Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte

Eine abkommensrechtliche Betriebsstätte erfordert die zeitliche und örtliche Verwurzelung im jeweiligen Staat. Das Unternehmen muss dort seine Tätigkeit ausüben und dauerhaft über sie verfügen können. Sie muss außerdem grundsätzlich mindestens sechs Monate bestehen („Mindestdauer“). Zwei BFH-Urteile konkretisieren die Voraussetzungen für die Begründung einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte.  

Betätigt sich ein Steuerpflichtiger in mehreren Staaten, ist für die Zuordnung des Besteuerungsrechts unter anderem relevant, wo er eine Betriebsstätte im Sinne der DBA unterhält. Maßgeblich für die Begründung einer Betriebsstätte ist die Verwurzelung der unternehmerischen Tätigkeit, welche aus einer Wechselwirkung zwischen örtlicher und zeitlicher Festigkeit der Geschäftseinrichtung rührt. Hierzu hat der BFH seine Rechtsprechung in zwei Urteilen konkretisiert (BFH-Urteile vom 18.12.2024, I R 47/21 und I R 39/21). 

Im Urteilsfall I R 47/21 hatte der BFH einen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Taxiunternehmer zu beurteilen, der seinen Betrieb in der Schweiz ausübte und dort an ein bis zwei Tagen wöchentlich Büroräume einer gemeinschaftlichen Taxizentrale nutzte. Ihm standen dort für seine Bürotätigkeiten die (Mit-)Benutzung eines Schreibtisches mit Telefon, PC sowie ein abschließbarer Standcontainer als auch ein gemeinschaftlich genutztes Postfach zur Verfügung. Aus Sicht des BFH genügt diese Ausstattung, um eine hinreichend feste Geschäftseinrichtung anzunehmen. Insbesondere ein nur vom Steuerpflichtigen nutzbarer Standcontainer sei als Indiz für eine dauerhafte Verfügungsmacht anzusehen. Ferner sei von Bedeutung, dass er die Büroräume für geschäftsleitende Tätigkeiten (wie z.B. Personalverwaltung, Buchführung oder Rechnungswesen) und nicht nur Hilfstätigkeiten im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. e DBA-Schweiz nutzte. Auf die Attraktivität der Büroräume komme es im Rahmen der abkommensrechtlichen Beurteilung nicht an. Mangels einer weiteren Betriebsstätte in Deutschland seien die gewerblichen Einkünfte des Taxifahrers vollständig der schweizerischen Betriebsstätte zuzuordnen und in der Schweiz zu versteuern. Deutschland als Ansässigkeitsstaat habe die Einkünfte freizustellen und nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. 

Im Urteilsfall I R 39/21 hatte der BFH die zeitlichen Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte zu beurteilen. Hier bestätigte der BFH seine bisherige Rechtsprechung, wonach das Unternehmen die Geschäftseinrichtung für mindestens sechs Monate innehaben und ebenso lang seine unternehmerische Tätigkeit darin ausüben muss. Selbst wenn ein Unternehmen ausschließlich in der ausländischen Geschäftseinrichtung, aber kürzer als sechs Monate tätig ist, sei keine abkommensrechtliche Betriebsstätte anzunehmen. Im Streitfall waren die Einkünfte des in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen mangels Betriebstätte im Vereinigten Königreich (da Mindestdauer von sechs Monaten unterschritten) somit ausschließlich in Deutschland zu besteuern.

Der Volltext der Urteile steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil I R 47/21 kommen Sie hier.

Direkt zum BFH-Urteil I R 39/21 kommen Sie hier.