Geschäftsfrauen schütteln sich die Hände über einem Schreibtisch mit Tabellen und Diagrammen

Kein APS wird Ihre Supply Chain stabilisieren – bevor sich das ändert

Die Komplexität der Lieferketten wird nicht nur durch Technologie gemeistert. Ein starkes Strukturmodell ist entscheidend für echte Effizienz.


Überblick

  • Unternehmen investieren in APS und KI, doch die Planung bleibt oft instabil und realitätsfern, weil grundlegende strukturelle Mängel bestehen bleiben.
  • KI-Lösungen erfordern saubere Daten, klare Entscheidungslogik und eine Architektur, die Variabilität gezielt steuert.
  • Vor KI-Investitionen sollten Unternehmen ihre Planungsprozesse zuerst klar definieren, entkoppeln und flexibilisieren, um echte Verbesserungen zu schaffen.

Viele Unternehmen investieren Millionen in Advanced Planning Systems (APS), digitale Zwillinge, Künstliche Intelligenz und Automatisierung – in der Hoffnung, endlich die Komplexität ihrer Lieferketten zu beherrschen.

Die unbequeme Wahrheit ist: Nicht das Tool ist das Problem – sondern das Modell.

Planung scheitert nicht, weil die Technologie unreif ist

Sie scheitert, weil die meisten Unternehmen nicht wissen, wie Planung funktioniert, wer sie verantwortet oder wie „gut“ eigentlich aussieht. Es fehlt an einem strukturierten Modell – an einer Architektur, die Entscheidungslogik, Rollen, Regeln, Rhythmen und Daten integriert.

Sie können nicht automatisieren, was Sie nicht verstehen.


Lieferketten laufen nicht auf Plänen. Sie laufen auf Entscheidungen.


Was viele Transformationen ignorieren: Planung ist kein Systemproblem. Sie ist ein Strukturproblem.

 

Wir beobachten immer wieder das Gleiche:

  • Planung wird zentralisiert – aber niemand weiß, wer welche Entscheidungen treffen darf.
  • Rollen heißen „Planer“, aber niemand besitzt echte Entscheidungsbefugnis.
  • Systeme machen Vorschläge, aber kaum jemand versteht, wie diese zustande kommen.
  • Wenn es kritisch wird, greift jeder wieder zu Excel – weil das Vertrauen ins System fehlt.

Das Ergebnis: Firefighting, Ineffizienz, fehlende Stabilität.

Was fehlt, ist ein Planning Operating Model

Eines, das definiert:

  • Wer entscheidet was – auf welcher Ebene, in welchem Rhythmus?
  • Welche Methoden gelten für welche Segmente, Produkte oder Märkte?
  • Welche Regeln greifen bei Ausnahmen, NPI, Allokationen, Planbruch oder Netzwerkänderungen?
  • Wie werden Parameter gepflegt, Daten qualitätsgesichert und Regeln angepasst?

 


Stabilität entsteht nicht durch mehr Rechenleistung – sondern durch Struktur.


KI skaliert – aber nur das, was da ist

Agentic AI klingt beeindruckend. Aber wenn keine Entscheidungslogik da ist, keine verlässlichen Parameter existieren, keine Zielarchitektur definiert ist – dann skaliert KI nur das Chaos.
 

Ein Beispiel: Eine KI soll Durchlaufzeiten anpassen – basierend auf realer Produktionsleistung. Dafür müsste sie

  • historische Auftragsdaten analysieren (zum Beispiel aus S/4),
  • Abweichungen zu Soll-Durchlaufzeiten erkennen,
  • Stammdaten ändern,
  • Sicherheitsbestände, Bestellpunkte und Kapazitäten neu berechnen,
  • und automatisch Vorschläge für Planung und Terminierung generieren.

Das ist kein Chatbot. Das ist Entscheidungsautomatisierung. Und dafür braucht es Regeln, saubere Daten, Parameter und Feedback-Loops.

Daran scheitert es oft.
 

Denken in Regeln, Bandbreiten und Rhythmen

Was heute fehlt, sind Systeme, die Planungslogik in strukturierte, adaptierbare Mechanismen übersetzen:

  • Denken in Regeln statt Templates.
  • Denken in Bandbreiten statt Punktprognosen.
  • Denken in Rhythmen statt Reaktionen.

Nur so entsteht eine Architektur, in der Agentic AI überhaupt funktionieren kann.


Stabilisierung vor Automatisierung


Viele aktuelle APS-Systeme folgen noch immer der MRP-Logik aus den 1970ern – nur schöner verpackt, mit besserer Oberfläche und KI-Schmuck drumherum. Aber die Grundlogik bleibt dieselbe:

  • MRP generiert Bedarf.
  • Das System erzeugt Anforderungen.
  • Der Planer soll entscheiden.
  • Und alles explodiert – durch jede Ebene der Lieferkette.

Keine Pufferlogik. Keine Stabilitätsgrenzen. Keine Segmentierung.
 

Ergebnis: Jeder Auftrag wird dringend. Jede Abweichung wird zum Problem. Jede Planungsschicht kollabiert unter ihrem eigenen Rauschen.
 

Was wir wirklich brauchen

Wir brauchen keine schnelleren Optimierer. Wir brauchen Systeme, die

  • Planungsschichten entkoppeln,
  • Puffer und Rhythmen zur Synchronisation nutzen,
  • Parameter dynamisch pflegen,
  • mehrere Planungslogiken nebeneinander unterstützen (zum Beispiel Bandbreiten statt Punktwerte),
  • Segmentierung erlauben (etwa nach Cynefin oder anderen Frameworks),
  • Transparenz schaffen, Simulation ermöglichen und Feedback in Struktur übersetzen.

Und vor allem:

Wir brauchen Systeme, die Erweiterungen zulassen. Denn „Standard einhalten“ bedeutet oft: nicht denken, nicht hinterfragen, nicht verbessern.
 

Komplexität verschwindet nicht – und zu glauben, man könne sie mit einem starren Modell „wegoptimieren“, ist gefährlicher als die Erkenntnis, dass gezielte Logik nötig ist.
 

Ja, 60–80 % Ihrer Supply Chain lassen sich standardisieren. Aber 20–40 % müssen das abbilden, was Ihre Realität ist.
 

Sind Sie bereit für das, was Sie fordern?

Bevor Sie in Next-Gen-Planung investieren, stellen Sie sich ein paar einfache Fragen:

  • Verstehen Ihre Planer, wie Entscheidungen über Planungsebenen hinweg wirken?
  • Haben Sie Entscheidungsregeln dokumentiert – oder existieren sie nur in den Köpfen?
  • Sind Ihre Daten (wie Stücklisten, Durchlaufzeiten, Arbeitspläne) robust genug für Automatisierung?
  • Können Ihre Systeme innerhalb von Bandbreiten planen – oder nur Ja/Nein entscheiden?

Wenn Sie noch mit Excel Brände löschen, ist Ihre erste Investition nicht KI. Es sind Struktur, Logik und Orchestrierung.

 


Fazit

Suchen Sie nicht nach dem magischen Tool. Und folgen Sie nicht jedem KI-Hype, nur weil er schneller rechnet. Es gibt keine Wunderwaffe.
Was es braucht, ist: besseres Denken, bessere Architektur – und den Mut, das zu gestalten, was Ihre Lieferkette wirklich braucht.
Sie brauchen kein neues System. Sie brauchen ein Operating Model.

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