13 Minuten Lesezeit 20 Februar 2024
Medizinisches Personal bei einer Konferenz im Krankenhaus

Das operative MVZ-Geschäft: Was die Unternehmungsphase wichtig macht

Von Clemens Schricker

Manager, Strategy & Transactions, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Digital-Health-Experte, E-Health-Enthusiast

13 Minuten Lesezeit 20 Februar 2024

Die letzte Phase der MVZ-Gründung im EY-4-Phasen-Modell konzentriert sich auf die Unternehmungsphase.

Überblick
  • Die Unternehmungsphase bei der Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) erfordert eine ganzheitliche Perspektive.
  • Qualitätsmanagement, Patientenorientierung und solide wirtschaftliche Praktiken sind entscheidend für den Erfolg.
  • Die effiziente Abrechnung, klare Überweisungsprozesse und kontinuierliche Qualitätsüberwachung sind zentrale Säulen eines MVZ.

In den vorherigen Artikeln unserer Reihe haben wir die ersten drei Phasen einer MVZ-Gründung beschrieben, beginnend mit den Analysen bis zur tatsächlichen Gründung eines MVZ. Nach dieser Gründungsphase folgt im EY-4-Phasen-Modell die letzte Phase, die der Unternehmung. Während der Unternehmungsphase eines MVZ-Geschäfts stehen nicht nur die Umsetzung des Unternehmenskonzepts und die organisatorischen Abläufe im Fokus, sondern auch die Bewährung in einem sehr kompetitiven Marktumfeld. Der Wunsch nach Wachstum und der Schaffung eines erfolgreichen Unternehmens erfordert eine sorgfältige Wirtschaftsplanung und eine klare Zukunftsvision. In diesem Zusammenhang sind unter anderem die Entwicklung einer nachhaltigen Geschäftsstrategie, die Identifizierung von Wachstumschancen, die Erschließung neuer Marktsegmente und die Schaffung von Partnerschaften von zentraler Bedeutung. Dieser Prozess erfordert nicht nur eine solide Finanzplanung und eine umfassende Marktanalyse, sondern auch eine ausgeprägte unternehmerische Mentalität und die Fähigkeit, Risiken zu bewerten und zu mitigieren. In dieser vierten Phase stehen Herausforderungen im Bereich Zusammenarbeit, Qualitätsmanagement und Zertifizierung im Vordergrund, um eine erstklassige medizinische Versorgung zu sichern und das Vertrauen von Patienten wie auch von Partnern zu festigen. Ein MVZ zu gründen bringt zahlreiche Vorteile mit sich, etwa die effiziente Nutzung von Ressourcen, die Stärkung der ärztlichen Autonomie und eine erhöhte Attraktivität für junge Fachkräfte. 

Die Phase der Unternehmung in der MVZ-Gründung ist spannend und bedarf gleichzeitig sorgfältiger Planung und Flexibilität, um nachhaltiges Wachstum und dauerhaften Erfolg zu gewährleisten. 

Strategische Planung und dauerhafte Planungssicherheit sind essenziell, um das MVZ nachhaltig auszurichten und sich an immer neue Anforderungen im Gesundheitswesen anzupassen. Durch die Einführung von Qualitätsstandards und den Erhalt von Zertifikaten wird eine stetige Steigerung der medizinischen Qualität angestrebt. Dies trägt zudem zur Wettbewerbsfähigkeit des MVZ bei. Die Phase der Unternehmung in der MVZ-Gründung ist spannend und bedarf gleichzeitig sorgfältiger Planung und Flexibilität, um nachhaltiges Wachstum und dauerhaften Erfolg zu gewährleisten. 

Etablierung im ambulanten Sektor: Bewährung und Wachstum

Unbestreitbar bietet die Etablierung eines MVZ den größtmöglichen Spielraum für Krankenhäuser, Patienten an dem jeweiligen Standort oder auch ausgelagert eine ambulante Behandlung in den entsprechenden Fachgebieten anzubieten. Obwohl die Sektorengrenzen immer durchlässiger werden, sind die ambulanten Versorgungsmöglichkeiten, die den Krankenhäusern zur Verfügung stehen, in der Regel zeitlich (zum Beispiel Ermächtigungen) oder hinsichtlich der spezifischen Leistungen (zum Beispiel ambulante spezialfachärztliche Versorgung, ambulantes Operieren) begrenzt. Um den Patienten ein ambulant-stationäres Behandlungskonzept „aus einer Hand“ anzubieten, ist das MVZ jedoch von zentraler Bedeutung und schwer zu ersetzen.

Unabhängig davon, ob sich das MVZ in der Stadt oder auf dem Land befindet, kann ein durchdachtes Konzept dazu beitragen, sich in einem umkämpften Markt von der Konkurrenz abzuheben. Krankenhäuser haben zudem einen wachsenden Bedarf an ambulanter Infrastruktur. Dies liegt daran, dass ambulante Dienste, die zuvor von ermächtigten Ärzten erbracht wurden, an Bedeutung verlieren. Ein überproportionaler Rückgang ist sowohl bei der Anzahl der hausärztlichen Einzelpraxen (–17,1 Prozent) als auch bei den fachärztlichen Einzelpraxen (–11,6 Prozent) in Deutschland zu erkennen. Der Trend der gemeinsamen Berufsausübung in größeren Praxisstrukturen wächst von Jahr zu Jahr: Die Zahl der MVZ stieg von 2011 bis 2021 um 115,1 Prozent und deckt somit mehr als 4 Prozent aller medizinischen ambulanten Einrichtungen ab.

Im stationären Sektor erfordern Faktoren wie der steigende Kostendruck durch die DRG und die intensiven Maßnahmen der Kostenträger Anpassungen im Leistungsportfolio der Kliniken. Zusätzlich verstärkt sich diese Entwicklung durch die derzeit viel diskutierte Krankenhausreform (KHVVG). Hierbei spielen zukünftig auch Hybrid-DRGs eine zentrale Rolle. Dies manifestiert sich in der Entwicklung und im Ausbau ambulanter Strukturen, sei es durch Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten oder durch die Gründung beziehungsweise Erweiterung eines MVZ. Ohne Alternativen im ambulanten Bereich riskieren Krankenhäuser, sowohl die Bindung zu ihren Patienten als auch das Budget für ambulante Dienstleistungen zu verlieren. In ländlichen Gebieten werden MVZ, die von Krankenhäusern getragen werden, als Garantie für eine hochwertige medizinische Versorgung gesehen. Politisch ist es gewollt, diese Zentren weiter zu stärken. Außerdem kann es vorkommen, dass Krankenhäuser aus strategischen Gründen eine große Praxis kaufen und sie in ein MVZ umwandeln. Dies dient dazu, bestehende Behandlungswege zu sichern und eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Dass Krankenhäuser zunehmend diesen Steuerungshebel nutzen, wird durch die Entwicklung der Zahl krankenhausgetragener MVZ deutlich: Während es im Jahr 2004 lediglich 85 waren, stieg die Zahl bis zum Jahr 2021 auf 1.881. Durch die zunehmende Verlagerung von Operationen aus dem stationären in den ambulanten Sektor kann dieses strategische Vorgehen von Krankenhausträgern als probates Mittel gelten, um Klinikstandorte und die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung langfristig zu sichern.

Interne Qualitätsfaktoren des Praxismanagements: Prozess-, Patienten- und Qualitätsmanagement
Interne Qualitätsfaktoren des Praxismanagements: Prozess-, Patienten- und Qualitätsmanagement

MVZ unterliegen hohen Qualitätsstandards, um eine patientenorientierte und erstklassige Versorgung zu gewährleisten. Dazu gehört die Sicherstellung reibungsloser interner Abläufe ebenso wie eine fortlaufende Überprüfung der Prozesse und Qualitätsindikatoren. Seit 2004 sind MVZ und andere Leistungserbringer im Gesundheitsbereich gesetzlich zur Etablierung eines internen Qualitätsmanagements verpflichtet. Gemäß § 135a Abs. 2 SGB V müssen sie

  1. sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung beteiligen, die vor allem die Verbesserung der Ergebnisqualität zum Ziel haben, und
  2. ein internes Qualitätsmanagement einführen.

Die hohen Anforderungen an das Qualitätsmanagement und die Dokumentationspflichten, der Mangel an Personal und herausfordernde Vergütungsstrukturen erhöhen den Druck und die Notwendigkeit effizienter und effektiver Prozesse.

Das Prozess- und Leistungsmanagement im MVZ zielt darauf ab, Engpässe zu erkennen und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Ziel ist es, Wartezeiten zu verkürzen und Leerläufe zu vermeiden. Eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten ist hier unabdingbar, da sie die Kommunikation erleichtert und Missverständnisse reduziert. Dadurch werden auch Fehlerquellen minimiert und die Sicherheit der Patienten erhöht.

Die hohen Anforderungen an das Qualitätsmanagement und die Dokumentationspflichten, der Mangel an Personal und herausfordernde Vergütungsstrukturen erhöhen den Druck und die Notwendigkeit effizienter und effektiver Prozesse

Es ist entscheidend, das Personal des MVZ regelmäßig zu schulen, um aktuelle Entwicklungen und Veränderungen in der medizinischen Versorgung zu berücksichtigen und umzusetzen. Gleichzeitig ist es notwendig, Prozesse und Abläufe fortlaufend zu überprüfen und zu optimieren. Dadurch können die Qualität der medizinischen Versorgung und die Patientenzufriedenheit kontinuierlich verbessert und die Ressourcen des MVZ optimal genutzt werden.

Wichtige Instrumente des Prozessmanagements sind die Analyse relevanter Prozessmarker wie etwa Behandlungszeit und eine entsprechende Terminplanung mithilfe moderner (digitaler) Anwendungen. Durch den Einbezug moderner Informationstechnologien und digitaler Lösungen werden Prozesse digitalisiert und automatisiert. Daraus ergeben sich eine Zeitersparnis bei der Patientenverwaltung, eine präzisere Erfassung von Patientendaten, eine effektive Terminverwaltung und eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachbereichen. Durch die kontinuierliche Überwachung und Messung der Prozessleistung können Schwachstellen erkannt und Prozesse weiter optimiert werden, um eine stetige Verbesserung der medizinischen Versorgung und der Patientenzufriedenheit zu erreichen.

Ebenso wichtig ist die passgenaue Delegation von Aufgaben an andere Berufsgruppen im MVZ zur Entlastung der Ärzteschaft und zur Steigerung von Effizienz. Eine zentrale Rolle spielen hier inzwischen Praxismanager. Diese Rolle verkörpert das Bedürfnis nach Optimierung der Ablauforganisation und sorgt – sofern sie mit den entsprechenden Befugnissen und Kompetenzen ausgestattet ist – dafür, dass die ärztliche Zeit optimal für Behandlungen genutzt wird.

Die erforderlichen Kenntnisse für eine zentrale, koordinative Aufgabe des Praxismanagements werden derzeit hauptsächlich durch Erfahrungswissen aus der praktischen Tätigkeit von medizinischen Fachangestellten (MFAs) und durch Weiterbildungsangebote zum Thema Praxismanagement erworben. Die Rolle des Praxismanagers und die entsprechenden, von Arbeitgebern anerkannten Ausbildungsangebote etablieren sich in Deutschland gerade erst, sodass hier eine große Spannweite an Ausbildungsangeboten besteht, von denen sich noch zeigen muss, welche sich langfristig durchsetzen können. In jedem Fall ist es elementar für ein erfolgreiches Praxismanagement, neben dem betriebswirtschaftlich-operativen Management und der Erfüllung aller Qualitätsmanagementanforderungen auch das Personalmanagement und besonders den kommunikativen, interpersonellen Aspekt ins Auge zu fassen. Nur ein geeintes und auf eine optimale Leistungserbringung ausgerichtetes MVZ-Team kann sich nachhaltig differenzieren. 

Das ambulante Geschäft: Leistungserbringung und Überweisung

Ein MVZ dient als interdisziplinäre Gesundheitseinrichtung, die verschiedene medizinische Leistungen zentralisiert anbietet. Besonders als Krankenhaus-MVZ kann es eine nahtlose, integrierte Versorgung ermöglichen. Die Qualität der Leistungserbringung ist maßgeblich für das Vertrauen der Patienten und das Ansehen des MVZ in der medizinischen Gemeinschaft. Bei der Konzeption eines MVZ gilt es, die medizinischen Angebote sorgfältig an die Bedürfnisse der definierten Zielgruppe anzupassen. Hierzu gehören Entscheidungen über Fachrichtungen, Leistungsspektrum und Art der Praxis. Eine enge Zusammenarbeit und klar definierte Überweisungsprozesse zwischen dem Krankenhaus und den Fachbereichen des MVZ sind essenziell, um eine durchgängige Patientenbetreuung zu sichern. Dabei ist es wichtig, die Überweisungsprozesse nahtlos in die allgemeine Behandlungskette zu integrieren, sodass Patienten zeitnah und ohne Komplikationen an den passenden Fachbereich weitergeleitet werden können. Partnerschaften und Austausch mit anderen Arztpraxen und MVZ sind ebenfalls bedeutend. Die Vernetzung der medizinischen Fachbereiche fördert eine umfassende Patientenbetreuung und erleichtert den Austausch zwischen den Ärzten, wodurch Diagnosen und Therapien effizienter realisiert werden können.

Der Patientenpfad und dessen Strukturierung sind für eine qualitativ hochwertige, effektive und wirtschaftliche Versorgung zentral. Der Patientenpfad beeinflusst maßgeblich die Patientenzufriedenheit, jedoch auch Behandlungsergebnis und -qualität

Der Patientenpfad und dessen Strukturierung sind für eine qualitativ hochwertige, effektive und wirtschaftliche Versorgung zentral. Der Patientenpfad beeinflusst maßgeblich die Patientenzufriedenheit, jedoch auch Behandlungsergebnis und -qualität. Besonders in Bezug auf Leistungserbringung und Überweisungen sollte dieser Pfad für alle Beteiligten klar und verständlich sein, um Verzögerungen und Fehlüberweisungen zu vermeiden. Das Krankenhaus-MVZ spielt hier aus folgenden Gründen eine Schlüsselrolle: 

  • Es präsentiert sich als attraktive Option für potenzielle Patienten und entlastet gleichzeitig Kliniken, indem ambulant behandelbare Patienten nicht stationär aufgenommen werden.
  • Es fungiert als Vorbereitung für operative oder stationäre Maßnahmen, was wiederum stationäre Einrichtungen entlastet.
  • Es dient zur Nachsorge nach Operationen und unterstützt Patienten bei der Rückkehr in den Alltag.
  • Es betreut Patienten über den ambulant-stationären Verlauf hinaus und ist ein zentraler Ansprechpartner in allgemeinmedizinischen Fragen – alles in direkter Zusammenarbeit mit einem Krankenhaus.

Es ist entscheidend, dass das Krankenhaus-MVZ und alle beteiligten Stakeholder das Konzept der integrierten Versorgung nicht nur als Leitbild ansehen, sondern es aktiv umsetzen, wobei der Patient stets im Mittelpunkt steht. Die konsistente und korrekte Leistungserbringung, gepaart mit einem effizienten Überweisungssystem, wird hierbei als entscheidender Faktor angesehen. Ein gut durchdachtes Konzept für Leistungen und Überweisungen ist daher für den Erfolg eines MVZ unerlässlich. Es stärkt das Vertrauen der Patienten, verbessert die interdisziplinäre Zusammenarbeit und ermöglicht eine hochwertige Patientenversorgung, die den aktuellen Anforderungen der Gesundheitsbranche gerecht wird. 

Patientenströme zu und innerhalb medizinischer Einrichtungen
Patientenströme zu und innerhalb medizinischer Einrichtungen

Wirtschaftsplanung: Erlöse, Abrechnung und Praxisergebnis

Für ein erfolgreiches wirtschaftliches Management eines MVZ sind Erlöse, die Abrechnung und das abschließende Praxisergebnis entscheidend.

Ein MVZ bezieht seine Haupteinnahmen aus der vertragsärztlichen Tätigkeit, insbesondere durch die Abrechnung von Leistungen für gesetzlich Versicherte mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Für eine valide Abrechnung ist die vorherige Genehmigung des Zulassungsausschusses essenziell. Diese stellt sicher, dass ein MVZ im Einklang mit den Regeln der Kassenärztlichen Vereinigung steht. Die Hauptkriterien für die Abrechenbarkeit von Leistungen sind die Einhaltung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) und der regionalen Honorarverteilung (HVM). Der EBM legt fest, welche ärztlichen Leistungen abgerechnet werden können und welcher Vergütungssatz dafür gilt.

Parallel dazu gibt es zusätzliche Einnahmequellen wie individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) und Abrechnungen für privat versicherte Patienten. Diese Leistungen werden direkt mit dem Patienten oder der privaten Krankenversicherung (PKV) abgerechnet. Es ist wesentlich, die unterschiedlichen Abrechnungskanäle klar zu trennen, um die Transparenz und Rechtmäßigkeit des Abrechnungsprozesses zu gewährleisten.

Die spezifische Abrechnungsstruktur eines MVZ ähnelt dem Prozess in fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen. Jeder Arzt erhält ein festes Regelleistungsvolumen (RLV), alle RLV zusammen bestimmen dann das Gesamtbudget des MVZ. Dabei sind auch Entscheidungen bezüglich der Fallzählung und Honorierung nicht bloß finanzielle Aspekte, sondern reflektieren politische Entscheidungen über den ökonomischen Rahmen kooperativ ausgerichteter Gesundheitsdienstleister.

Effizienzgewinne ergeben sich für ein MVZ insbesondere durch die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur und technischer Ausrüstung (zum Beispiel MRT, CT-Geräte) sowie durch Synergien im Marketing und im Abrechnungsmanagement. In größeren Strukturen bieten sich zudem Möglichkeiten für innovative, flexible Arbeitszeitmodelle wie zum Beispiel Gleitzeit oder Jobsharing.

Um sowohl die wirtschaftliche Stabilität des MVZ als auch eine hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen, bedarf es stets einer klaren und korrekten Abrechnungspraxis

Zusammengefasst ist die Abrechnung eine komplexe, jedoch zentrale Komponente eines MVZ. Herausforderungen wie potenzielle Honorarrückforderungen, die beispielsweise dann drohen können, wenn Leistungen fehlerhaft abgerechnet wurden oder nicht korrekt dokumentiert sind, erfordern eine sorgfältige Beachtung und strikte Einhaltung geltender Vorschriften. Um sowohl die wirtschaftliche Stabilität des MVZ als auch eine hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen, bedarf es stets einer klaren und korrekten Abrechnungspraxis.

Derzeit erleben wir in der Gesundheitspolitik eine Phase intensiver Veränderungen. Erst kürzlich wurden Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bekannt, die Hausärztinnen und Hausärzte eine Aussicht auf finanzielle Entlastung bieten. Diese Maßnahme zielt darauf ab, Wartezeiten zu verkürzen und Engpässe in der Behandlung zu reduzieren. Geplant ist die Aufhebung der Budgets mit Obergrenzen (Entbudgetierung) für die Vergütung durch die Krankenkassen, wobei Fachärzte bisher von diesen Plänen ausgenommen sind. Vor dem Hintergrund dieser Pläne und stetigen Veränderungen ist es von großer Bedeutung, die aktuellen Rahmenbedingungen im Auge zu behalten und angemessen darauf zu reagieren.

Die Gründung und Führung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) ist ein anspruchsvolles, multidimensionales Unterfangen, das sowohl tiefgreifendes strategisches Geschick als auch fundierte medizinische Expertise erfordert. Insbesondere während der kritischen Unternehmungsphase ist es für Entscheidungsträger unerlässlich, eine ganzheitliche Perspektive einzunehmen, die die Komplexität der medizinischen Versorgung wie auch die Interessen und Anforderungen verschiedener Beteiligter berücksichtigt. Mit den kontinuierlichen Veränderungen im Gesundheitswesen müssen MVZ nicht nur qualitativ hochwertige medizinische Versorgung sicherstellen, sondern auch wirtschaftlich robust und anpassungsfähig sein. Hierbei spielen Qualitätsmanagement, Patientenorientierung und solide wirtschaftliche Praktiken in Bezug auf Leistungserbringung und Abrechnung eine zentrale Rolle. Nur wenn ein MVZ all diese Aspekte erfolgreich miteinander verknüpft, kann es sich im heutigen kompetitiven Markt behaupten und maßgeblich zur allgemeinen Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen. Ein solides Fundament ist dabei der Schlüssel, um den ständig wachsenden Anforderungen gerecht zu werden und eine nachhaltige, qualitativ hochwertige Patientenversorgung zu gewährleisten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Beteiligten, von medizinischen Fachkräften bis zu den Verwaltungsteams, diesen umfassenden Ansatz verstehen und ihn konsequent umsetzen. In dieser Hinsicht definiert die Unternehmungsphase den zukünftigen Erfolg und die langfristige Stabilität eines MVZ.

Ausblick 

Derzeit verzeichnet die Gesundheitsversorgungspolitik, vor allem im Krankenhaussektor, eine erhebliche Dynamik. Die geplante Krankenhausreform, das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz werden einen entscheidenden Einfluss auf die Rahmenbedingungen für die Gründung von MVZ haben. In Zukunft wird eine klarere Unterscheidung zwischen MVZ im hausärztlichen und solchen im fachärztlichen Bereich erforderlich sein, da sich die Anreize und Logiken deutlich unterscheiden werden.

Die Auswirkungen der Krankenhausreform könnten weitreichend sein:

  • Qualitätsorientierung: Die Reform strebt an, die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern. Dies könnte bedeuten, dass MVZ ihre Dienstleistungen und Prozesse überprüfen und verbessern müssen, um den neuen Qualitätsstandards zu genügen.
  • Finanzierung: Die Reform plant eine Änderung des bestehenden Finanzierungssystems. Dies könnte die finanzielle Stabilität von MVZ beeinflussen, insbesondere in Bezug auf Umwidmungen eigentlich im Krankenhaus angefallener Fallpauschalen für Leistungen, die ambulant erbracht werden.
  • Versorgungsstruktur: Die Reform beinhaltet die Einführung eines Levelsystems für Krankenhäuser. Dies könnte zur Folge haben, dass MVZ ihre Versorgungsstrukturen anpassen müssen, um sie in das neue System zu integrieren.
  • Transparenz: Die Reform strebt eine Transparenzoffensive an, die Patienten das Recht gibt zu wissen, welche Leistungen ein Krankenhaus in welcher Qualität anbietet. MVZ könnten daher verpflichtet sein, ihre Leistungen und Ergebnisse transparenter zu gestalten, aber auch ihr Portfolio an dargestellten Schwächen zu orientieren und Leistungen abzufangen.

Trotz der volatilen Situation ist zu betonen, dass die genauen Auswirkungen der Veränderungen auf MVZ von verschiedenen Faktoren abhängen, darunter die spezifische Umsetzung auf Landes- und Bundesebene sowie die individuellen Umstände jedes MVZ. Die Artikelreihe zur Gründung von MVZ kann dafür auch weiterhin wichtige Punkte aufzeigen, die bei der Planung und Umsetzung geprüft werden müssen. Diese Informationen dienen der Unterstützung bei der individuellen Planung.

Co-Autoren: Renée Marie Kimmig; Leah Raskin; Helena Aurich

Fazit

Die letzte Phase der MVZ-Gründung im EY-4-Phasen-Modell konzentriert sich auf die Unternehmungsphase. Der Fokus liegt nun auf der Umsetzung des Unternehmenskonzepts, auf organisatorischen Abläufen und der Bewährung in einem wettbewerbsintensiven Markt. Wachstum und Erfolg erfordern eine sorgfältige Wirtschaftsplanung, eine klare Zukunftsvision und die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsstrategien. In dieser Phase sind Zusammenarbeit, Qualitätsmanagement und Zertifizierung entscheidend. Die aktuellen Entwicklungen in der Gesundheitspolitik, insbesondere die geplante Krankenhausreform, werden Einfluss auf die MVZ-Gründung haben, und es ist wichtig, die Veränderungen im Auge zu behalten und angemessen darauf zu reagieren.

Über diesen Artikel

Von Clemens Schricker

Manager, Strategy & Transactions, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Digital-Health-Experte, E-Health-Enthusiast