Der Kryptowährungsmarkt hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt und die allgemeine Erwartung ist, dass die Bedeutung dieser Anlageklasse in Zukunft nur noch zunehmen wird.
Neben den eigentlichen Anlegern und den Tauschbörsen existiert in diesem Bereich mittlerweile ein sehr umfassendes Ökosystem mit vielen verschiedenen Marktteilnehmer und ihren spezifischen Rollen wie z.B. Brokern, Ver- und Entleihern oder OTC-Händlern, was sowohl die große Innovationskraft als auch die zunehmende allgemeine Akzeptanz dieser Anlageklasse belegt. Auch kann beobachtet werden, dass die Grenzen zwischen dem „originären“ Kryptowährungsmarkt und den „traditionellen“ Finanzmärkten zusehends verschwimmen, sowohl was die Anlageinstrumente als auch die Infrastruktur des gesamten Kryptowährungsökosystems angeht. So bieten z.B. traditionelle Broker oder Depotbanken auch Anlagen in bzw. Aufbewahrung von Kryptowährungen an.
Deutschland hinkt dieser globalen Entwicklung etwas hinterher, allerdings nimmt die Entwicklung, sowohl im Hinblick auf die regulatorischen Rahmenbedingungen als auch bei der Handelsinfrastruktur immer stärker die Fahrt auf. So bieten beispielsweise mit Trade Republic und N26 zwei der wertvollsten deutschen Start-ups inzwischen auch Investments in Kryptowährungen an. Ferner hat die Deutsche Börse kürzlich den Kauf der Schweizer Crypto Finance AG, die institutionellen und professionellen Kunden Handel, Aufbewahrung und Investitionen in digitale Vermögenswerte anbietet, bekannt gegeben. Die Regionalbörse Stuttgart betreibt bereits eine Kryptowährungsbörse namens Bison.
Während die regulatorischen Rahmenbedingungen und die geldwäscherechtlichen Vorschriften bereits klare Konturen annehmen (die Regulierung des Kryptowährungsgeschäfts wurde im Rahmen der Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie eingeführt), besteht im steuerrechtlichen Bereich noch erheblicher Klärungs- und Regelungsbedarf. Dies betrifft insbesondere die folgenden zwei Fragen:
(i) Wie werden Kryptowährungen auf der Ebene einzelner Anleger besteuert?
(ii) Wie kann eine Überprüfung der vollständigen Besteuerung durch die Finanzverwaltung sichergestellt werden („Steuertransparenz“)?
Zur Frage der Anlagerbesteuerung ist anzumerken, dass das Bundesfinanzministerium erfreulicherweise kürzlich den ersten Entwurf eines Leitfadens zur Besteuerung digitaler Währungen und Token veröffentlicht hat, der die Ansicht der Finanzverwaltung bezüglich der direkten Investments in Kryptowährungen darlegt. Dies soll die Unsicherheiten im Rahmen der direkten Investments reduzieren, auch wenn einige Ansichten der Finanzverwaltung umstritten sind.
Allerdings können die Investments nicht nur direkt, sondern auch indirekt über verschiedene Formen der „traditionellen“ Finanzinstrumente wie Tracking-Notes, Knock-Out Zertifikate oder ETFs erfolgen. Da die Steuerfolge, je nach Investmentform sehr unterschiedlich sein können, sollten diese aufgrund ihres erheblichen Einflusses auf die Netto-Rendite in die Investitionsentscheidung unbedingt immer miteinbezogen werden.
Die nachfolgende Tabelle fasst zur Veranschaulichung der Komplexität der Besteuerung die derzeit soweit ersichtlich wohl im Markt vorherrschende Meinung über die Besteuerung von Krypto-Investments aus der Sicht der deutschen Privatanleger zusammen. Die steuerlichen Folgen für die gewerblichen bzw. institutionelle Anleger, sowie die Besteuerung von Mining, Staking oder Lending von Kryptowährungen werden der Übersichtlichkeit halber außen vorgelassen.