China lockt internationale Talente und Geschäftsreisende mit vereinfachten Visaregelungen und steuerlichen Anreizen. Doch während die Grenzen für einen visumfreien Kurzaufenthalt weit offen stehen, müssen deutsche Expats und ihre entsendenden Unternehmen auf die Fallstricke im komplexen Zusammenspiel des Steuerrechts beider Staaten achten. Verschärfend wirkt ein BMF-Schreiben vom 12. Dezember 2023, das eine enge Sichtweise der Finanzverwaltung zur abkommensrechtlichen Ansässigkeit offenbart. Das erhöht die Gefahr einer Doppelbesteuerung.
Chinesische Interpretation …
Ohnehin interpretieren die chinesischen Finanzbehörden seit geraumer Zeit das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland anders als die hiesige Verwaltung. Aus chinesischer Sicht gilt folgender Grundsatz: Ausländische Beschäftigte üben ihre Tätigkeit während einer Entsendung ins Reich der Mitte immer zugunsten und im Sinne der chinesischen Gesellschaft aus – auch wenn die Tätigkeit außerhalb von China stattfindet. Dieses Prinzip gilt unabhängig davon, wo der Arbeitnehmer abkommensrechtlich ansässig ist. Folglich müssen nach China entsandte Beschäftigte auch die anteilige Vergütung für Arbeitstage in Deutschland oder einem Drittland in China versteuern.
… und deutsche Verwaltungsanweisung
Das kollidiert mit den (neuen) deutschen Prinzipien. Denn das aktualisierte BMF-Schreiben vom 12. Dezember 2023 knüpft die Verlagerung der abkommensrechtlichen Ansässigkeit nach China an sehr strenge Voraussetzungen. Gleichzeitig steht laut Doppelbesteuerungsabkommen dem Ansässigkeitsstaat (also Deutschland) das Besteuerungsrecht für die anteilige Vergütung für Arbeitstage in Deutschland und in Drittstaaten zu. Schon bisher war in diesem Fall eine doppelte Besteuerung die Regel. Doch durch das aktualisierte BMF-Schreiben verschärft sich die Problematik, da sich die Fälle, in denen Deutschland von einer Ansässigkeit im Heimatland ausgeht, häufen.
Laut BMF-Scheiben ist zudem eine umfangreiche Ansässigkeitsprüfung vorzunehmen, bei der die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse genau untersucht werden. So fragen die Finanzbehörden ab, wie gut die Kenntnisse der Landessprache sind, in welchem Land Arztbesuche stattfinden, wo sich Familienmitglieder und der Freundeskreis befinden, wie gut die Kenntnisse der Sprache des Entsendestaates sind und vieles mehr.
Auf die Kritik reagierte das Bundesfinanzministerium vor einigen Monaten mit dem Argument, das BMF-Schreiben fasse lediglich die laufende Rechtsprechung und die Verwaltungspraxis zusammen. Es gebe faktisch keine Änderung der Verwaltungspraxis. Allerdings erschweren die Vorgaben in dem aktualisierten BMF-Schreiben die Arbeit in der Praxis durchaus. So stehen dem Arbeitgeber die meisten der von der Finanzverwaltung zur Bestimmung der Ansässigkeit geforderten Informationen allein schon aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung. Bei der Einkommensteuererklärung bzw. spätestens bei der Beantwortung der Rückfragen des Finanzamtes dazu sind dann umfangreiche Informationen zusammenzustellen, die das Finanzamt wiederum auswerten muss. Von Bürokratieabbau kann hier keine Rede sein. Zudem bleibt unklar bzw. strittig, wie stark die einzelnen Kriterien zu gewichten sind, sodass zumindest bis zum Erlass des Einkommensteuerbescheids eine erhebliche Rechtsunsicherheit besteht.