Der Wirtschaftsverkehr mit dem Ausland ist grundsätzlich frei – so legt es § 1 Abs. 1 Satz 1 des Außenwirtschaftsgesetzes fest. Doch mit den sicherheitspolitischen Anforderungen verhängen viele Staaten Exportbeschränkungen und Sanktionen. So einfach wie einst Napoleons Kontinentalsperre gegenüber dem britischen Empire lassen sich Handelsbeschränkungen im Zeitalter von Globalisierung und modernen Technologien jedoch nicht dekretieren und exekutieren (wobei auch vor über 200 Jahren die französische Blockade von Schmugglern permanent durchbrochen wurde). Angesichts komplexer Wertschöpfungsketten, gesellschaftlicher Verflechtungen und internationaler Verbindungen stellen Exportbeschränkungen und Sanktionen heutzutage hohe Anforderungen an Gesetzgeber, Verwaltung und Wirtschaft. Aus unternehmerischer Perspektive heißt es, sich mit dem Außenwirtschaftsrecht gründlicher als bisher auseinanderzusetzen. Je nach Unternehmensorganisation können verschiedene Bereiche betroffen sein. Besonders häufig sind dies Exportkontroll- und Compliance-Abteilungen, Vertrieb, Einkauf und die Rechtsabteilung, die Geschäftspartner, Verträge und regulatorische Risiken prüfen. Auch Logistik, Finanzen und IT können eine Rolle spielen, etwa bei der Zollabwicklung, bei Sanktionslisten oder Softwareexporten.
Auch alltägliche Güter betroffen
Der europäische und amerikanische Rechtsrahmen für Exportkontrollen und Sanktionen wurde in den letzten Jahren kontinuierlich verschärft. Konflikte mit dem Iran, Russland und China führten zu einer Anpassung von Handelsbeschränkungen. Es geht vor allem darum, sicherheitskritische Güter vor einer Nutzung durch risikobehaftete Akteure zu schützen. Mit der fortschreitenden Technologisierung und Komplexität von Produkten geraten aber auch alltägliche und nichtmilitärische Exportwaren in den Fokus der Kontrolle, insbesondere zivil genutzte Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), Halbleiter oder Datenverarbeitung. Für Unternehmen in diesen Branchen bringt dies nicht nur zusätzliche regulatorische Anforderungen, sondern auch erhebliche Haftungsrisiken mit sich. Die Geschäftsführung kann persönlich mit Strafgeldern, Bußgeldern und Haftungsansprüchen konfrontiert werden. In schweren Fällen drohen Freiheitsstrafen (bis zu zehn Jahre in der EU und noch härtere Strafen in den USA) und Reputationsschäden. Auch das Unternehmen selbst riskiert hohe Bußgelder, Handelsbeschränkungen und den Verlust von Exportprivilegien.
Interne Kontrollprogramme
Unternehmen müssen nun Lieferketten, Geschäftspartner und Endverwendungen über die bisher üblichen ESG-Kriterien hinaus auch auf mögliche sicherheitspolitische Verstöße hin prüfen. Vorhandene Compliance-Systeme müssen an die steigenden Anforderungen angepasst werden. Dazu gehört die Einführung oder Verbesserung automatisierter Kontrollmechanismen, etwa durch den Einsatz von KI zur Prüfung von Dual-Use-Gütern oder mittelfristig durch Blockchain-basierte Lösungen für mehr Transparenz in der Lieferkette. Zudem sollten klare Verantwortlichkeiten und standardisierte Prozesse definiert werden. Die Risikobewertung sollte dynamisch erfolgen, um rechtzeitig auf neue regulatorische Entwicklungen und geopolitische Veränderungen reagieren zu können.
Mit Stakeholdern kooperieren
Dazu zählen kontinuierliche Schulungen der Mitarbeitenden in allen relevanten Abteilungen. Insbesondere Vertriebs-, Einkaufs- und Logistikteams sollten über aktuelle regulatorische Änderungen informiert werden, um Fehler zu vermeiden. Auch spezialisierte Trainings für Compliance- und Rechtsabteilungen sind wichtig, um die praktische Umsetzung der Vorschriften sicherzustellen. Unternehmen sollten proaktiv die Zusammenarbeit mit Behörden und Partnern suchen, etwa bei Genehmigungsverfahren oder der Klärung von Rechtsfragen. Gleichzeitig können Partnerschaften innerhalb der Branche dazu beitragen, Best Practices zu teilen und gemeinsam Herausforderungen wie neue Technologien oder internationale Kapitalbewegungskontrollen anzugehen.
Augen auf!
Unternehmen müssen sich regelmäßig über die aktuellen Vorschriften und Handelsbeschränkungen informieren. Wichtige Quellen sind die offiziellen Websites von Exportkontrollbehörden wie dem BAFA (Deutschland, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle), dem BIS (Bureau of Industry & Security) bzw. dem OFAC (Office of Foreign Assets Control) in den USA oder der EU-Kommission, die Listen von sanktionierten Ländern, Unternehmen und Einzelpersonen sowie Genehmigungspflichten veröffentlichen. Bei Unsicherheiten können Unternehmen auch auf Exportkontrollberater zurückgreifen, um zu prüfen, ob ihre Güter auf Sanktionslisten oder Exportkontrolllisten stehen.
Darüber hinaus ist eine korrekte Güterklassifizierung von zentraler Bedeutung, um festzustellen, ob bestimmte Exportkontrollen greifen. Unternehmen können das öffentlich zugängliche Umschlüsselungsverzeichnis als Hilfsmittel nutzen, um tarifierte Güter auf ihre exportkontrollrelevante Klassifizierung zu überprüfen. Eine präzise Zuordnung der Waren zu den richtigen Tarifnummern ermöglicht es, potenzielle Exportbeschränkungen und Genehmigungspflichten zu identifizieren.
Zusätzlich müssen Unternehmen Dokumentationen wie z. B. Exporterklärungen, Genehmigungsanträge und Compliance-Berichte erstellen, um die Einhaltung der Vorschriften nachzuweisen. Dies umfasst auch die Prüfung von Endverwendern und -verwendungszwecken sowie Aufzeichnungen zu Exporttransaktionen.
Der Zoll rüstet auf
Die zuständigen Behörden rüsten sich, um außenwirtschaftliche Verstöße besser aufzuklären. Dazu zählt auch das Projekt „Zoll 2030“. Dieses zielt auf eine umfassende Modernisierung der Zollverwaltung ab, wobei der Fokus auf digitalen Lösungen und der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Behörden liegt. Diese Entwicklungen werden Unternehmen vor neue Anforderungen stellen, um den steigenden gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden. Inzwischen gibt es eine Koordinierungsstelle beim Zollkriminalamt, die die Zusammenarbeit mit anderen Staaten stärken soll. Ein weiterer wichtiger Schritt in dieser Richtung ist die verstärkte Kooperation mit Europol, um auf europäischer und internationaler Ebene die Wirksamkeit der Sanktionsdurchsetzung zu erhöhen.