Im Rahmen des allgemeinen Besteuerungs- und Veranlagungsverfahrens können Unternehmen lediglich Vorsteuern, die mit in Deutschland steuerbaren und steuerpflichtigen Eingangsleistungen zusammenhängen, geltend machen. Bei Rechnungen mit ausländischer Umsatzsteuer – z. B. aus Reisekosten von Monteuren, lokalen Veranstaltungen oder Importen – gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, sich die Vorsteuern über das sogenannte Vorsteuervergütungsverfahren erstatten zu lassen. Dieses Verfahren greift, wenn der Antragsteller im Erstattungsstaat nicht ansässig ist und dort lediglich bestimmte Umsätze ausführt, die nicht zu einer umsatzsteuerlichen Registrierungspflicht führen. Es handelt sich insbesondere um lokale Leistungen mit Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger.
EU oder nicht EU
Unionsrechtlich gilt, dass EU-Unternehmen ihre Erstattungsanträge grundsätzlich bis zum 30. September des Folgejahres in dem Mitgliedstaat stellen müssen, in dem sie ansässig sind. Im Fall von Vorsteuern aus einem Drittstaat hängt eine Erstattung im ersten Schritt grundsätzlich davon ab, ob mit Deutschland eine Gegenseitigkeitsvereinbarung besteht. Das Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht ein Verzeichnis der Drittstaaten, mit denen eine solche Vereinbarung besteht (z. B. Schweiz, Norwegen, seit dem 1. Januar 2021 UK) bzw. nicht besteht (z. B. Brasilien, Singapur, Türkei).
Bei Drittstaaten …
Ist Gegenseitigkeit gegeben, können Unternehmen einen Vergütungsantrag direkt in dem jeweiligen Erstattungsstaat (Drittstaat) bei der zuständigen Finanzbehörde stellen. Die Frist ist unterschiedlich, in einigen Ländern wie der Schweiz endet sie bereits sechs Monate nach Ablauf des entsprechenden Kalenderjahres. Sofern keine Gegenseitigkeitsvereinbarung besteht, bietet sich für die Periode anfallender (signifikanter) Vorsteuerbeträge im betreffenden Land unter Umständen die Herbeiführung einer umsatzsteuerlichen Registrierungsverpflichtung an. So lassen sich dann gegebenenfalls Vorsteuern erstatten.
… und bei Mitgliedstaaten
Für Vorsteuervergütungsanträge deutscher Antragsteller, die andere EU-Staaten betreffen, ist in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zuständig. Das BZSt prüft die Grundvoraussetzungen, also USt-IdNr. / Steuernummer des Antragstellers, Abzugsberechtigung sowie Vollständigkeit der Angaben. Anschließend leitet die Behörde den Antrag an den Erstattungsmitgliedstaat weiter oder weist ihn bei Unvollständigkeit oder Unstimmigkeiten zurück. Daher sind insbesondere auch die unterschiedlichen Vorgaben beispielsweise zum Umfang von Belegkopien oder zu akzeptierten Sprachen zu beachten (siehe Präferenzliste des BZSt). Es empfiehlt sich ein möglichst frühzeitiger Antrag, um etwaige Korrekturen oder Ergänzungen vornehmen zu können.
Andere Länder, andere Vorgaben
Neben teils spezifischen Fragen zum Inhalt und damit zur Vollständigkeit des Vergütungsantrags müssen Unternehmen selbstverständlich die grundlegenden Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im jeweiligen Land beachten. Oft bestehen Einschränkungen beim Vorsteuerabzug für bestimmte Aufwendungen, bei denen die Finanzbehörden eine teilweise private Veranlassung vermuten, etwa Bewirtungsaufwendungen oder Pkw-Kosten. Nicht selten liegt auch ein unzutreffender Steuerausweis aufgrund fehlerhafter Bestimmung des Ortes der Leistung durch den Leistenden vor. In derartigen Fällen kann eine Erstattung der Vorsteuern nicht über das Vergütungsverfahren erfolgen. Stattdessen ist eine entsprechende Rechnungskorrektur erforderlich – verbunden mit der Rückzahlung fälschlich ausgewiesener Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger. Insofern ist im Vorfeld die Prüfung lokaler Vorschriften und der Korrektheit der ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge notwendig.
Bereits in der laufenden Buchhaltung berücksichtigen
Im ersten Schritt sollten sich Unternehmen einen Überblick über die Höhe der vorliegenden Vorsteuern pro Land und über die jeweiligen Vorgaben verschaffen. Idealerweise erfolgt dies bereits in der laufenden Buchhaltung durch eine gesonderte Erfassung vermeintlicher Vorsteuervergütungsbeträge je Land. So lässt sich bereits abwägen, ob sich unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Aufwands die Einreichung eines Vorsteuervergütungsantrags lohnt. Dieses Vorgehen bietet auch die Chance, etwaige Unstimmigkeiten zu identifizieren: ob etwa die in Rechnung gestellte Vorsteuer dem Grunde nach richtig ist, ob der Abzugsberechtigte korrekt festgestellt wurde (bei der Einfuhrumsatzsteuer Lieferant vs. Kunde) oder ob die generelle umsatzsteuerliche Beurteilung der Ausgangsumsätze zutreffend ist (etwaige Registrierungsverpflichtung im Erstattungsstaat?).