4 Minuten Lesezeit 14 Januar 2020
Kollegen in einer Besprechung

Von Pre-Approval bis Fee Cap: Was die EU-Abschlussprüfungsreform in 2020 bedeutet

Von Anja Pissarczyk

Senior Managerin, Corporate Governance Services, EY Center for Board Matters, EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft | Deutschland

Unterstützt Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführungen bei der effektiven Unternehmensführung und -überwachung.

4 Minuten Lesezeit 14 Januar 2020

Der Prüfungsausschuss muss erstmals die Einhaltung des Fee Cap für Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers sicherstellen.

Das Abschlussprüfungsreformgesetz sowie die EU-Verordnung Nr. 537/2014 (EU-VO) haben mit ihrem Inkrafttreten im Juni 2016 zu weitreichenden Veränderungen in der Unternehmenspraxis von Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entities [PIEs]) geführt. Mit der EU Audit Reform wurden prominent die Pflicht zur externen Rotation des Abschlussprüfers und zusätzliche Verbote und Beschränkungen für die Erbringung von Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers definiert. Zugleich wurden die Nichtprüfungsleistungen auch betraglich limitiert und eine Honorargrenze (Fee Cap) eingeführt. Bei vielen PIEs muss der Prüfungsausschuss im Geschäftsjahr 2020 nun erstmals die Einhaltung des Fee Cap für Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers sicherstellen.

Aktivere Rolle des Prüfungsausschusses

Oberstes Ziel der EU Audit Reform war und ist die Steigerung der Abschlussprüfungsqualität. Der Prüfungsausschuss erhält explizit den Auftrag, den Abschlussprüfer sorgsam durch ein formales, in seinen Grundzügen in der EU-VO festgelegtes Verfahren auszuwählen und seine Unabhängigkeit wie auch die Qualität der Prüfung fortlaufend zu überwachen. Dieser kritische Blick auf die Prüfungs- und Prüferqualität ist auch in der neuesten Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex aufgegriffen worden. So empfiehlt der Kodex in D.11 ausdrücklich, regelmäßig eine Beurteilung der Qualität der Abschlussprüfung vorzunehmen.

Bei der Beurteilung der Qualität der Abschlussprüfung ist der Prüfungsausschuss bzw. Aufsichtsrat aktiv gefordert, sich anhand eines unternehmensspezifischen und dynamischen Kriterienkatalogs ein Bild von der Leistung des Prüfers zu machen und sich mit ihm darüber auszutauschen, um einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren.

Bei der Bestellung des Abschlussprüfers hat der Prüfungsausschuss die Pflicht zur externen Rotation – grundsätzlich nach zehn Jahren – zu beachten. Mit Ausnahme von Banken und Versicherungen ist jedoch eine Verlängerung der Höchstlaufzeit um weitere zehn Jahre bei vorausgegangener öffentlicher Ausschreibung bzw. um 14 Jahre bei einem Joint Audit von mehreren Prüfungsgesellschaften möglich.

Zudem hat der Prüfungsausschuss Empfehlungen und Vorschläge zur Gewährleistung der Integrität des Rechnungslegungsprozesses zu unterbreiten, sofern er Schwächen ausmacht. Insgesamt erhält der Prüfungsausschuss eine noch aktivere Rolle bei der Überwachung der Rechnungslegung und des Abschlussprüfers.

Der Prüfungsausschuss hat insgesamt ein erweitertes Aufgabenprofil zu meistern und muss bei seiner Besetzung insbesondere auch auf Vertrautheit mit dem jeweiligen Sektor achten.

Genehmigung von Nichtprüfungsleistungen

Dem Prüfungsausschuss obliegt außerdem die Überwachung der Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers. Unter die Nichtprüfungsleistungen („non-audit services“) fallen alle Bestätigungs-, Beratungs- oder sonstigen Leistungen, die keine Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Abschlussprüfung darstellen. Der Prüfungsausschuss hat zunächst sicherzustellen, dass keine unzulässigen Nichtprüfungsleistungen von der sogenannten Black List erbracht werden. Herausfordernd ist, dass diese Liste an unzulässigen Nichtprüfungsleistungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat der EU variieren kann.

Darüber hinaus hat der Prüfungsausschuss die Erbringung aller zulässigen Nichtprüfungsleistungen vorab zu genehmigen. Dieses Pre-Approval setzt ein konzernweites Monitoring der Vergabe von Nichtprüfungsleistungen an den Abschlussprüfer und die Mitglieder seines Netzwerks voraus. Da der Prüfungsausschuss oftmals nur vier- bis fünfmal jährlich tagt, können Leitlinien zum Umgang mit den Nichtprüfungsleistungen sowie die Einrichtung einer konzernweit unterstützenden Monitoring-Stelle den operativen Aufwand für den Prüfungsausschuss erheblich reduzieren. In den Leitlinien kann der Prüfungsausschuss jeweils zu Beginn eines Geschäftsjahres über einen Pre-Approval-Katalog mit Arten von Nichtprüfungsleistungen beschließen, die im konkreten Einzelfall durch die Monitoring-Stelle – im Rahmen der Vorgaben des Prüfungsausschusses – geprüft und freigegeben werden können.

Honorargrenze für Nichtprüfungsleistungen

Mit der Überwachung der Nichtprüfungsleistungen geht die Einhaltung des sogenannten Fee Cap einher, die für viele PIEs ab dem Geschäftsjahr 2020 verpflichtend ist. Das Fee Cap ist ein weiteres Instrument zur Sicherstellung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und beschreibt eine Obergrenze für die Honorare der zulässigen Nichtprüfungsleistungen. So darf das Gesamthonorar für zulässige Nichtprüfungsleistungen 70 Prozent des Durchschnitts der Prüfungshonorare der letzten drei aufeinanderfolgenden Jahre nicht überschreiten.

Das Fee Cap stellt Prüfungsausschuss und Prüfer gemeinsam vor eine neue Herausforderung – insbesondere da noch nicht alle Zweifelsfragen ausgeräumt sind. Ein intensiver Dialog ist der Schlüssel, um der gemeinsamen Verantwortung gerecht zu werden.

Bei der Berechnung des Fee Cap ist die genaue Abgrenzung zwischen Abschlussprüfungsleistungen und Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers entscheidend. Zahlreiche FAQ von CEAOB, der European Contact Group, APAS und IDW helfen, nach und nach auf europäischer und nationaler Ebene ein gemeinsames Verständnis und Handlungssicherheit zu schaffen. Anders als beim Pre-Approval bezieht sich das Fee Cap nur auf den gesetzlichen Abschlussprüfer; Leistungen seines Netzwerks bleiben somit unberücksichtigt. Ebenfalls nicht in das Fee Cap einzubeziehen sind Nichtprüfungsleitungen, die nach nationalem Recht verpflichtend sind (erforderliche Nichtprüfungsleistungen).

In seinen Leitlinien kann der Prüfungsausschuss zusätzliche Anforderungen individuell formulieren.

Die Pflicht zur Überwachung und Einhaltung des Fee Cap trifft den Prüfungsausschuss und den Abschlussprüfer gleichermaßen. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, ist ein regelmäßiger Austausch zu geplanten und bereits erbrachten Nichtprüfungsleistungen sowie deren Auswirkungen auf das Fee Cap unerlässlich.

Fazit

Mit der Verabschiedung der EU Audit Reform wurde die Verantwortung des Prüfungsausschusses erheblich gestärkt. Die Neuerungen stellen die Prüfungsausschüsse der betroffenen Unternehmen auch drei Jahre nach Inkrafttreten der Reform erneut vor Herausforderungen. Sofern in der Zwischenzeit kein Prüferwechsel stattgefunden hat, gilt im Geschäftsjahr 2020 erstmals das Fee Cap. Überschreitungen der 70-Prozent-Honorargrenze können Strafen und auch ein Ersetzungsverfahren des Prüfers nach sich ziehen. In Abhängigkeit von der Komplexität der Konzernstruktur und der Anzahl der erbrachten Nichtprüfungsleistungen weltweit sollten Unternehmen von öffentlichem Interesse überlegen, ob die Etablierung einer IT-Lösung die Transparenz und Zuverlässigkeit des Pre-Approval-Prozesses sowie der Berechnung und Einhaltung des Fee Cap vereinfachen kann.

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Von Anja Pissarczyk

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