Tonnagebesteuerung setzt fast ausschließliche Bereederung im Inland voraus

Der BFH hat mit aktuellem Urteil zur pauschalierenden Besteuerung nach der Tonnage von Handelsschiffen (sog. Tonnagebesteuerung) entschieden, dass diese voraussetzt, dass die Bereederung der Handelsschiffe fast ausschließlich im Inland durchgeführt wird. Ob dies der Fall ist, sei im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu entscheiden.

Gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei einem Gewerbebetrieb mit Geschäftsleitung im Inland – anstelle der Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG – der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage zu ermitteln, wenn die Bereederung dieser Handelsschiffe im Inland durchgeführt wird. Die pauschalierende Gewinnermittlungsvorschrift des § 5a EStG kann zu Steuerentlastungen führen und hat Subventionscharakter. Im Urteilsfall war strittig, ob das Tatbestandsmerkmal „Durchführung der Bereederung im Inland“ erfüllt ist und die pauschalierende Besteuerung angewandt werden darf.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz stellt der BFH fest, dass für die Inanspruchnahme der Tonnagebesteuerung gemäß § 5a EStG eine nur überwiegende Bereederung im Inland nicht ausreicht (Urteil vom 06.06.2024, IV R 15/21). Der Gesetzgeber habe im Gesetzestext des § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG für die inländische Bereederung die Einschränkung „überwiegend“ nicht angelegt, wohingegen in Absatz 2 der Norm für andere Tatbestandsmerkmale der Begriff „überwiegend“ verwendet wird. Gleichwohl gäbe es in § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG kein Ausschließlichkeitsgebot dem Wortlaut nach. Der BFH folgert daraus, dass die Bereederung deutlich mehr als überwiegend, aber weniger als ausschließlich im Inland durchgeführt werden muss. Zusammengefasst kommt der BFH demnach zu dem Ergebnis, dass für die Besteuerung nach § 5a Abs. 1 EStG die Bereederung „fast ausschließlich“ im Inland durchgeführt werden müsse. Ob dies der Fall ist, könne in der Praxis nur im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls entschieden werden. 

Der BFH führt zur weiteren Begründung u.a. aus, dass der Gesetzgeber die Besteuerung gemäß § 5a EStG eingeführt hat, um Deutschland als Standort für die Seeschifffahrt zu sichern und weiter auszubauen, d.h. die Rahmenbedingungen für die deutsche Seeschifffahrt zu verbessern. Dieser in der Regelungssystematik des § 5a EStG angelegten Verknüpfung von wirtschaftlichen (finanziellen) Vor- und (möglichen) Nachteilen widerspräche es, wenn einem Steuerpflichtigen der Vorteil der Gewinnermittlung nach der Tonnage gewährt würde, obwohl er gleichzeitig fast die Hälfte der Bereederungstätigkeiten ins Ausland verlagern könnte, um dort wirtschaftlich günstigere Rahmenbedingungen in Anspruch zu nehmen. Schließlich bestimmt der BFH unter Heranziehung geltender Rechtsprechung, dass seine aktuelle Entscheidung auch mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar sei. 

Darüber hinaus sind dem Urteil Konkretisierungen dazu, was unter den Begriff der Bereederung fällt, wonach sich der Ort der Durchführung der Bereederung bestimmt und welche Tätigkeiten zur Bereederung gehören, zu entnehmen.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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