Schwierigkeiten bei Vorreiter Frankreich
Frankreich hat bereits 2019 eine Digitalsteuer in Höhe von 3 Prozent auf Umsätze aus digitaler Werbung, Vermittlungsdiensten und dem Verkauf von Nutzerdaten eingeführt. Betroffen sind Unternehmen mit einem jährlichen Digitalumsatz auf Konzernebene von mindestens 750 Millionen Euro weltweit und 50 Millionen Euro in Frankreich. Die betroffenen Unternehmen müssen jährlich eine Digitalsteuererklärung als Teil des Anhangs ihrer Umsatzsteuererklärung elektronisch abgeben. Bei Konzerngesellschaften besteht die Möglichkeit der konsolidierten Gruppenbesteuerung, d. h. der Digitalsteuererklärung und Zahlung durch eine Gruppenträgergesellschaft (Head of DST Group). Bei Verstoß gegen Erklärungs- oder Dokumentationspflichten können französische Steuerbehörden Strafzahlungen in Höhe von 80 Prozent der geschätzten Digitalsteuer festsetzen. Für Unternehmen hat die bisherige Erfahrung in Frankreich gezeigt, dass die Digitalbesteuerung Schwierigkeiten bei der Datenbeschaffung und der Identifikation digitalsteuerpflichtiger Konzerngesellschaften in komplex strukturierten Konzernen mit sich bringt. Der administrative Aufwand und das Risiko der Doppelbesteuerung sind beträchtlich.
Ein Gräuel für Konzerne
Bis dato haben acht EU-Mitgliedstaaten eine Art Digitalsteuer eingeführt. Dabei unterscheiden sich die nationalen Modelle insbesondere im Hinblick auf Steuergegenstand, Steuersatz (1,5 bis 7,5 Prozent) und Schwellenwert. Solche Abweichungen erhöhen den administrativen Aufwand international tätiger Unternehmen. Darüber hinaus beeinträchtigen nationale Auslegungsspielräume die Rechtsklarheit. Beispielsweise unterliegen entgeltliche Onlinewerbeleistungen in Österreich der Digitalsteuer, soweit sie im Inland erbracht werden, wobei die Bedeutung der IP-Adresse für die Bestimmung der Inlandseigenschaft streitig ist. In diesem Zusammenhang gibt es technische Manipulationsrisiken, z. B. durch Schaltung von Proxy-Kaskaden.
Kostenfrei! Aber auch entgeltfrei?
Ob nun Digitalsteuer oder Digitalabgabe – das Ziel bleibt in der Regel gleich: die Tech-Giganten. Gemeinsam haben diese Unternehmen oftmals das Nichtvorhandensein einer physischen Präsenz im Marktstaat. Das ist regelmäßig ein Anknüpfungspunkt im Steuerrecht, aber nicht unbedingt bei der Umsatzsteuer. So wird in der umsatzsteuerlichen Fachliteratur schon seit fast 15 Jahren diskutiert, ob „kostenfreie“ Leistungen vielleicht doch nicht „entgeltfrei“ sind – und somit mit Umsatzsteuer zu belegen sind. Wie sähe so etwas konkret aus? Ein Endnutzer verwendet beispielsweise einen „kostenfreien“ Navigationsdienst an seinem Handy. Die eine Rechtsauslegung sieht hierin einen entgeltlosen Vorgang, der somit keine Relevanz für die Umsatzsteuer hat. Eine andere Rechtsauslegung sieht jedoch in der Bereitstellung von Daten ein Entgelt, im konkreten Beispiel den Standort. Schließlich nutzt der Navigationsdienst diese Daten nicht nur, um den Nutzer von A nach B zu navigieren, sondern auch, um sein Programm bzw. seine verbundenen Services zu verbessern.
Italien verlangt eine Milliarde Euro Umsatzsteuer
Die italienischen Behörden schlossen sich letztgenannter Rechtsauffassung an und wurden beim Konzern Meta vorstellig. Mit einer Umsatzsteuernachforderung von fast einer Milliarde Euro. Wie die Sache ausgeht, ist noch offen. Es zeigt sich jedoch, dass es – unter Umständen – gar keine neue Digitalsteuer braucht, um die beschriebenen Ziele zu erreichen. Doch selbst wenn man dem Grunde nach die Umsatzsteuer anwenden wollen würde, bleibt das Problem, das Entgelt zu bemessen. Was sind die Daten wert, mit denen der Nutzer oder die Nutzerin „bezahlt“?
Digitalsteuer in Polen
Die polnische Regierung kündigte bereits im März an, Digitalriesen stärker zur Kasse zu bitten. Laut dem Digitalministerium soll der Gesetzentwurf bis Jahresende erarbeitet werden, mit einer möglichen Einführung der Abgabe im Jahr 2027. Die Steuer betrifft Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz über 750 Millionen Euro und erfasst Plattformen wie Online-Marktplätze und soziale Netzwerke. Ausgenommen seien Dienste, die ausschließlich Inhalte oder Schnittstellen bereitstellen, sowie Finanzdienstleister und klassische Online-Verkäufe über die eigene Website. Angedacht ist eine Abgabe von drei Prozent des Umsatzes, mit der die Regierung die heimische Technologie- und Medienbranche stärken will.