6 Minuten Lesezeit 19 Februar 2020
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Warum Transaktionen ohne Recht und Steuern nicht erfolgreich sind

Autoren
Annedore Streyl

Managing Partner Legal Compliance & Integrity

Sieht die Aufhebung der Grenzen zu anderen Beratungsbereichen als Zukunft der Rechtsberatung. Lebt mit Mann und drei Kindern aus Überzeugung in Berlin.

Karl-Christopher Erkrath

Partner Private Equity Transaktionssteuern EY Tax GmbH Steuerberatungsgesellschaft | Deutschland

Ist ein gefragter Spezialist für Transaktionen und betreut weltweit führende Unternehmen und Finanzinvestoren.

6 Minuten Lesezeit 19 Februar 2020

Absichern vor und nach dem Deal: Die Minimierung steuerlicher und rechtlicher Risiken kann den Erfolg einer Transaktion bestimmen.

Das Zielunternehmen ist anvisiert? Wunderbar. Die Finanzierung läuft? Grandios. Die Integrationsstrategie steht? Klasse. Dann kann kaum noch etwas schiefgehen bei der Akquisition? Leider falsch. Denn schiefgehen kann noch einiges, vor allem, wenn eine steuerliche und rechtliche Strukturierung fehlt oder stiefmütterlich behandelt wird. Da in beiden Bereichen viele Zahnräder ineinander greifen, lauert enormes Fehlerpotenzial. Denn hakt es an einer Stelle, ruckelt die gesamte Kette, oder reißt im schlimmsten Fall komplett auseinander.

Für den steuerlichen wie für den rechtlichen Bereich gilt: Hakt es an einer Stelle, ruckelt die gesamte Kette, oder reißt im schlimmsten Fall komplett auseinander.
Dr. Annedore Streyl
Managing Partner Legal Compliance & Integrity

Jede Transaktion verfolgt strategische, wirtschaftliche und steuerliche Interessen. Der Käufer will einen möglichst geringen Kaufpreis bezahlen und den finanziellen Aufwand so schnell wie möglich einkommensmindernd geltend machen. Durch Fehler im Ablauf einer Akquisition unnötig Steuern zu zahlen, ist ärgerlich und belastet die Bilanz. Im schlimmsten Fall steht das Gelingen der Transaktion auf dem Spiel. Sich steuerlich und rechtlich abzusichern, wird deshalb zum Fundament des Erfolgs.

Jede Transaktion individuell betrachten

Beim Herangehen an die Steuer- und Transaktionsstruktur sind zwei Ansatzpunkte wichtig:

  • Punkt 1: Es kommt drauf an – die klassische Steuerberater-Antwort.
  • Punkt 2: Was ist die Transaktionsstrategie?

Punkt 1 klingt vielleicht überraschend, trifft aber ein Faktum, das oft im Eifer einer Transaktion aus den Augen verloren wird: Jeder Deal ist anders. Jeder Käufer, jeder Verkäufer, jedes Target hat seine eigenen individuellen  Anforderungen. Das muss im Blickfeld stehen. Zum Beispiel hat ein sogenannter Stratege  grundlegend andere Anforderungen als ein Private-Equity-Investor. Wenn ein Stratege ein Unternehmen kauft, dann will er es in der Regel in seine Gruppe integrieren und geht meist von einer deutlich längeren Halteperiode aus als ein PE-Investor. Der möchte meist nur einige wenige Jahre halten und dann mit möglichst viel Gewinn wieder verkaufen, ggf. nachdem er noch weitere passende Unternehmen dazugekauft hat (Buy-and-Build-Strategie).

Haben wir es mit einem Share Deal oder einem Asset Deal zu tun? Welche Themenbereiche wurden in der Due Diligence identifiziert und wie kann hiermit post-closing umgegangen werden?
Karl-Christopher Erkrath
Partner Private Equity Transaktionssteuern EY Tax GmbH Steuerberatungsgesellschaft | Deutschland

Ein anderes Beispiel: Erwirbt ein Unternehmen ein anderes, hat das auf Käuferseite Auswirkungen bilanzieller und steuerlicher Art. Welche das sind, hängt vor allem davon ob, ob  wir es mit einem Share Deal oder einem Asset Deal zu tun haben. Geht die Transaktion als Asset Deal über den Tisch, sind die gekauften Wirtschaftsgüter zu bilanzieren. Den Betrieb führt der Käufer in einer neuen Gesellschaft fort. Das heißt, dass einzelne Vermögensgegenstände wie Betriebsmittel, Lizenzen, Patente, Miet- oder Vertriebsverträge im Rahmen von Einzelübertragungen erworben und auf der Käuferebene abgeschrieben werden. Er haftet dabei mit einer zeitlichen Begrenzung lediglich für die Betriebssteuern des Unternehmens, wie Umsatz- und Gewerbesteuer. 

Das ist vom steuerlichen und rechtlichen Setup her eine ganz andere Perspektive als beim Share Deal. Hier erwirbt der Käufer Anteile am Target und übernimmt damit wirtschaftlich sämtliche steuerliche Verpflichtungen aus der Vergangenheit, die rechtlich beim Target bleiben

Spannend wird es auch, wenn es um internationale Deals geht: Dreht sich alles um einen komplett neuen Geschäftsbereich oder ist das Unternehmen bereits in 20 Ländern vertreten und dabei, das 21. Land in die Gruppe einzugliedern? Diese Unterscheidungen müssen genau analysiert werden – unter anderem eine wichtige Aufgabe der Due Diligence.

Ohne Strategie bringt die beste Struktur nichts

Punkt 2 – Was ist die Transaktionsstrategie? – ist eines der wichtigsten Themen überhaupt. Denn: Wer keine Strategie hat, dem bringt auch die beste Struktur nichts. Wenn es um Steuern geht, laufen alle Beteiligten salopp gesagt immer dem Geld hinterher. Das ist auf Käufer- wie Verkäuferseite gleich. Ziel ist, immer die besten Konditionen herausarbeiten und sich für die Zukunft absichern. Vor allem unerwartete Zahlungen sollen vermieden werden. Deshalb muss immer die Frage gestellt werden: Was ist die Transaktionsstrategie? Denn wer in der Strategie Lücken hat und hinterher etwas flicken muss, riskiert beispielsweise zwei, drei oder gar vier Mal Grunderwerbssteuer auszulösen. 

Kapital für die Transaktion aufzubringen, ist nicht die Aufgabe der Steuerverantwortlichen – sie arbeiten mit dem, was da ist, und kümmern sich darum, wie es untergebracht wird. Deshalb wird die Finanzierung zunächst auf der großen, strategischen Ebene betrachtet. Wie finanziert der Käufer die Transaktion? Hat er Eigenkapital oder muss er Fremdkapital aufnehmen? Meistens ist es eine Mischung. Beim Fremdkapital muss dann wiederum erörtert werden, wie man es später absetzt. 

Der Strategie die richtige Struktur zu geben, ist die Aufgabe der Steuer- und Rechtsexperten, die hierbei Hand in Hand arbeiten. Der Steuerexperte bestimmt meist die für die Strategie maßgebliche Struktur. Der Rechtsexperte liefert Input zu den relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen und setzt die Struktur in Verträge um. Dabei geht es natürlich nicht nur um Steuern, sondern auch um sonstige rechtliche Risiken, wie z. B. die Haftung für Gewährleistungen.

Zusammenfluss von Steuer- und Rechtsstruktur

Bei einem guten Workflow fließen Steuern und Recht, Strategie, Timing und Kommunikation deshalb zu einer Einheit zusammen. Auf der rechtlichen Seite gibt es viele Kontaktpunkte, die herausgearbeitet und konkret abgesichert werden müssen, damit es später nicht nur im steuerlichen Bereich, sondern auch sonst nicht zu Überraschungen kommt. Da Unternehmenstransaktionen allerdings oft in Form von strukturierten Auktionsverfahren durchgeführt werden, kann die Zeit für die Umsetzung knapp sein. Trotzdem sollte immer im Vordergrund stehen: Je früher strategisch geplant wird, desto reibungsloser läuft es und desto sicherer ist das rechtliche Gerüst.

Hier gilt:

  • Punkt 1: Besonderheiten der betreffenden Transaktion berücksichtigen
  • Punkt 2: Identifikation der Transaktionsrisiken in darauf zugeschnittenen Transaktionsdokumenten
  • Punkt 3: Zusammenführung der verschiedenen Workstreams 

Bei Punkt 1 gibt es aus rechtlicher Sicht viele verschiedene Faktoren, die eine Rolle spielen können, wie kartellrechtliche oder außenwirtschaftsrechtliche Beschränkungen beim Erwerb des Unternehmens, umwelt- und genehmigungsrechtliche Risiken, Umstrukturierungserfordernisse, die arbeitsrechtliche oder regulatorische Seite oder ein Migrationsprozess im Bereich IT. Verträge müssen angepasst und übertragen, neue Finanzierungen aufgesetzt und alte abgelöst werden. Auch hier kommt es auf die Art der Transaktion an. Die Hauptherausforderung besteht darin, früh zu erkennen: Wo sind die relevanten Risiken für den jeweiligen Fall? Und wie lang werden die relevanten Prozesse etwa dauern? Gibt es sogenannte Showstopper?

Die Due Diligence wird zum wichtigen Faktor, um mögliche Probleme zu identifizieren und frühzeitig Lösungen zu erarbeiten – damit der Käufer am Ende erhält, was er erwartet.
Dr. Annedore Streyl
Managing Partner Legal Compliance & Integrity

Punkt 2: Risiken zu antizipieren, ist zentral für einen erfolgreichen Transaktionsprozess. Es geht um steuerliche oder rechtliche Themen, oft gilt es aber auch, operative Risiken auf der Produktseite zu beachten. Wie viel Risikobereitschaft zeigt der Käufer? Und wie sieht es mit erforderlichen Genehmigungen oder Grenzwerten aus? Denn jeder Sektor hat seine eigenen Risiken. Vor allem Unternehmen, die sich im sogenannten regulierten Bereich – wie Energie, Pharma, Versicherungen oder Banken – bewegen, müssen regulatorische Veränderungen im Blick behalten. Die Due Diligence wird zum wichtigen Faktor, um mögliche Probleme zu identifizieren und frühzeitig Lösungen zu erarbeiten – damit der Käufer am Ende erhält, was er erwartet. 

Punkt 3 betrifft die Aufgabe der rechtlichen Berater, in der Vertragsdokumentation alle Workstreams im erforderlichen Umfang abzubilden. Dies gilt beispielsweise für die finanziellen Aspekte in entsprechenden Kaufpreisregelungen und die steuerlichen Aspekte in der richtigen vertraglichen Umsetzung der steuerlichen Transaktionsstruktur und einem vertraglichen Schutz vor steuerlichen Risiken, die der Käufer nicht übernehmen will. Die Berücksichtigung von Arbeitnehmerbelangen oder gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen können hinzukommen. Gerade Arbeitnehmerbelange spielen eine große Rolle und können zum Dealbreaker werden. 

Zum Erfolg einer Transaktion führt letztendlich die Fähigkeit, alle Workstreams möglichst nahtlos miteinander zu verflechten. Denn das Ziel ist: Die Vorgaben der Workstreams durch den ganzheitlichen Transaktionsansatz rechtlich adäquat umzusetzen. Und wenn die in der Due Diligence identifizierten Risiken in den Transaktionsdokumenten rechtlich berücksichtigt werden, ist der Weg zur Akquisition geebnet.

Fazit

Fehlt bei der geplanten Akquisition eine steuerliche und rechtliche Strukturierung, steht die gesamte Transaktion auf wackeligen Beinen: Eine konsequente Begleitung in beiden Bereichen wird zum Fundament des Erfolgs.

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