3 Minuten Lesezeit 19 Dezember 2022
Albany Wind Farm

Wie ESG den Immobilienmarkt umkrempelt

Von Oliver Schweizer

Partner, Real Estate, Hospitality & Construction, EY Real Estate GmbH | Deutschland

Immobilien-Professional mit Schwerpunkt Transformation, Transaktion und Strategie; Freizeit bestimmt von der Familie mit zwei Söhnen; Hobbys: Skifahren, Architektur und Automobile.

Co-Autoren
3 Minuten Lesezeit 19 Dezember 2022

Der 3. ESG-Snapshot widmet sich mit einer Umfrage der nachhaltigen Transformation in der Immobilienwirtschaft.

Überblick
  • Artikel-9-Fonds und Impact-Strategien werden der neue Standard
  • Gebäudesektorziele mit bisherigem Set-up in Gefahr
  • 10-Stufen-Plan der Bundesregierung überzeugt

93Prozent der Immobilienmarktteilnehmer erwarten Green Premiums, also Preisaufschläge für taxonomiekonforme Produkte. Spiegelbildlich erwarten 89 Prozent Brown Discounts, also Preisabschläge für unter energetischen Gesichtspunkten mangelhafte Objekte. Das sind Ergebnisse des dritten „ESG-Snapshot“, für den EY Real Estate insgesamt rund 170 Personen befragt hat, die in verschiedensten Bereichen der Immobilienwirtschaft tätig sind.

Dass Nachhaltigkeitsaspekte direkte Auswirkungen auf Preise haben, wird am Immobilienmarkt kaum mehr bestritten. Allerdings liegt für die Ermittlung der Wertveränderung noch keine ausreichende Datengrundlage vor.

Gerade jetzt, wo sich der Markt aufgrund des gewandelten Zinsumfeldes und der geopolitischen Lage in einer Phase der Neuordnung befindet, spielen Erwartungen eine große Rolle und beeinflussen die künftige Preisstruktur.
Dirk Rathlev
Partner bei EY Real Estate

Nach Ansicht der Befragten bleibt in diesem Spannungsfeld die Kommunikation mit den Investoren etwa in Bezug auf die Renditeentwicklung bis hin zu einem Verzicht weiter eine wesentliche Herausforderung.

Artikel-9-Fonds und Impact-Strategien gehört die Zukunft

3. ESG-Snapshot

87 %

der Umfrageteilnehmer erwarten, dass Artikel-9-Fonds und Impact-Strategien zu neuen Marktstandards erhoben werden.

Fast ebenso viele Befragte (85 Prozent) erwarten einen Trend zur Leistungsbemessung anhand von Nachhaltigkeitskriterien wie etwa den Taxonomiequoten.

Passende und umsetzbare Regulatorik bleibt gefragt

Seit Inkrafttreten der Offenlegungsverordnung im März 2021 und dem Start der EU-Taxonomie im Januar 2022 haben sich bereits 76 Prozent der Befragten entsprechende Langfristziele bis 2045 oder 2050 gesetzt. 65 Prozent gaben an, dass sich die Bewirtschaftung ihrer Immobilien seither wesentlich verändert hat, wobei sich weniger als ein Drittel der Befragten durch die derzeit geltenden regulatorischen Anreize und Pflichten unterstützt sehen und diese für ausreichend halten, um die Ziele für den Gebäudesektor zu erreichen. Bemängelt wird darüber hinaus die fehlende Sicherheit hinsichtlich finanzieller Förderungen. 

Es ist bemerkenswert, dass sich bei gerade einmal rund der Hälfte der Befragten die Bewirtschaftung und im Übrigen auch das Ankaufsverhalten wesentlich verändert haben.
Dirk Rathlev
Partner bei EY Real Estate

Diese Diskrepanz zwischen tatsächlichem und erforderlichem Handeln gelte es aufzulösen. Der Quantifizierung der Risiken wie auch der Transformationsmaßnahmen komme dabei eine große Bedeutung zu.

Mehrheitlich werden sogar Ergänzungen der EU-Regulatorik gewünscht: 79 Prozent der Befragten sehen die Notwendigkeit für ein Klassifikationssystem sozialer Faktoren („social taxonomy“) und 69 Prozent melden Bedarf für ein Klassifikationssystem, um „grüne“, „neutrale“ und „braune“ Investitionen („extended taxonomy“) zu unterscheiden. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer erwartet, dass die nicht-finanzielle Berichterstattung (CSRD) die Markttransparenz sinnvoll erhöhen wird. 

Albany Wind Farm

EY Real Estate - ESG Snapshot III, November 2022

93 Prozent der Immobilienmarktteilnehmer erwarten Green-Premiums, also Preisaufschläge für taxonomiekonforme Produkte. Spiegelbildlich erwarten 89 Prozent Brown-Discounts, also Preisabschläge für unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten mangelhafte Objekte.

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Ambivalenter Blick auf Eigentümerbeteiligung an CO2-Kosten

Mit dem sogenannten 10-Stufen-Plan der Bundesregierung sollen Wohnungsvermieter künftig finanziell auf der Basis der CO2-Äquivalent-Werte ihrer Gebäude an der CO2-Abgabe beteiligt werden. 68 Prozent der Befragten halten das für einen wirkungsvollen Anreiz zur energetischen Sanierung. Während knapp die Hälfte die zu erwartenden Kosten für vernachlässigbar hält, gaben 61 Prozent an, diese ab dem Jahr 2025 noch gar nicht berechnet zu haben. Eine deutliche Mehrheit (78 Prozent) erwartet, dass eine analoge Regelung auch für das Gewerbesegment kommen wird.

Fazit

Zum dritten Mal haben wir die Branche für unseren ESG-Snapshot befragt. Die wesentlichen Ergebnisse: Künftig werden wir wohl Preiseffekte durch energetisch relevante Gebäudeeigenschaften sehen. Artikel-9-Fonds und Impact-Strategien werden zum neuen Marktstandard. Der 10-Stufen-Plan der Bundesregierung überzeugt den Markt zwar, die Erreichung der Gebäudesektorziele droht im derzeitigen Set-up dennoch zu scheitern.

Über diesen Artikel

Von Oliver Schweizer

Partner, Real Estate, Hospitality & Construction, EY Real Estate GmbH | Deutschland

Immobilien-Professional mit Schwerpunkt Transformation, Transaktion und Strategie; Freizeit bestimmt von der Familie mit zwei Söhnen; Hobbys: Skifahren, Architektur und Automobile.

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