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Warum Ihre Lieferkette eine Digital- und eine Talentstrategie braucht

Supply Chain Planning ist mehr als ein System. Es geht darum, wer die Partitur liest, wer die Tasten spielt – und wer den Takt angibt.


Überblick

  • Nicht mangelnde Technologie, sondern unklare oder fehlende Zuständigkeiten und fragmentierte Rollen behindern erfolgreiche Lieferkettenplanung.
  • Erfolgreiche Planung erfordert kontinuierlichen Aufbau von Kompetenzen, klare Rollendefinitionen, strategische Governance und echte End-to-End-Orchestrierung.
  • KI-Systeme wirken nur unterstützend, wenn die Grundvoraussetzungen erfüllt sind: klare Planungslogik, saubere Daten, definierte Rollen und Prozesse.

Seit Jahren investieren Unternehmen massiv in APS-Plattformen, digitale Zwillinge, Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung – in der Hoffnung, dass Technologie endlich die Komplexität der Lieferkettenplanung löst.

Die unbequeme Wahrheit: Das Nadelöhr ist nicht die Technik. Es sind die Talente.

Planung scheitert nicht, weil Tools unreif sind. Sie scheitert, weil viele Unternehmen nicht wissen, wie Planung wirklich funktioniert, wer sie verantwortet – und was „gut“ überhaupt bedeutet.

Wer plant eigentlich?

Fragt man, wer wirklich die End-to-End-Orchestrierung steuert, bleibt es oft vage: Der globale Planer? Der Netzwerkplaner? Regionale Teams? Produktionswerke? Vertriebseinheiten? Meistens lautet die Antwort: Niemand – und damit alle.

Fehlende Rollenklarheit untergräbt selbst die besten Systeme. Verantwortlichkeiten verschwimmen über Funktionen, Regionen und Zeitzonen hinweg.

Die Rolle entwickelt sich – die Organisation nicht

Planung heute erfordert ein anderes Profil: Datenkompetenz, Szenariodenken, Business-Sense und Systemverständnis. Trotzdem hängen Schlüsselprozesse oft noch an:

  • Erfahrenen Disponenten, ausgebrannt vom ständigen Feuerlöschen.
  • Junior-Analysten, die ohne Guidance Zukunftsmodelle entwerfen sollen.
  • Funktional isolierten Planern ohne End-to-End-Sicht.

Von den Teams wird erwartet, Transformation zu treiben – ohne Plan, Rückhalt oder Entscheidungskompetenz. Zentralisierung wird als Lösung für Fachkräftemangel verkauft, aber ohne die nötige Capability- und Governance-Basis.


Planung heute erfordert ein anderes Profil: Datenkompetenz, Szenariodenken, Business-Sense und Systemverständnis.


Wenn Struktur wirkt – zwei Praxisbeispiele

UK Pharma: Zentrale Brand Planner (verantwortlich für definierte Produkt- beziehungsweise Wirkstoffportfolios), die ihre Supply Chains wie Unternehmer führen – mit klaren KPIs, Ownership und Autonomie. Unterstützt durch lokale Asset Planner, die Linienplanung und Kapazitätsrestriktionen im Blick haben.
 

Swiss Pharma: Prognosegetriebene Nachschubplanung mit starkem VMI-Modell. Werke beliefern Märkte basierend auf definierten Triggern – unterstützt von einem zentralen Excellence-Team, das:

  • Bestandsrichtlinien festlegt,
  • Sicherheitsbestände und Mindestmengen aktualisiert,
  • VMI- vs. Make-to-Forecast-Logik modelliert,
  • ABC-Segmentierungen nach Kritikalität und Verbrauch durchführt.

Erfolg kam nicht durch Tools allein, sondern weil Rollen klar definiert, Logik fest verankert und Fähigkeiten ständig ausgebaut wurden.
 

Capability-Building ist kein Einmalprojekt

Wer Planung ernst nimmt, investiert kontinuierlich in:

  • Interne Planungsakademien, abgestimmt auf das Modell.
  • Klare Karriere- und Entwicklungswege für alle Planner-Level.
  • Strikte Trennung von Systemkonfiguration und Entscheidungsrecht.
  • Governance, um Parameter zu erneuern, Policies zu prüfen und Ausnahmen zu managen.

Viele behandeln Capability-Building wie eine Projektphase – in der Hoffnung, dass sich „alles einpendelt“. Aber Planung pendelt sich nicht ein. Sie verändert sich – oder sie verliert.


Beratung – wer verbindet die Punkte?

Strategieberater entwerfen Top-Level-Modelle und Governance, oft ohne tiefes Verständnis für Systemlogik, Datenlage oder operative Planungsrealität – kritische Annahmen bleiben ungetestet.
 

Managementberater gestalten Prozesse und Funktionen, bringen teils Tool-Know-how mit, aber selten echte Umsetzungskompetenz in operativen Entscheidungen.
 

Systemintegratoren konfigurieren und implementieren. Manche beraten integriert, bleiben aber abhängig vom Input des Kunden – der oft keine klare Planungslogik oder Rollenverantwortung definiert hat.
 

Wenige schaffen es, End-to-End-Logik, Prozesse, Plattform, Rollen und Governance integriert zu verbinden.

 

 Planung braucht eine neue Definition

„Planung“ klingt nach Tabellen und MRP-Läufen. Heute bedeutet es:

  • Über Abteilungsgrenzen mit widersprüchlichen KPIs zu orchestrieren.
  • Material-, Produkt- und Entscheidungsfluss in Echtzeit zu priorisieren.
  • Zielkonflikte zwischen Auslastung, Service, Bestand und Kosten zu lösen.
  • Urteilsvermögen ohne perfekte Daten oder Playbook anzuwenden.
  • Vertrauen zwischen Supply Chain, Finance, Sales und Operations zu schaffen.

Ohne klare Policies und Playbooks entsteht ein Flickenteppich an Einzelentscheidungen – jede für sich plausibel, als System widersprüchlich.

 

Warum Talente fernbleiben

Top-Talente wollen gestalten – nicht im Chaos Brände löschen. Sie suchen:

  • Strukturierte, aber flexible Regeln.
  • Respekt für Logik.
  • Werkzeuge, die taugen.
  • Wertschätzung für ihre Arbeit.

Wer sie gewinnen will, muss Planung neu definieren – und Mandat, Struktur, Klarheit schaffen.


Planung ist kein Silo mehr. Sie ist das Betriebssystem des Unternehmens.


KI ersetzt keine Struktur

Wenn wir unser Modell nicht neuen Mitarbeitenden erklären können – wie dann einer KI? KI optimiert nur, wenn:

  • Logik kodifiziert ist,
  • Daten sauber und gepflegt sind,
  • Rollen definiert sind,
  • Ausnahmeprozesse stehen.

Ohne das skaliert KI nur das Chaos – schneller und weiter.

 

Was fehlt: Ein Planning Operating Model

Erfolg in der Planung hängt an Orchestrierung, nicht an Konfiguration. Nötig ist die Integration von:

  1. Konzepten – Welche Entscheidungen, wann?
  2. Prozessen – Wie werden sie ausgelöst, wer löst Ausnahmen?
  3. Fachkräften – Welche Rollen, wo verankert, wie unterstützt?
  4. Systemen – Welche Tools geben Transparenz und Entscheidungsbasis?
  5. Daten – Wem gehören Parameter, wie werden sie gepflegt?

Die meisten adressieren ein oder zwei Punkte – selten alle fünf. Darum liefern APS nicht, KI skaliert nicht, und die Feuerwehrschleifen bleiben.

Für den CSCO: Die richtigen Fragen

Nicht:

  • Ist das APS live?
  • Sind alle geschult?

Sondern:

  • Wem gehört unsere Planungslogik?
  • Wie werden Parameter gepflegt und erneuert?
  • Wo sitzt die Capability – und wie bauen wir sie aus?
  • Können wir skalieren, ohne das Team zu verbrennen?

Das sind keine Projektfragen. Das sind Operating-Model-Fragen – und sie entscheiden über Erfolg oder Stillstand.

Fazit

Man kann nicht automatisieren, was man nicht versteht. Nicht transformieren, was man nicht definiert. Und keine Supply Chain orchestrieren, wenn niemand den Takt angibt.

Wer eine zukunftsfähige Lieferkette will, muss zuerst die Planungsfunktion bauen – mit Struktur, Capability und Klarheit.

Talent ist kein Engpass. Es ist der Multiplikator.


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