- Top 500 weltweit erhöhten Ausgaben für Forschung und Entwicklung 2024 um sechs Prozent – Umsätze stiegen nur um drei Prozent
- Wachstum der F&E-Ausgaben in Nordamerika halbiert sich von 13,2 auf 6,1 Prozent
- Europäische Unternehmen steigern Ausgaben um fünf Prozent – trotz Umsatzrückgang um zwei Prozent
- Zwei europäische Unternehmen – Volkswagen und Roche – unter den größten zehn F&E-Investoren weltweit – sieben aus den USA
Trotz der schwierigen konjunkturellen und geopolitischen Lage haben die umsatzstärksten Unternehmen der Welt ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) weiter erhöht. So sind die Forschungs- und Entwicklungsbudgets der 500 Unternehmen weltweit mit den höchsten F&E-Ausgaben im Jahr 2024 um 2023 um insgesamt sechs Prozent gestiegen – obwohl ihr Umsatz nur um drei Prozent zulegte.
Europäische Unternehmen mussten sogar Umsatzeinbußen von insgesamt zwei Prozent hinnehmen und steigerten ihre F&E-Ausgaben dennoch um fünf Prozent. Höhere Wachstumsraten bei ihren F&E-Budgets verzeichneten die Unternehmen aus Nordamerika (plus sechs Prozent) und Asien (plus sieben Prozent).
Allerdings: Im Vorjahr war der Forschungsetat der Top 500-Unternehmen mit elf Prozent deutlich stärker gestiegen. Das Ausgabenwachstum besonders stark gedämpft haben die US-Unternehmen – von 13,2 auf 6,1 Prozent –, während die asiatischen Unternehmen den Anstieg von 9,4 auf 7,0 Prozent bremsten. Obwohl die europäischen Unternehmen die schlechteste Umsatzentwicklung aufwiesen, verlangsamte sich das Wachstum ihrer F&E-Budgets Unternehmen nur leicht: von 6,0 auf 5,3 Prozent.
Die größten Investoren haben nach wie vor ihren Sitz in den Vereinigten Staaten: 135 der 500 Top-Investoren weltweit sind US-Unternehmen. Dahinter folgen Japan (93 Unternehmen), China (89) und Deutschland (31). Die Zahl der deutschen Unternehmen unter den Top 500 F&E-Investoren ist seit dem Jahr 2020 von 34 auf aktuell 31 zurückgegangen.
Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, für die die 500 börsennotierten Unternehmen mit den größten F&E-Budgets weltweit untersucht wurden.
„Angesichts der weltweiten Konjunkturschwäche und einer enttäuschenden Umsatzentwicklung setzen immer mehr Unternehmen auf Sparmaßnahmen – die immer öfter auch Forschungsinvestitionen betreffen“, beobachtet Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY. „Tatsächlich sehen wir bei vielen Unternehmen ein Umdenken, was Innovationsinvestitionen angeht. Verstärkt werden F&E-Budgets hinterfragt, weil die Devise „viel hilft viel“ offensichtlich nicht gilt. Um innovativer zu werden, reicht es nicht, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Es geht auch um Strukturen innerhalb der Unternehmen, die auf Innovationen und Agilität ausgerichtet sein müssen.“
Aus Ahlers Sicht trägt der große Erfolg chinesischer Unternehmen zu diesem Umdenkprozess bei: „Heute wird in der Autoindustrie bewundernd von „China-Speed“ gesprochen – junge chinesische Unternehmen haben es zuletzt immer wieder geschafft, die Fachwelt zu verblüffen, indem sie Entwicklungsprozesse massiv verkürzen konnten und dank kurzer Innovationszyklen technologische Neuheiten in Rekordtempo auf den Markt brachten. Agile chinesische Wettbewerber, aber auch hiesige Start-ups halten den etablierten Industriekonzernen den Spiegel vor und zeigen, dass Innovationskraft nicht nur von Milliardenbudgets für Forschung und Entwicklung abhängt.“
Um die eigene Innovationskraft auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu erhöhen, setzen zudem immer mehr deutsche Unternehmen bei der unternehmensinternen Bürokratie an, sagt Ahlers: „Das Gebot der Stunde ist die Reduzierung der Komplexität, die Steigerung des Tempos, der Wegfall von Hierarchieebenen – diese Maßnahmen sparen nicht nur viel Geld, sie beschleunigen auch Entwicklungen und stärken damit die Innovationskraft.“
Hinzu komme, dass sich immer mehr Unternehmen dazu entschließen, Allianzen mit Startups und Technologiekonzernen einzugehen: „Einzelkämpfer sind heute nicht mehr gefragt, es braucht Netzwerke und unterschiedlich intensive Kooperationen. Die Kunst besteht darin, dieses Geflecht zu managen und am Ende mit einem unverwechselbaren Produkt am Markt präsent zu sein.“
Ahlers betont zudem die enorme Bedeutung von Künstlicher Intelligenz in der Entwicklung: „KI ist der Gamechanger in der Forschung und Entwicklung. Sie führt zu deutlichem Geschwindigkeitsgewinn, aber auch zu niedrigeren Kosten, weil etwa die Zahl kostspieliger Prototypen reduziert werden und eine Vielzahl von Anwendungsfällen durchgespielt werden kann. Gerade den deutschen Industriekonzernen, die mit erheblichen Kostennachteilen am Standort Deutschland kämpfen, kann KI helfen, weiter ganz vorn mitzuspielen. KI ist eine Riesenchance für den Innovationsstandort Deutschland.“
US-Konzerne geben am meisten Geld für Innovationen aus
Die 135 US-Konzerne unter den Top 500 investierten zusammen 524 Milliarden US-Dollar in Innovationen. Die 128 europäischen Unternehmen im Ranking kommen hingegen zusammen nur auf 229 Milliarden Euro an Investitionen. Entsprechend geringer ist die F&E-Intensität, die den Anteil der F&E-Ausgaben am Umsatz darstellt: Während sie bei den US-Unternehmen im Durchschnitt bei 7,7 Prozent liegt, beträgt sie bei den europäischen Unternehmen im Durchschnitt nur 5,7 Prozent. Die 31 deutschen Unternehmen im Ranking weisen eine F&E-Intensität von 5,5 Prozent auf.
„US-Unternehmen haben im vergangenen Jahr ihre Forschungsausgaben erneut stärker erhöht als die europäischen Unternehmen. Damit geht die Schere zwischen den USA und Europa noch etwas weiter auseinander“, beobachtet Ahlers. „Innovationen sind der Schlüssel für langfristigen Geschäftserfolg, daher muss es uns zu denken geben, wenn US-Unternehmen dauerhaft deutlich mehr in Forschung & Entwicklung investieren als europäische Unternehmen.“
Sieben US-Unternehmen in den Top 10 – Technologiekonzerne an der Spitze
Sieben Unternehmen in den weltweiten Top Ten der Unternehmen mit den höchsten Innovationsausgaben sitzen in den Vereinigten Staaten. Amazon hatte 2024 das größte Innovationsbudget – umgerechnet knapp 82 Milliarden Euro* (plus drei Prozent). Auf dem zweiten Platz folgt die Google-Muttergesellschaft Alphabet mit Entwicklungsausgaben von 45,6 Milliarden Euro (plus neun Prozent), vor Meta Platforms (u.a. Facebook, WhatsApp und Instagram) mit 40,5 Milliarden Euro an Forschungs- und Entwicklungsausgaben (plus 14 Prozent).
Zwei europäische Unternehmen belegen ebenfalls Platzierungen in den Top Ten: Volkswagen auf Rang sieben (18 Milliarden Euro, plus 14 Prozent) und der Schweizer Pharmakonzern Roche auf Rang neun (16,1 Milliarden Euro, plus acht Prozent).
Pharmakonzerne investieren am meisten
Die höchste F&E-Intensität weisen traditionell Pharma-Unternehmen auf, bei denen der Anteil der Forschungsausgaben am Gesamtumsatz im vergangenen Jahr bei 16,5 Prozent lag. Die europäischen Pharmakonzerne lagen mit 17,1 Prozent nur leicht unter den nordamerikanischen Wettbewerbern (17,7 Prozent), aber deutlich oberhalb der asiatischen Unternehmen (13,9 Prozent).
Als überdurchschnittlich innovationsfreudig erweist sich Europa in erster Linie in der Automobilindustrie: Während die europäischen Automobilunternehmen 5,5 Prozent ihres Umsatzes in F&E investieren, liegt der Anteil in Asien und Nordamerika jeweils bei 4,0 Prozent.
Hohe Forschungsausgaben – hohe Margen
In zahlreichen Branchen ist ein deutlicher Zusammenhang von einer hohen Intensität bei Forschung und Entwicklung auf der einen und einem hohen Gewinn auf der anderen Seite zu beobachten. Über alle 500 Unternehmen hinweg betrug im vergangenen Jahr die Ebit-Marge von überdurchschnittlich stark investierenden Unternehmen 15,4 Prozent, während sie bei den Unternehmen, die vergleichsweise wenig in F&E investieren, nur bei 10,0 Prozent lag.
Beispiel Informationstechnologie: In dieser Branche liegt die EBIT-Marge bei überdurchschnittlich stark investierenden Unternehmen bei 21,3 Prozent. Bei den Technologieunternehmen, die relativ wenig Geld in Innovationen stecken, beträgt sie hingegen nur bei 8,7 Prozent.
Ahlers betont: „Hohe F&E-Investitionen können zwar keinen Markterfolg erzwingen. Es zeigt sich aber, dass erfolgreiche Unternehmen überdurchschnittlich viel Geld in Forschung und Entwicklung investieren. Und Unternehmen, die dazu nicht in der Lage sind, werden früher oder später den Anschluss verlieren. Denn ohne Investitionen in Forschung und Entwicklung sind keine Innovationen zu erwarten.“ Vor diesem Hintergrund sei es erfreulich, dass die europäischen Unternehmen im Ranking bislang der Versuchung widerstanden hätten, im großen Stil F&E-Ausgaben einzusparen, sondern vielmehr – trotz des Umsatzrückgangs – ihre Forschungsausgaben erhöht hätten, so Ahlers. „Die Konjunkturschwäche in Europa darf nicht dazu führen, dass Europas Unternehmen bei Innovationen nachlassen.“
Hier können Sie die Studie kostenlos herunterladen.
*Amazon macht keine Angaben zum Posten „Ausgaben für Forschung und Entwicklung“. Als Annäherung werden hier die Zahlen zu Ausgaben für „technology and content“ verwendet, die allerdings höher ausfallen als die tatsächlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung