Verfassungsbeschwerde gegen Solidaritätszuschlag ohne Erfolg

Das Bundesverfassungsgericht hält die nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II fortgeführte Erhebung des Solidaritätszuschlages für verfassungsgemäß. Ergänzungsabgaben dürften zwar nicht über die Erfüllung ihres Zwecks hinaus erhoben werden, die Gründe für einen Wegfall seien aber noch nicht evident. Hierbei stehe dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu. Der Solidaritätszuschlag kann daher von Einkommensteuerpflichtigen (ab einer bestimmten Einkommensgrenze und auf Kapitalerträge) sowie von Körperschaften weiter erhoben werden.

Damit wies das BVerfG die durch Mitglieder der damaligen FDP-Bundestagsfraktion gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (i.d.F. des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10.12.2019) erhobene Verfassungsbeschwerde zurück. Die Beschwerde richtete sich gegen die (zunächst) unveränderte Fortführung im Jahr 2020 und gegen die gestaffelten Anpassungen ab 2021 (teilweise Rückführung des Soli). Nach Ansicht der FDP habe der Solidaritätszuschlag 25 Jahre nach seiner Einführung (Erhebung ab 1995) seine Aufgabe (Mitfinanzierung der Wiedervereinigung) erfüllt. Ergänzungsabgaben seien danach dazu bestimmt, anderweitig nicht auszugleichende Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt zu decken. Sie dürften aber nur zeitlich und sachlich begrenzt gelten. Ansonsten würde dem Bund ermöglicht, das Steuerverteilungssystem einseitig und durch einfaches Gesetz zu ändern. Der finanzielle Mehrbedarf für die Aufbauhilfe in den neuen Bundesländern sei mit Ablauf des Solidarpakts II zum 31.12.2019 abgeschlossen worden. Daher sei mit der Wiederherstellung der finanzverfassungsrechtlichen Normallage auch der Solidaritätszuschlag abzuschaffen.

Dieser Argumentation folgte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht und sah die Fortführung des Solidaritätszuschlags als rechtmäßig an (BVerfG-Urteil Urteil vom 26.03.2025, 2 BvR 1505/20). Das BVerfG folgte zwar grundsätzlich der Auffassung, dass Ergänzungsausgaben nur zweckgebunden (aufgabenbezogen) zu erheben seien. Sofern der Zweck wegfällt, sei die Ergänzungsabgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. Der Gesetzgeber habe bei dieser Beurteilung aber einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum. Daher sei lediglich zu prüfen, ob ein evidenter Wegfall des finanziellen Mehrbedarfs durch die Wiedervereinigung vorliege. Dies sei einem Gutachten und mehreren Experten zu Folge aber nicht zweifelsfrei zu belegen. Dabei betonte das Gericht auch, dass die Erhebung der Ergänzungsabgabe von Verfassungs wegen weder von vornherein zu befristen noch auf Notlagen beschränkt sei. Unerheblich war für das BVerfG auch das Auslaufen des Solidarpakts II. Bei diesem handele es sich lediglich um die konkrete Ausgestaltung der Unterstützung der neuen Bundesländer. Der Wegfall dieser Ausgestaltung begründe nicht gleichzeitig den Wegfall des grundsätzlichen Bedarfs.

Daneben richtete sich die Beschwerde auch gegen die Ungleichbehandlung von Besserverdienenden. Denn es sei nicht ersichtlich, warum nur ein Teil der bisher abgabepflichtigen Personen weiterhin den Solidaritätszuschlag zahlen sollten, während ein anderer Teil davon befreit würde. Auch diesem Argument folgte das BVerfG nicht. Die soziale Staffelung sei mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip und die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen nicht zu beanstanden. Im Ergebnis wird der Solidaritätszuschlag vorerst weiterhin von etwa zehn Prozent der Einkommensteuerpflichtigen erhoben werden. Daneben fällt er weiter auf Kapitalerträge und für Körperschaften an.

Nach dem Urteil aus Karlsruhe liegt der Ball nun wieder im Spielfeld der Politik. Ob der Solidaritätszuschlag in der aktuellen Form beibehalten, neu ausgerichtet oder doch abgeschafft wird, dürfte in den kommenden Tagen Gegenstand der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD sein. Anzunehmen ist aber, dass der Spruch der Verfassungsrichter denjenigen Rückenwind gibt, die für eine Beibehaltung der Ergänzungsabgabe eintreten.

Der Volltext des Urteils sowie eine Pressemitteilung stehen Ihnen auf der Internetseite des BVerfG zur Verfügung.

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