft eher gewährleistet ist als bei Verträgen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer.
So genügt laut BFH eine umsatz- oder gewinnabhängige Tantiemen-Vereinbarung zwischen einer AG und einem Vorstandsmitglied, das zugleich Minderheitsaktionär der AG ist, nur dann nicht dem Fremdvergleich (was ggfs. zu einer vGA führen könnte), wenn die Umstände des Einzelfalles eindeutig darauf schließen lassen, dass sich der Aufsichtsrat bei der Vergütungsvereinbarung einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds ausgerichtet hat. Sofern es sich um einen „unabhängigen“ Aufsichtsrat handelt, der also mit Personen besetzt ist, die dem betreffenden Vorstandsmitglied nicht nahestehen, komme eine vGA daher nur unter besonderen Umständen in Betracht (BFH-Urteil vom 24.10.2024, I R 36/22). Im Streitfall hat das Vorstandsmitglied als Minderheitsaktionär den Aufsichtsrat zudem auch nicht beherrschen können.
Bereits in vergangener Rechtsprechung äußerte sich der BFH zur Anwendung der Grundsätze einer vGA im Hinblick auf eine Vergütungsvereinbarung einer AG mit ihrem Mehrheitsaktionär, der zugleich Vorstandsmitglied der AG ist. Insoweit bleibt herauszustellen, dass es im Einzelfall schon möglich ist, dass eine vertragliche Vergütungsgestaltung nicht auf einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen von Vorstand und AG ausgerichtet ist. In einem solchen Fall liegt auch bei einer AG eine vGA vor. Der BFH stellt in seiner aktuellen Entscheidung aber heraus, dass grundsätzlich erst eine Beherrschungssituation im Aufsichtsrat die Rolle des Aufsichtsrats als eines zur Wahrung der Interessen der AG verpflichteten Gremiums relativiert und eine einseitige Interessenwahrnehmung zugunsten des begünstigten Vorstandsmitglieds als naheliegend erscheinen lässt.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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