Phase 1 „Initiierung“: Die Initiierungsphase dient der Projektvorbereitung. In ihr gilt es, die Ziele des Auftrags zu klären, um darauf aufbauend eine erste Grobplanung durchzuführen. Gibt es Verbindungen zu anderen Projekten, bietet sich eine Abhängigkeitsanalyse an. Außerdem erfolgt eine anfängliche Projektumfeldanalyse (z. B. mit angeschlossenen oder vorgesetzten Dienststellen) als Vorbereitung für das Stakeholder-Management und es werden erste Meilensteine und wesentliche Ergebnisse geplant. Daraus lässt sich ableiten, welche Kompetenz- und Qualifikationsprofile im Projektteam benötigt werden. Eine grobe Zeit- und Ressourcenplanung entsteht ebenfalls. Dies alles wird im Projektauftrag zusammengefasst. Zusätzlich erstellt der Auftraggeber ein Lastenheft, aus dem hervorgeht, welche Leistungen durch das Projektteam zu erbringen sind.
Phase 2 „Planung“: Im Kick-off-Workshop, einem zentralen Bestandteil dieser Phase, trifft das Projektteam erstmals aufeinander und erarbeitet eine detaillierte Ablauf-, Termin- und Kostenplanung. Sinnvollerweise wird dies durch einen projekterfahrenen Mitarbeiter moderiert. Es entsteht der Projektstrukturplan (PSP) mit dem Ziel, die Arbeitspakete smart auf die verantwortlichen Teilprojekte aufzuteilen. Durch Ermittlung der benötigten Einsatzmittel entsteht der Ressourcenplan.
Arbeitet das verantwortliche Team klassisch, obliegt dem Teilprojektleiter die Planung der Vorgehensweise in seinem Teilprojekt. Arbeitet das verantwortliche Team hingegen agil, sollte die Betrachtung gemeinsam durch das Entwicklungsteam und den Product Owner erfolgen. In diesem Fall erfolgt die Festlegung durch die Priorisierung des Product Owners unter Berücksichtigung der erarbeiteten Team-Ergebnisse. Bei der Abschätzung von User Stories empfiehlt es sich, Storypoints als Maß zu verwenden. Für jedes Team kann so die Sprint Velocity, d. h. die durchschnittliche Anzahl der Storypoints, die ein Team in einem Sprint abarbeitet, ermittelt werden (Näherungswert). Durch Übernahme der Arbeitspakete aus dem PSP mit deren Terminen ergibt sich ein initial priorisiertes Backlog. Dieses wird durch den Product Owner mit Informationen aus den Plannings verfeinert und in User Stories auf die Sprints aufgeteilt.
Phase 3 „Anforderungserhebung und -bewertung“: Diese Phase beginnt mit der nutzerzentrierten Aufnahme von Anforderungen. Dies geschieht über unterschiedliche Formate und Kanäle durch Kunden oder im Kontext des jeweiligen Fachbereichs. Die Ergebnisse werden in mehreren Iterationen unter Berücksichtigung des Dreiklangs fachlicher, technischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte analysiert. Am Schluss liegen erste Lösungsansätze als Basis für grundlegende Umsetzungsentscheidungen wie beispielsweise die zeitliche Aufteilung auf Release, Beschaffung oder Implementierung vor. Das Projektmanagement orchestriert die verantwortlichen Disziplinen und führt Entscheidungen herbei.
Phase 4 „Lösungsvorschlag und Umsetzungsentscheidung“: In der vierten Phase bilden die entworfenen und bewerteten Lösungsansätze den Rahmen für einen technologischen Entwurf. Das Projektmanagement stellt dabei sicher, dass alle wichtigen Stakeholder eingebunden sind. Weiterhin werden die Auswirkungen der Lösungsvorschläge auf die bestehende IT-Landschaft und Prozesse innerhalb der Organisation analysiert, um ggf. Schnittstellen oder Prozesse anzupassen. Die Lösungsvorschläge werden bis zu einer abschließenden Entscheidung iterativ konkretisiert. Das zentrale Entscheidungsmanagement dokumentiert die Entscheidung und kommuniziert sie in das Projekt. Planungen müssen ggf. aktualisiert werden.
Phase 5 „Lösungsumsetzung und -abnahme“: Zum Schluss erfolgt die Beauftragung des ausgewählten Lösungsvorschlags. Dessen Umsetzung erfolgt iterativ, um dem Bedarfsträger das IT-System möglichst frühzeitig zur Verfügung zu stellen, und sollte einem agilen Vorgehen folgen, um Flexibilität für neue Anforderungen zu schaffen. Die iterative Umsetzung wird in mehreren Sprints auf der Basis eines Umsetzungs-Backlogs geplant. Das Backlog, generiert aus dem ursprünglichen PSP, wird durch den Product Owner verantwortet, im agilen Team abgestimmt und durch das Entwicklerteam umgesetzt. Innerhalb des Entwicklerteams erfolgt das Projektmanagement mittels der Scrum-Werkzeuge, auf die im folgenden Textabschnitt ebenfalls eingegangen wird. Begleitende Nutzertests liefern Erkenntnisse für die weitere Umsetzungsplanung. Die Umsetzung wird durch eine fachliche Abnahme formal abgeschlossen und an den Betrieb übergeben. Insbesondere bei komplexen Umsetzungen wird eine dezidierte Go-live- bzw. Release-Planung vorgenommen.
Querschnittselemente ergänzen die Projektphasen
Um die Komplexität des Projektmanagements weiterhin steuerbar zu machen, sollten parallel zu den fünf Phasen spezifische querschnittlich wirkende Elemente eingeplant werden:
- Projektmanagement-Office (PMO): Das PMO ist eine permanente, zentrale Organisationseinheit, die die Gesamtprojektleitung bei der Führung des Projekts unterstützt. PMO-Aufgaben sind beispielsweise das Berichtswesen, Planungsunterstützung, Vorbereitung von Ausschüssen, Projekt-Controlling oder Ressourcenüberwachung.
- Architekturboard (AB): Das Architekturboard auf Projektebene ist Teil des Architekturmanagements der Organisation. Es soll die Steuerbarkeit, Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit der zu erstellenden Software- und Systemarchitekturen im Projekt bewerten und Vorschläge zur Standardisierung machen. Es dient der Gesamtprojektleitung als Entscheidungsunterstützung.
- Änderungsausschuss (ÄA): Innerhalb eines Projekts ist der Änderungsausschuss ein temporäres Gremium, das über alle Änderungsanträge zu Projektdokumenten entscheidet. Die Entscheidung, einen Änderungsausschuss einzurichten, sollte bereits in der Initiierungsphase getroffen werden und ist sinnvoll, sobald mit einer Vielzahl von Änderungsanträgen zu rechnen ist.
- Entscheidungsmanagement (EM): Während der Planungsphase werden viele Aktivitäten, Arbeitspakete, Maßnahmen oder Meilensteine geplant, auf die im späteren Projektverlauf veränderte Rahmenbedingungen einwirken. Um bei solchen Herausforderungen rasch entscheiden zu können, ist ein dezidiertes Entscheidungsmanagement zweckmäßig. Dieses steuert und moderiert den Entscheidungsfindungsprozess, hält getroffene Entscheidungen fest, macht sie gegenüber dem Projektteam transparent und unterstützt dadurch die Stabilität der Planung und Umsetzung.
Mit diesem Vorgehen die hohe Komplexität bewältigen
Damit hybride IT-Projekte smart geplant und gesteuert werden können, kommt folgenden Aspekten eine wesentliche Bedeutung zu:
- Stakeholder-Zentrierung: Die Umsetzung von IT-Projekten tangiert viele Stakeholder. Daher ist eine gründliche und kontinuierliche Berücksichtigung anfänglicher, aber auch neuer bzw. geänderter Anforderungen wichtig. Durch die iterative Weiterentwicklung des Lösungsentwurfs kann eine größere Abdeckung von Interessen erreicht werden.
- Hybridität: Das Verfahren kann sowohl klassische als auch agile Elemente integrieren. Durch die Integration entsteht Flexibilität, um neue Anforderungen schneller umzusetzen. Diese Vorgehensweise bietet sich insbesondere dann an, wenn durch fachliche Expertise und experimentelles/agiles Vorgehen die Projektergebnisse noch konkretisiert werden müssen.
- Klarheit: Ein Vorgehen ist nur dann von Nutzen, wenn es von allen Beteiligten verstanden wird. Das gewählte Modell zeichnet sich durch intuitiv nachvollziehbare Projektphasen mit agilen Elementen aus.
- Effektivität: Der Beitrag der einzelnen Phasen und Aktivitäten zur Zielerreichung des Gesamtprojekts ist klar definiert und über die Projektlaufzeit mess- und dokumentierbar. Die projektspezifischen Aufgaben in den Phasen unterstützen die Zielerreichung des Gesamtprojekts. Dies kann nachvollziehbar abgebildet werden.
- Effizienz: Bedingt durch das iterative, agile Vorgehen und die ständigen Feedback-Loops wird die Effizienz der Umsetzung kontinuierlich verprobt. Sollten neue Anforderungen, Unzufriedenheit oder auch Probleme und Interessenkonflikte auftreten, werden diese rasch identifiziert und transparent gemacht. Dies bildet die Grundlage für zügige Anpassungen und Erweiterungen.
- Steuerbarkeit: Der Zuschnitt der Phasen ermöglicht es der Gesamtprojektleitung, die einzelnen (Teil-)Projekte sinnvoll zu steuern, d. h. auf ihre Statusänderungen reagieren zu können, Risiken zu identifizieren und Maßnahmen auf- und umzusetzen. Phasenübergänge erfolgen nur nach festgelegten Quality Gates.
Vorteile und Gefahren einzelner Methoden im Rahmen eines hybriden Projektmanagements
Abhängigkeitsanalyse bei hybriden Projekten: Wenn klassische und agile Elemente in einem Projekt eingesetzt werden, kommt der Visualisierung und Auflösung der Abhängigkeiten zwischen Teilprojekten, Referaten, externen Partnern und diversen Lieferartefakten eine entscheidende Bedeutung zu. Erfahrungsgemäß ist für viele Projektleiter die Überwachung von Abhängigkeiten herausfordernd. Die Abhängigkeitsanalyse zeigt strukturiert Informationsströme zwischen Schnittstellen und deckt mögliche blinde Flecken frühzeitig auf. Aufgrund der meist vielen verbundenen Projekte, Linienfunktionen, anzuschließenden IT-Systeme und restriktiven zeitlichen Vorgaben ist die Abhängigkeitsanalyse notwendig. Sie unterstützt bei der Zeitplanung, schafft Flexibilität und erhöht die Planungsvalidität.