Überarbeiteter Anwendungserlass zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel

Nachdem der BFH in jüngster Vergangenheit der einschränkenden Auslegung der Finanzverwaltung zur Bestimmung des herrschenden Unternehmens widersprochen hat, reagiert diese nun mit einer Überarbeitung ihres Anwendungserlasses zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel. Neben der Einarbeitung der BFH-Rechtsprechung und redaktionellen Anpassungen des Erlasses an die neue Rechtslage durch die Grunderwerbsteuerreform hat die Finanzverwaltung weitere punktuelle Anpassungen vorgenommen. So wurden insbesondere die Erlassbeispiele an die ab dem 01.07.2021 geltende Rechtslage angepasst.

Mit Urteil vom 28.09.2022 (II R 13/20) bestätigte der BFH seine Rechtsprechung zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel aus dem Jahr 2020 und entwickelte diese dahingehend fort, als dass sich die Bestimmung des „herrschenden Unternehmens“ und der „abhängigen Gesellschaft“ nach dem jeweiligen nach § 6a GrEStG begünstigten Umwandlungsvorgang richtet (vgl. Steuernachrichten vom 08.12.2022). Insofern widersprach der BFH der einschränkenden Auffassung der Finanzverwaltung, wonach das herrschende Unternehmen der oberste Rechtsträger ist, der die Voraussetzungen des § 6a Satz 4 GrEStG erfüllt (Gleich lautende Ländererlasse vom 22.09.2020, Tz. 3.1).

Mit den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25.05.2023 reagiert die Finanzverwaltung nun mit einem überarbeiteten Anwendungserlass zu § 6a GrEStG auf die BFH-Rechtsprechung.

Soweit an dem steuerbaren Rechtsvorgang nach § 6a Satz 1 GrEStG ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 1. Alt. GrEStG), übernimmt der Erlass die BFH-Rechtsprechung. Danach ist als herrschendes Unternehmen - soweit vorhanden - das am steuerbaren Umwandlungsvorgang unmittelbar beteiligte Unternehmen gemeint. Unerheblich ist, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist. Ebenso wenig ist maßgebend, ob bei abhängigen Gesellschaften weitere Gesellschaften vom herrschenden Unternehmen abhängen, wenn diese Unternehmen oder Gesellschaften selbst nicht am Umwandlungsvorgang beteiligt sind.

Sind mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften am Umwandlungsvorgang beteiligt (§ 6a Satz 3 2. Alt. GrEStG), ordnet der Erlass an, dass ausgehend von dem Umwandlungsvorgang der in der Beteiligungskette am nächsten stehende (unterste) Rechtsträger, der die Voraussetzungen nach § 6a Satz 3 und 4 GrEStG erfüllt, das herrschende Unternehmen ist. Auch hier ist laut Erlass unerheblich, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist.

Soweit kein Rechtsträger die vorstehenden Voraussetzungen erfüllt, schließt der Erlass eine Anwendung des § 6a GrEStG aus.

Ergänzend äußert sich der Erlass zum Einhalten der Fristen bei Gesamtrechtsnachfolge in Fällen von Erbengemeinschaften und führt aus, dass diese dann einzuhalten sind, soweit für die ungeteilte Erbengemeinschaft eine Rechtsnachfolge anzunehmen ist. Im Falle eines (Voraus-)Vermächtnisses bzw. der vorweggenommenen Erbfolge ist mangels (Gesamt-)Rechtsnachfolge ein Einhalten der Fristen i.S.d. § 6a GrEStG laut Erlass nicht möglich.

Darüber hinaus konkretisiert die Finanzverwaltung offenbar ihre Auffassung zur wirtschaftlichen Tätigkeit in Fällen von Vorratsgesellschaften und reinen Holdinggesellschaften. Mit Erlass vom 22.09.2020 stufte die Finanzverwaltung beispielsweise Vorratsgesellschaften und reine Holdinggesellschaften als „nicht wirtschaftlich tätige Gesellschaften“ ein. Daher bestanden bislang Zweifel darüber, ob diese Gesellschaften nach den allgemeinen Grundsätzen auch über eine Beteiligung an einer abhängigen Gesellschaft am Markt teilnehmen und insofern wirtschaftlich tätig sein können bzw. dem herrschenden Unternehmen eine solche Beteiligung vermitteln können. Hierfür ist erforderlich, dass mindestens eine am Umwandlungsvorgang beteiligte abhängige Gesellschaft am Markt wirtschaftlich tätig ist. Laut dem neuen Erlass soll dies offenbar nun auch für nicht selbst wirtschaftlich tätige Gesellschaften (z.B. Vorratsgesellschaften und reine Holdinggesellschaften) gelten, so dass demnach eine Beteiligung an einer Zwischenholding, die wiederum an einer wirtschaftlich tätigen Gesellschaft beteiligt ist, aus Sicht des herrschenden Unternehmens hinreichend sein dürfte.

Auch enthält der Erlass redaktionelle Anpassungen an die neue Rechtslage durch die Grunderwerbsteuerreform, insbesondere die Einführung des § 1 Abs. 2b GrEStG, die Senkung der Beteiligungsgrenzen und Verlängerung der Fristen.

Der neue Ländererlass ersetzt den bisherigen Erlass vom 22.09.2020 und ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

Die gleich lautenden Ländererlasse stehen Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.

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