Die Operational Due Diligence gibt Käufern Aufschluss über operative Risiken, bewertet die Skalierbarkeit von Geschäftsmodellen und quantifiziert operative Werthebel, die nicht im Businessplan enthalten sind. Gerade eine Kombination aus operativer und finanzieller Betrachtung im Rahmen einer integrierten Due Diligence schafft eine verlässliche Grundlage für Kaufentscheidungen.
Informationen zum Personal liefern zusätzliche Erkenntnisse, die helfen, die Erreichbarkeit des Businessplans einzuschätzen. Wie sind die Mitarbeiter qualifiziert, sind Weiterbildungsmaßnahmen notwendig? Gibt es in der Region genügend Fachkräfte oder herrscht hier ein Mangel? Wie schwierig ist es überhaupt, neue Leute zu finden? Und wenn sie kommen, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bleiben? Wie haben sich Kündigungsquote, Krankenstand und insbesondere die Zahl der Arbeitsunfälle in den vergangenen Jahren entwickelt?
Die Praxis zeigt, dass motiviertes Personal dazu beiträgt, Prozesse zu optimieren und Veränderungen umzusetzen. Eine geringe Fluktuation ist ein Indikator dafür, dass das geplante Wachstum ohne hohe Zusatzkosten im Personalbereich umsetzbar sein kann. Solche Kosten würden anfallen, wenn Beschäftigte mit Fachkenntnissen das Unternehmen verlassen und ihre Nachfolger aufwendig zu qualifizieren wären. Im Personalbereich stellt sich oftmals aber auch die Frage, ob sowohl in der Produktion als auch in der Administration Prozesse automatisiert werden können. Dies kann dazu beitragen, zum einen Kosten zu senken und gleichzeitig die Prozessqualität zu steigern und zum anderen die Abhängigkeit von hoch qualifiziertem Personal zu verringern.
Die Erkenntnisse werden mit Benchmark-Daten anderer Branchenunternehmen abgeglichen. Diese sollten vom Geschäftsmodell wie auch Produkt- und Kundenportfolio her vergleichbar sein. Gleichzeitig bieten Standortbesuche unverzichtbare Eindrücke aus erster Hand über Unternehmensabläufe, Professionalisierungsgrad, technologischen Stand, den Zustand der Anlagen und die Erfahrung des Managementteams und von Wissensträgern im Unternehmen. Standortbesuche sind somit ein wesentlicher Baustein sowohl für die Risikobewertung als auch für die Einschätzung der identifizierten Optimierungspotenziale. Die identifizierten Risiken sollten quantifiziert, priorisiert und Lösungsoptionen aufgezeigt werden: beispielsweise die Anschaffung oder Aufrüstung des vorhandenen Maschinenparks, um die geplanten Produktionsmengen und somit das Umsatzwachstum zu erreichen.
Skalierbarkeit des Geschäftsmodells prüfen
Die Operational Due Diligence liefert eine Bewertung der Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Dahinter steht die Frage, ob die Ressourcen zur Realisierung der Wachstumsstory ausreichen. Dies ist von Unternehmen zu Unternehmen und von Branche zu Branche unterschiedlich. Bei schnell expandierenden Firmen, etwa im E-Commerce-Bereich, und in Unternehmen mit komplexer Produktion können sich Personal- und Maschinenkapazitäten ebenso als Bremse erweisen wie eine Abhängigkeit von Lieferanten und Kunden.
Hier entsteht im Zuge der ODD bestenfalls eine Handlungsempfehlung für den potenziellen Firmenkäufer. Welche Gegenmaßnahmen sind möglich? Kann beispielsweise auf Mehrschichtbetrieb umgestellt werden, um trotz bereits hoher Kapazitätsauslastung das prognostizierte Wachstum zu schaffen? Ist Outsourcing hilfreich oder sind Investitionen in Personal und Maschinen notwendig, die die Marge des Unternehmens beeinflussen? Die Maßnahmen werden unter Berücksichtigung der Investitionskosten sowie der fixen und variablen Kosten dargestellt, mit Blick auf den erwarteten Ertrag bewertet und dem potenziellen Erwerber als Entscheidungsgrundlage bereitgestellt.
Value Creation Assesment: Versteckte operative Wertschöpfungspotenziale entdecken
Oftmals fördert die detaillierte Analyse der betrieblichen Prozesse unberücksichtigte Hebel zur operativen Wertsteigerung zutage. Dieses Upside-Potenzial wird getrennt nach seiner Wirkung auf EBITDA, Cashflow und CapEx betrachtet.
EBITDA-wirksam sind unter anderem Optimierungen in der Produktion, die den Output steigern. Gestraffte Produktionsprozesse und Produktportfolios versprechen bestenfalls 10 bis 20 Prozent Kostenersparnis zugunsten des EBITDA. Ähnliches Potenzial steckt in der Optimierung von Logistik- und Lieferketten. Auch die Senkung von Einkaufskosten, etwa durch Volumenbündelung, kann dem EBITDA zugutekommen. Erfahrungsgemäß bedeuten komplexe Organisationsstrukturen in kleinen Teams bei gleichzeitig stark hierarchischem Aufbau oftmals auch Mehraufwand. Eine Verschlankung kann Kosten und Risiken reduzieren. Ein Beispiel ist das Auslagern von Bereichen wie IT und Finanzwesen. Personalabbau kann ebenfalls infrage kommen.
Der größte Cash-relevante Hebel liegt im Rechnungswesen. In produzierenden Betrieben kann grundsätzlich vor allem durch die kontinuierliche Optimierung von Lagerbeständen Potenzial gehoben werden. Ein wesentlicher Hebel zur nachhaltigen Senkung des Cash-Bedarfs liegt insbesondere in strengeren Zahlungsziel-Richtlinien: Verlängerte Zahlungsziele mit Lieferanten in Kombination mit verkürzten Zahlungszielen mit den eigenen Kunden können das Umlaufvermögen – und damit die Liquidität – signifikant steigern. Zur kurzfristigen Senkung des Geldbedarfs wird das aktive Einsammeln von Außenständen notwendig sein.
Ein weiterer Werthebel ist die Optimierung von Investitionsausgaben. Eine optimierte Planung und Steuerung sowie die Rationalisierung von Prozessen kann die CapEx deutlich verringern.
Liquidität
25%könnte geschätzt der Liquiditätszuwachs betragen, wenn Abläufe im Rechnungswesen optimiert würden. Das wäre einer der stärksten Wertsteigerungshebel im operativen Bereich.
Operative Verbesserungen zügig einleiten
Im ersten Schritt gilt es, Bereiche herauszufiltern, die effizienter gestaltet werden können, und entsprechende Maßnahmen zu definieren. Auf dieser Basis kann nach Closing anschließend ein Wertsteigerungsprogramm aufgesetzt werden, das neben einem Zeitplan auch eine Prioritätenliste zur Umsetzung der Maßnahmen beinhalten sollte. Um nach Projektbeginn möglichst schnell messbare Erfolge zu erreichen, sollten frühzeitig Maßnahmen umgesetzt werden, die bei geringem Aufwand einen unmittelbaren Nutzen versprechen (Quick Wins). Der kalkulierte Gesamteffekt kann in der Kaufpreisbildung berücksichtigt werden.
Sowohl bei der Risikominimierung als auch der Realisierung der Werthebel fallen Einmalkosten an, die für jede Maßnahme separat budgetiert werden sollten. Im Sinne der Transparenz bietet sich eine Unterscheidung zwischen langfristigen CapEx für Investitionen in Maschinen, Anlagen und Digitalisierung und kurzfristigen Kosten (OpEx), zum Beispiel externe Beraterhonorare zur zügigen Umsetzung der definierten Maßnahmen, an.
Auf solider Informationsbasis über den Deal entscheiden
Die ODD ist aufgrund ihrer inhaltlichen Breite komplex – und häufig zeitkritisch. Die Ressourcen der Deal-Teams auf Käuferseite sind jedoch oftmals begrenzt. Sie müssen von der Bewertung über die Strukturierung der Transaktion bis hin zu den Kaufverhandlungen viele Aufgaben parallel erfüllen. Es hat sich bewährt, für die ODD externe Fachleute ins Boot zu holen. Diese Berater sollten idealerweise sowohl über Erfahrung in der Branche des Zielunternehmens oder auch verwandten Branchen als auch über funktionale Expertise in den relevanten Unternehmensbereichen verfügen.
Wichtig für den Erfolg ist das Verständnis von operativen, kommerziellen und finanziellen Zusammenhängen. Arbeiten die Teams für die Financial Due Diligence und die Operational Due Diligence integriert, ist gewährleistet, dass die Analysen auf gleicher Zahlenbasis erfolgen. Das macht die Informationen für den Investor transparent und vergleichbar. Zusätzlich ermöglicht ein integrierter Ansatz aus Commercial Due Diligence (CDD) und Operational Due Diligence eine holistische Bewertung des Geschäftsplans des Zielunternehmens, sowohl aus Kosten-, Cashflow- und CapEx-Perspektive im Rahmen der ODD als auch mit Blick auf Umsatz, Markt, Kunden und Wettbewerb im Rahmen der CDD.
Potenzielle Käufer können bereits nach zwei bis drei Wochen mit belastbaren Ergebnissen der Operational Due Diligence rechnen. Im Endeffekt erhalten Investoren noch vor dem Signing eine belastbare Einschätzung von Risiken, dem Aufwand zu deren Minimierung und den Möglichkeiten der operativen Leistungssteigerung ihres Zielunternehmens. Diese Erkenntnisse stärken die Entscheidungssicherheit und können bei der Kaufpreisfindung durch den Käufer einkalkuliert werden.
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Fazit
Basierend auf einer umfassenden Betrachtung betrieblicher Prozesse gibt die Operational Due Diligence Finanzinvestoren belastbares Material zur besseren Einschätzung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Zielunternehmens an die Hand. Die Aufbau- und Ablauforganisation werden geprüft, operative Risiken aufgedeckt und bewertet und die Skalierbarkeit des Geschäfts analysiert. Darüber hinaus werden bereits in der Due Diligence operative Wertsteigerungshebel identifiziert und quantifiziert. Dies ermöglicht es Investoren, ein attraktives Kaufangebot abzugeben, und sichert ihnen einen Wettbewerbsvorteil. Um die identifizierten Wertsteigerungspotenziale in der Haltephase ausschöpfen zu können, ist die konsequente Umsetzung der Werthebel nach Closing wesentlich.