In der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage suchen Unternehmen verstärkt nach Möglichkeiten, Kosten zu senken und bilanzielle Risiken zu mindern. In den Fokus gerät auch die betriebliche Altersversorgung. Die Pensionsverpflichtungen in eine „Rentnergesellschaft“ auszulagern, ist dabei an sich kein neues Konzept. Spannend ist jedoch die Entwicklung hin zu einem „Pension Buy-out“, d. h. einer anschließenden Veräußerung der Rentnergesellschaft an einen spezialisierten Risikoträger. Durch einen solchen Pension Buy-out kann mittelfristig eine vollständige Enthaftung von den Pensionsverpflichtungen erreicht werden. Vor dem Hintergrund der aktuellen Bewertung von Pensionsverpflichtungen und des zu ihrer Deckung bestimmten Vermögens sowie aufgrund von neu in den Markt drängenden Anbietern für die Übernahme von Rentnergesellschaften kann gegenwärtig ein günstiger Zeitpunkt für einen Pension Buy-out gegeben sein. Allerdings sind dabei eine Reihe von arbeits- und gesellschaftsrechtlichen sowie bilanziellen und steuerlichen Gesichtspunkten zu beachten.
Arbeitsrechtliche Besonderheiten und Rechtsprechung als Basis
Arbeitsrechtlich ist insbesondere beachtlich, dass eine Enthaftung von Anrechten der betrieblichen Altersversorgung nur sehr eingeschränkt im Rahmen des § 4 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) möglich und eine vom Arbeitsverhältnis losgelöste schuldrechtliche Übertragung auf einen Dritten verboten ist. Auch bei Durchführung der betrieblichen Altersversorgung über externe Versorgungsträger besteht immer eine gesetzliche Subsidiärhaftung des (ehemaligen) Arbeitgebers auf Erfüllung der Versorgungszusage gegenüber dem Berechtigten (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG). Insofern ist die Abspaltung oder Ausgliederung von Pensionsverpflichtungen gegenüber früheren Mitarbeitenden und Betriebsrentnern bzw. -rentnerinnen zumindest bei Direktzusagen und Unterstützungskassenzusagen die einzige Möglichkeit (bis auf den Sonderfall der Liquidation), sich solcher Verpflichtungen rechtswirksam vollständig zu entledigen.
Das Bundesarbeitsgericht hat schon vor vielen Jahren erkannt, dass diese Gestaltungsmöglichkeit auch zum Nachteil der Betriebsrentnerinnen und -rentner genutzt werden kann, die dem Vorgang nicht zustimmen müssen und sich dadurch plötzlich abhängig von einem illiquiden Schuldner wiederfinden könnten. Daher ist nach der Rechtsprechung im Fall einer solchen Abspaltung oder Ausgliederung die Pflicht zur ausreichenden Ausstattung der Rentnergesellschaft als arbeitsvertragliche Nebenpflicht anerkannt. Eine Pflichtverletzung kann Schadensersatzansprüche der Betriebsrentner und -rentnerinnen gegen den übertragenden Arbeitgeber auslösen. Dieses Haftungsrisiko besteht unabhängig neben der umwandlungsrechtlichen Nachhaftung für Pensionsleistungen, nach der das ursprünglich verpflichtete Unternehmen weiterhin für Betriebsrenten haftbar ist, sofern diese Ansprüche vor dem Wirksamwerden der Umwandlung entstanden sind und innerhalb von zehn Jahren nach der Übertragung fällig werden. Ziel ist sicherzustellen, dass die zugesagte Versorgung nicht durch die Umwandlung gefährdet wird und Betriebsrentnerinnen und -rentner weiterhin auf die Erfüllung ihrer Ansprüche vertrauen können.
An dieser Stelle sei jedoch auch darauf hingewiesen, dass bei Aufgabe der werbenden Tätigkeit oder Verlagerung derselben im Konzern und dem dadurch „automatischen“ Entstehen einer lediglich die Pensionsverpflichtungen verwaltenden Rentnergesellschaft nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine Ausstattungspflichten oder besondere Haftungsregelungen bestehen. Insofern zeigt sich einmal mehr, dass das Umfeld der Auslagerung von Pensionsverpflichtungen verschiedene Gestaltungsspielräume und Chancen für Unternehmen bietet.
Finanzielle Ausstattung im Fokus
Bei der Bildung einer Rentnergesellschaft steht ihre finanzielle Ausstattung im Mittelpunkt. Überträgt ein Arbeitgeber seine Pensionsverpflichtungen im Rahmen einer umwandlungsrechtlichen Ausgliederung oder Abspaltung, muss er die dabei entstehende Rentnergesellschaft hinreichend ausstatten – andernfalls drohen nach dem Bundesarbeitsgericht Schadensersatzansprüche. Bei einem Pension Buy-out gewinnt die Frage der finanziellen Ausstattung dadurch an Bedeutung, dass sie entweder die einzige oder zumindest die wesentliche Gegenleistung für die Übernahme seitens des konzernfremden Anbieters ist. Grundsätzlich dürfte das übertragende Unternehmen daran interessiert sein, die gewünschte vollständige Enthaftung zu einem möglichst niedrigen Preis zu erreichen, während dem externen Anbieter an einer möglichst hohen Gegenleistung gelegen ist.
Praktische Herausforderungen beim Pension Buy-out
In der Praxis ist die Interessenlage regelmäßig komplexer. Dem übertragenden Arbeitgeber geht es auch darum, dass keine Nachhaftungs- oder Schadensersatzpflichten ausgelöst werden. Daneben kann u. a. die Vermeidung möglicher Reputationsschäden von Bedeutung sein, v. a. soll nicht der Eindruck entstehen, man wolle Betriebsrentnerinnen und -rentner übervorteilen. Sind die Pensionsverpflichtungen durch ein Treuhandmodell (Contractual Trust Arrangement, kurz: CTA) abgesichert, kann je nach Vertragslage die Notwendigkeit einer gleichwertigen Absicherung nach der Übertragung bei der Rentnergesellschaft bestehen. In der Praxis gibt es auch Fälle, in denen das übertragende Unternehmen auf die Anlage des Vermögens bei der Rentnergesellschaft Einfluss nehmen möchte, was umgekehrt die grundsätzliche Freiheit der Rentnergesellschaft und des externen Anbieters beschränkt.
Schutz der Mitarbeitenden – Anforderungen an die finanzielle Ausstattung der Rentnergesellschaft
Auf die Frage nach der notwendigen finanziellen Ausstattung der Rentnergesellschaft liefert das Bundesarbeitsgericht keine eindeutige Antwort, zumal nach dem zwischenzeitlich umgesetzten Bilanzrechtsmodernierungsgesetz (BilMoG) die Parameter nicht mehr dieselben sein können wie bei den zuvor ergangenen Entscheidungen. Es ist jedoch klar, dass die finanzielle Ausstattung der Rentnergesellschaft nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen erfolgen muss, da der Schutz der ehemaligen Mitarbeitenden im Mittelpunkt steht und gleichzeitig eine nachvollziehbare und sinnvolle Bewertung zukünftiger Verpflichtungen zu erfolgen hat.
Verlangt wird dafür arbeitsrechtlich, dass die Finanzmittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur Erfüllung der lebenslangen Betriebsrenten sowie einer durchschnittlichen (gesetzlich erforderlichen) Rentenanpassung auf der Basis der Erfahrungswerte der letzten 20 Jahre ausreichen. Um das zu gewährleisten, werden konservativere Sterbetafeln, z. B. diejenigen der Deutschen Aktuarvereinigung e. V. (DAV), verwendet und verschiedene Wertentwicklungen des zur Deckung bestimmten Vermögens simuliert. Die Diskussion darüber, welche versicherungsmathematischen Grundsätze hier rechtssicher anzuerkennen sind, ist in vollem Gange.
Bilanzielle Fragen sind von besonderer Bedeutung
In der Rechnungslegung nach IFRS und HGB ergeben sich regelmäßig komplexe bilanzielle Fragen, für deren Beantwortung es keine klare Rechnungslegungsstandards gibt. Die beteiligten Parteien einschließlich des Abschlussprüfers sollten daher rechtzeitig in die Überlegungen einbezogen werden. Themen ergeben sich sowohl im Jahresabschluss des übertragenden Unternehmens als auch im Jahresabschluss der Rentnergesellschaft und ggf. damit einhergehend im (Konzern-)Abschluss des Erwerbers.
Bilanzielle Besonderheiten bei der Ausstattung
In der aktuellen Marktsituation kann es geschehen, dass die nach versicherungsmathematischer Berechnung als „ausreichend“ ermittelte Kapitalausstattung unter dem handelsrechtlichen Erfüllungsbetrag der Pensionsrückstellung liegt. Dies kann für das Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Chance eröffnen, durch einen Pension Buy-out im handelsrechtlichen Jahresabschluss einen Ertrag zu erzielen. Im Rahmen einer Spaltung kann dies jedoch zu einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in der Handelsbilanz der Rentnergesellschaft führen und damit die Frage nach einer Unterbilanz aufwerfen und Probleme bei der Eintragung der Spaltung bereiten. Hier kann das übertragende Unternehmen Abhilfe schaffen, indem es die Rentnergesellschaft mit Vermögen ausstattet, das über dem Wert der handelsrechtlich passivierten Rückstellung für die Pensionsverpflichtungen liegt. Die Differenz zwischen der gewählten und der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ausreichenden Ausstattung wird dann im Rahmen der Kaufpreisfindung für den Pension Buy-out berücksichtigt.
Auflösung der Pensionsrückstellung
Das übertragende Unternehmen verfolgt das Ziel, die bilanzierte Pensionsrückstellung aufzulösen. Hier muss geprüft werden, ob die Kriterien für eine (vollständige) Ausbuchung nach HGB bzw. IFRS erfüllt sind. Nach IAS 19 darf eine Ausbuchung nur dann erfolgen, falls und soweit eine Erfüllung („Settlement“) von Altersversorgungsverpflichtungen vorliegt. Häufig enthält die Kapitalausstattung der Rentnergesellschaft auch Finanzierungsformen wie Darlehen an die Rentnergesellschaft oder Garantieversprechen unterschiedlicher Ausprägung. Diese Finanzierungsformen haben zum einen Bedeutung für die Frage, ob eine Ausbuchung der Pensionsrückstellungen möglich ist. Zum anderen muss die Bilanzierung der Finanzierung der Rentnergesellschaft nach HGB und IFRS selbst in den Blick genommen werden.
Abb.: Entwicklung der Zahl der aktiven BAV-Anwartschaften nach Durchführungswegen
Einschl. Mehrfachanwartschaften, in Mio. Euro