5 Minuten Lesezeit 17 Januar 2023
medizinergruppe

Erfolgreiche Digitalisierung mit Enterprise Architecture

Autoren
Florian Benthin

Digital Health Leader for EU Institutions, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Leiter Transformation und Strategieberater. Er berät bei der strategischen Nutzung digitaler Technologien, um das Gesundheitswesen zu verändern.

Philipp Zöll

Manager, Strategy & Transactions, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Erfahrener Enterprise-Architekt und Geschäftsprozessexperte, der sich auf die IT-Strategie, die Digitalisierung und die Transformation von Unternehmen spezialisiert hat

5 Minuten Lesezeit 17 Januar 2023

Enterprise Architecture Management (EAM) bietet die wichtige Methoden und Werkzeuge zur Realisierung einer Digitalisierungsstrategie.

Überblick
  • Die Digitalisierung in der Gesundheitsbranche wird in Zukunft weiter rasant ansteigen und hat das Potenzial, die Behandlung zu verbessern.
  • Das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) soll die Digitalisierung anschieben. Das Problem: die heterogene, über Jahre gewachsene IT-Landschaft.
  • Enterprise Architecture Management kann die IT- und die Prozesslandschaft optimieren, transparenter gestalten und effizienter arbeiten lassen.

Die Zukunft des Gesundheitswesens wird in zahlreichen Artikeln und Publikationen behandelt. Die Veröffentlichungen haben eine Erkenntnis gemein: Die Digitalisierung wird ein noch viel signifikanterer Bestandteil des Gesundheitswesens sein, als es heute der Fall ist. Der Nutzen der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist vielfältig und reicht von einer noch besseren Integration von Patienten in administrative und klinische Prozesse bis hin zur datengetriebenen Medizin, die eine bessere Behandlungsqualität und damit verbunden oft bessere Behandlungserfolge ermöglicht.

Um das Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen auszuschöpfen, ist eine umfassende Transformation notwendig.
Florian Benthin
Digital Health Leader for EU Institutions, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Wie wichtig die Digitalisierung im Gesundheitswesen in den kommenden Jahren sein wird, hat auch die Bundesregierung erkannt. Mit dem KHZG (Krankenhauszukunftsgesetz) hat der Bund ein Gesetz erlassen, das die Investitionen in die Digitalisierung der Krankenhaus-IT ankurbeln soll. Allerdings: Mit der KHZG-Anschubfinanzierung ist zwar ein Teil der ökonomischen Probleme der Kliniken gelöst, aber die häufig sehr komplexen IT-Landschaften vieler Krankenhausträger, die historisch gewachsen und damit sehr heterogen sind, müssen einen komplexen Veränderungsprozess durchlaufen. Die Installation neuer IT-Systeme – etwa Patientenportale oder Entscheidungsunterstützungssysteme –, die infolge des KHZG für viele Kliniken ansteht, wird das Problem einer komplexen IT-Landschaft noch vergrößern. 

Wenn man dies im Detail analysiert, wird deutlich, dass sich neue Software häufig nur schwer in die bestehende Prozess- und IT-Landschaft einer Klinik integrieren lässt. Mangelnder Datenaustausch mit anderen IT-Systemen mindert den Funktionsumfang und sorgt im schlechtesten Fall für unnötige, manuelle Prozesse. Zudem sind IT-Abteilungen zumeist nicht vollständig mit klinischen Fachabteilungen bezüglich relevanter fachlicher Anforderungen abgestimmt. Dies wiederum kann eine kosteneffiziente, zielgerichtete und erfolgreiche Digitalisierung von Geschäfts- beziehungsweise Krankenhausprozessen erheblich erschweren.

Deshalb gilt: Je höher die Transparenz der bestehenden IT-Landschaft und die Vernetzung zwischen IT- und Fachabteilungen, desto einfacher und effizienter lassen sich Geschäfts- beziehungsweise Krankenhausprozesse digitalisieren und optimieren.
Philipp Zöll
Manager, Strategy & Transactions, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Genau wie ein Arzt ein Stethoskop zur Untersuchung eines Patienten verwendet, benötigt aber auch die IT-Abteilung geeignete Werkzeuge und Methoden, um die Digitalisierung der Geschäfts- beziehungsweise Krankenhausprozesse mitgestalten zu können.

Enterprise Architecture Management als zentraler Baustein der Lösung

Eine geeignete Managementmethode für die Krankenhaus-IT kann dabei das Enterprise Architecture Management (EAM) sein. Ziel des EAM-Prozesses mit seinen verschiedenen Werkzeugen ist es, einen ganzheitlichen Blick auf die Organisation, auf medizinische Geschäftsprozesse und -­funktionen, auf die Informationsflüsse und Daten sowie auf Systeme, Anwendungen und die IT-Infrastruktur und die damit verbundene Governance zu schaffen. Durch die so geschaffene Transparenz wird eine Brücke zwischen Krankenhaus-IT und den einzelnen Fachabteilungen geschlagen. Zudem ermöglicht das EAM, unter Berücksichtigung der bestehenden Medizin-, Digital- und IT-Strategie, die IT-Landschaft transparent und zielgerichtet zu planen, Zukunftsbilder zu zeichnen und den Weg dorthin zu beschreiben.

so gelingt die digitalisierung im gesundheitswesen

Neben der Auswahl eines geeigneten EA-Frameworks wie beispielsweise TOGAF 9.2 als methodische Grundlage sollte auch eine moderne Enterprise Architecture-Softwarelösung zur Dokumentation eingesetzt werden. Damit lassen sich Zusammenhänge zwischen verschiedenen Komponenten der Unternehmensarchitektur, zum Beispiel Anwendungen, IT-Komponenten oder Providern, sowie Abhängigkeiten visuell transparent machen. Dies wiederum ermöglicht eine effiziente Planung der IT-Landschaft.

Im Detail bedeutet dieser Ansatz, transparent zu machen, welche Datenflüsse zwischen den verschiedenen Anwendungen vorhanden sind, oder zu klären, wie welche Anwendungen auf welchen Servern laufen. Dazu gehört auch die Dokumentation, welche Datenobjekte – etwa Patientenstammdaten – über die jeweiligen Schnittstellen ausgetauscht werden. Ein „Eye Opener“ sind häufig Zusammenhänge zwischen Anwendungen, die erst im Zuge der Arbeit nach dieser Methode sichtbar werden und die wegen der Komplexität der IT-Landschaft vorher nicht eindeutig bekannt waren. Darüber hinaus lässt sich mithilfe des EAMs ein Bild der Geschäftsarchitektur zeichnen. So kann anhand einer Business Capability Map aufgezeigt werden, welche Abteilung welche Anwendungen für welche Tätigkeiten nutzt.

Die Vorteile des EAMs sowohl für die IT- als auch für die Prozesslandschaft eines Krankenhauses liegen somit auf der Hand: Durch umfangreiches Hintergrundwissen können bessere Entscheidungen über Technologie-Investitionen getroffen und die Implementierungszeit verkürzt werden. Zudem lässt sich die Unternehmens- und IT-Strategie mit den eingesetzten Anwendungen und Technologien abstimmen, außerdem kann eine deutlich bessere Compliance durch eine zentrale, für alle relevanten Stakeholder zugängliche Dokumentation erreicht werden. Darüber hinaus kann EAM ganz unterschiedliche Arten von Initiativen und Projekten im Zusammenhang mit IT und Technologie im Klinikum unterstützen – von der Transformation zur Cloud über Compliance-Themen wie DSGVO und das Risikomanagement bis hin zu einem leistungsfähigen Anwendungsportfoliomanagement oder dem Aufbau einer Integrationsarchitektur.
 

EAM kann sowohl die IT- als auch die Prozesslandschaft verbessern, denn umfangreiches Hintergrundwissen erlaubt es, bessere Entscheidungen über Investitionen zu treffen und dabei die Implementierungszeit zu verkürzen.

Erste Schritte zum Enterprise Architecture Management

Bevor ein bestimmtes Framework oder eine Software zur Dokumentation ausgesucht wird, sollte zunächst eine klare Zielsetzung beschrieben werden. Das ist nicht nur wichtig, um den Erfolg einer EAM-Initiative anschließend messen zu können, sondern auch, um den allgemeinen und organisatorischen Rahmen für das EAM-Projekt festzulegen. Im TOAGF 9.2-Architektur-Entwicklungsmodell nennt sich dieser Prozess „Preliminary Phase“. In diesem Schritt werden zwei wesentliche Ziele verfolgt: Zum einen wird festgelegt, welcher EAM-Reifegrad notwendig ist, um die gesteckten IT- und Unternehmensziele zu erreichen, zum anderen werden die notwendigen Schritte auf strategischer Ebene zur Etablierung der gewünschten EAM-Fähigkeit definiert.

Der Grundstein in dieser Vorphase des EAMs lässt sich am besten in einem Workshop legen. Neben der Zielsetzung für das EAM-Projekt gilt es hier, ein allgemeines Verständnis von EAM bei den Stakeholdern zu schaffen und im Idealfall erste wichtige Rahmenbedingungen für das EAM-Projekt zu diskutieren. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören unter anderem der notwendige EAM-Reifegrad für die gesetzten Ziele, der Zeitrahmen für die Einführung, vorhandene Ressourcen sowie das Organisationsmodell für das EAM-Projekt und schließlich die Prinzipien der künftigen Architektur. Zur Zukunft des Gesundheitswesens, wie oben bei den Herausforderungen erwähnt, kann Enterprise Architecture Management als ein Baustein beitragen und damit einen Weg zum digitalen Krankenhaus aufzeigen.

Fazit

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat enormes Potenzial und wird auch in den kommenden Jahren weiter voranschreiten – nicht zuletzt dank des Krankenhauszukunftsgesetzes des Bundes. Bei der Etablierung digitaler Krankenhäuser kann Enterprise Architecture Management (EAM) eine wichtige Rolle spielen. Entscheidend dabei ist, dass EAM-Projekte ein klares Ziel verfolgen und gründlich geplant angegangen werden. 

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Erfahrener Enterprise-Architekt und Geschäftsprozessexperte, der sich auf die IT-Strategie, die Digitalisierung und die Transformation von Unternehmen spezialisiert hat