Unentgeltliche Übertragungen von Betrieben oder Mitunternehmeranteilen erfolgen grundsätzlich zum Buchwert, wenn die Besteuerung der stillen Reserven beim Übernehmenden sichergestellt ist. Diese steuerneutrale Übertragung gewährt der BFH jedoch nicht bei unentgeltlichen Übertragungen unter Vorbehalt des Nießbrauchs bei Fortführung der gewerblichen Tätigkeit durch den Nießbraucher. In dieser Frage folgt das BMF nun dem BFH.
Der BFH hatte mit Urteil vom 29.01.2025 (X R 35/19) entschieden, dass die Übertragung von Wirtschaftsgütern eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch nicht als unentgeltliche Betriebsübertragung i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zu werten ist, wenn der Nießbraucher seine gewerbliche Tätigkeit fortführt. Die übertragenen Wirtschaftsgüter werden in diesem Fall zu Privatvermögen des Erwerbers. Diese Grundsätze gelten sowohl für aktive als auch für verpachtete Betriebe und führen damit die Rechtsprechung des BFH-Urteils vom 25.01.2017 (X R 59/14, einen verpachteten Gewerbebetrieb betreffend) fort. Kommt es später zu einem unentgeltlichen Erlöschen des Nießbrauchs (etwa durch Tod oder Verzicht) und setzt der Erwerber die betriebliche Tätigkeit fort, erfolgt ein Betriebsübergang nach § 6 Abs. 3 EStG. Dabei werden die sich „noch“ im Betriebsvermögen des Nießbrauchers befindlichen Wirtschaftsgüter zu Buchwerten übertragen. Die bereits im Privatvermögen des Erwerbers befindlichen und (ehemals) nießbrauchbelasteten Wirtschaftsgüter sind hingegen mit dem Teilwert in dessen Betriebsvermögen einzulegen.
Das BMF hat diese Rechtsprechung mit Schreiben vom 28.10.2025 übernommen. Danach ist für alle Übertragungen ab dem 17.04.2025 (Tag der Urteilsveröffentlichung) eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG bei Vorbehaltsnießbrauch ausgeschlossen, sofern der Nießbraucher weiterhin (aktiv oder verpachtend) gewerblich tätig bleibt. Für Übertragungen vor dem 17.04.2025, bei denen die Veranlagung noch nicht bestandskräftig ist, kann auf gemeinsamen Antrag aus Vertrauensschutzgründen weiterhin die Buchwertregelung angewendet werden.
Ergänzend bleibt anzumerken, dass von den o.g. Urteilsgrundsätzen die Gegenstandsbezogenheit der Rechtsprechung für die Land- und Forstwirtschaft zu unterscheiden sei; d.h. die Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe unter Vorbehaltsnießbrauch ist dagegen weiterhin zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 EStG möglich. Gleiches gelte für die Übertragung eines (Teils eines) Mitunternehmeranteils unter Vorbehaltsnießbrauch sowie wenn Vorbehaltsnießbrauch bei der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein Einzelunternehmen vereinbart ist.
Der Volltext des Schreibens steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.
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