Doppelzählung kann im schlechtesten Fall zu einem Anstieg der globalen Emissionen führen.
Was bedeutet das nun für Unternehmen, die sich in Zukunft für den Klimaschutz einsetzen wollen? Das Umweltbundesamt sieht drei tragfähige Modelle für den freiwilligen Markt in der Pariser Ära:
- Kompensationsprojekte, die außerhalb der nationalen Minderungsziele stehen und wie bisher zur Kompensation genutzt werden können („non-NDC crediting“): Sie sind explizit von nationalen Zielen ausgenommen und laufen nicht Gefahr, doppelt gezählt zu werden. Mehr noch als bisher muss hier die Zusätzlichkeit eine Rolle spielen: Es muss sich um Emissionsminderungen handeln, die es ohne den freiwilligen Markt nicht gäbe.
- Kompensationen, die im Kontext der nationalen Minderungsziele stehen, aber als zusätzliche Projekte nicht auf die Ergebnisse des Gastlandes angerechnet werden: Die Zertifikate gehen über die nationalen Minderungsziele hinaus. Das Gastland passt seine Emissionsbilanz entsprechend an. Das wird als „corresponding adjustment“ bezeichnet („NDC crediting“).
- Internationale Klimafinanzierungszertifikate, die von Unternehmen nicht auf die eigenen Emissionen angerechnet können, sondern vom Gastland genutzt werden („contribution claim“): Sie sind Teil einer CSR-Strategie, dienen aber nicht dazu, Unternehmen klimaneutral zu machen. Sie werden günstiger als Kompensationszertifikate sein und können auch die Anpassung an den Klimawandel und eine nachhaltige Entwicklung unterstützen.
Wie geht es weiter?
Unternehmen müssen sich in der aktuellen Phase der Neuausrichtung gut informieren, um für sie passende Zertifikate zu erhalten. Dabei ist es wichtig, die verschiedenen Varianten, Risiken und Regelwerke zu unterscheiden. Derzeit werden primär Zertifikate gehandelt, die unter das Kyoto-Protokoll fallen, da diese Zertifikate vor Ende 2020 ausgeschüttet worden sind. beziehen. Unternehmen können sie wie bisher zur Kompensation verwenden, hier drohen keine Vorwürfe, dass doppelt gezählt wird. Doch der Vorrat schwindet und für die langfristige Planung sind sie kaum geeignet.
Zertifikate mit „corresponding adjustment“ wird es vor 2023 kaum geben. Für diesen Übergangszeitraum sollten Käufer daher zumindest darauf achten, dass es keine Doppelzählung gibt, die sie angreifbar machen würde. Auch die Offsetting-Standards sowie die Anbieter von Zertifikaten sollten hier auf Integrität achten.
Bei neuen Kompensationszertifikaten sollten Unternehmen darauf achten, dass das Gastland („host country“) Regeln gegen Doppelzählungen akzeptiert, und in Zukunft das Prinzip des „corresponding adjustment“ anwenden. Auch bilaterale zwischenstaatliche Verträge können Investoren bei neuen Projekten absichern.
Die COP26 hat endlich zu einem Regelwerk geführt. Zwar ist es mit der Überführung von Klimaschutzprojekten und Zertifikaten aus dem Kyoto-Protokoll teuer erkauft, doch der Markt strotzt vor Zuversicht, seinen Beitrag zum Erreichen des 1,5 °C-Ziels leisten zu können. Ob das gelingt, hängt auch von den Standards und den Unternehmen ab: Sie definieren die marktkonforme Qualität der Ausgleichsmaßnahmen. Das Wachstum des Marktes scheint programmiert. Dafür sprechen Zusagen diverser Unternehmen und der Start der Phase 1 des Luftfahrt-Kompensationssystems CORSIA im Jahr 2024.
Der Handel mit ITMO zwischen Staaten ist geregelt. Was sich daraus für Unternehmen und die Qualität der Projekte ergibt, bleibt abzuwarten. Wer die Klimakrise wirklich stoppen will, sollte der Vermeidung und Verringerung der eigenen Emissionen stets den Vorrang geben.
Fazit
Der internationale Markt für die freiwillige Kompensation von Emissionen hat lange auf das Regelwerk von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens gewartet. Doch was bedeutet der neue Mechanismus im Detail und wie wirkt er sich auf den Handel mit Zertifikaten zur freiwilligen Kompensation und mit alten CDM-Zertifikaten aus dem Kyoto-Protokoll aus? Klar ist: Der CDM bleibt vorübergehend noch am Leben. Vermutlich wird der Markt damit seinen Beitrag zum Einhalten des 1,5 °C-Ziels nicht so ausschöpfen, wie er es könnte.