6 Minuten Lesezeit 15 Juni 2023
Techniker bei der Programmierung eines menschlichen Roboters über einen Tablet-PC in der Werkstatt

Wie ChatGPT den Wert Ihres Unternehmens steigern kann

Von Melchior Ballreich

Director Private Equity Sector, Tech Value Creation, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Director in der „Private Equity/Corporate Tech Value Creation“-Praxis bei EY Deutschland; begeistert sich für technologiegetriebene Business-Restrukturierung.

6 Minuten Lesezeit 15 Juni 2023

KI-basierte Chatbots können mehr als nur mit Kunden kommunizieren. Gerade im Private-Equity-Bereich schlummert großes Potenzial.

Überblick
  • ChatGPT kann Unternehmen bei Routinetätigkeiten entlasten, Markt- und Datenrecherchen generieren und sogar neue Produktdesigns entwickeln.
  • Im Private-Equity-Bereich können KI-basierte Chatbots die Analyse und Auswahl von Investitionsobjekten unterstützen und deren Wert steigern.
  • Der Einsatz von KI-Modellen erfordert ethische Überlegungen und Grundsätze.

Wer Nachrichten liest, kam zuletzt an ChatGPT nicht vorbei. Der Chatbot kann dank künstlicher Intelligenz (KI) mit teils erstaunlicher Präzision Texte erstellen und übersetzen. In Unternehmen können KI-Chatbots mit Kunden kommunizieren, Prozesse automatisieren, Programmiercodes schreiben oder den Zugriff auf Wissen erleichtern. Beteiligungsgesellschaften hilft die Technologie, eine bessere Auswahl zu treffen und die Effizienz von Portfoliounternehmen zu steigern. Lesen Sie, was ChatGPT kann, ob die Konkurrenz aufholt und warum die KI mehr als ein kurzer Hype ist.

Wie ChatGPT funktioniert

ChatGPT basiert auf dem Generative Pre-Trained Transformer (GPT), einem Sprachmodell, das mithilfe von künstlicher Intelligenz entwickelt wurde. Es trainiert mit Milliarden von Daten aus unterschiedlichen Quellen. Dabei lernt es etwa, wie Sätze und Wörter zueinander in Beziehung stehen, erkennt Muster und Zusammenhänge und kann daraus die Reihenfolge der Wörter in einem Satz schlussfolgern. Die neueste Version reagiert auch auf Bilder.

OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, hat eine Partnerschaft mit Microsoft. Auf deren Cloud-Computing-Plattform Azure läuft ChatGPT in der Cloud. Unternehmen können Azure nutzen, um KI-Modelle und Chatbot-Funktionen zu hosten und zu integrieren.

Private Anwender nutzen ChatGPT kostenlos über den Webbrowser. Unternehmen können das Modell mit erweiterten Funktionen, größerer Kapazität und Datenschutz entweder nutzungsbasiert zahlen oder im Abo.

Holt die Konkurrenz nur auf oder auch ein?

Jenseits von des GPT von OpenAI gibt es zahlreiche KI-Chatbot-Plattformen und -Tools, die teilweise auf bestimmte Aufgaben und Branchen zugeschnitten sind. Die großen Player auf dem Markt sind die bekannten US-amerikanischen Tech-Giganten Meta, Google und Amazon, auch wenn deren Sprachmodelle nicht so weit verbreitet sind. Neben einigen Nischenanbietern in Europa arbeiten auch chinesische Konzerne wie Tencent und Alibaba an Lösungen.

Doch wie gut ist die Konkurrenz? Zwar meistert ChatGPT verschiedene Aufgaben wie Texte vervollständigen, übersetzen, Fragen beantworten und Codes generieren recht präzise mit wenigen Fehlern. Dennoch schnitt Google Palm zuletzt bei englischen Aufgaben beim Leseverständnis, logischem Denken und Schlussfolgerungen besser ab. Dank seiner Suchmaschinenerfahrung werden auch Meta Sphere große Chancen eingeräumt. Mit präzisen Antworten konnte auch Amazon überzeugen. Der Markt ist also im rasanten Wandel und trotz des aktuellen Vorsprungs von ChatGPT ist die Konkurrenz diesem Chatbot auf den Fersen.

Kritikpunkte an ChatGPT

Obwohl ChatGPT ein leistungsfähiges KI-Modell ist, gibt es auch einige Kritikpunkte. Die häufigsten sind die folgenden:

  1. Falsche oder voreingenommene Antworten: ChatGPT kann ungenaue oder irreführende Antworten liefern, wenn die Trainingsdaten Fehler oder Vorurteile enthalten – ein häufiges Problem bei allen Modellen zum maschinellen Lernen, das im Laufe der Zeit durch kontinuierliches Training gemildert werden kann.
  2. Ethik und Datenschutzprobleme: ChatGpt wurde in einigen Ländern wie Italien aufgrund von Datenschutzbedenken und politischen Restriktionen blockiert. Während OpenAI ankündigte, personenbezogene Daten beim Training der Systeme zu reduzieren, und erklärte, die DSGVO-Normen einzuhalten, prüfen Politiker weltweit Regeln zur Anwendung von KI-Technologien.
  3. Begrenzte Fähigkeit zur kritischen Analyse: ChatGPT kann Texte generieren, die glaubwürdig erscheinen, aber möglicherweise nicht auf verifizierten Fakten oder fundiertem Wissen basieren.

Die Einführung neuer Technologien erfordert sorgfältige Überlegungen und Leitlinien zu Datenschutz, Sicherheit, ethischen und rechtlichen Aspekten.

Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT in Portfoliounternehmen 

Die rasante Entwicklung von künstlicher Intelligenz eröffnet Unternehmen eine Fülle neuer Werkzeuge und Möglichkeiten:

  1. Intelligenter Kundenservice: ChatGPT kann Kundenanfragen beantworten, Informationen bereitstellen und Problemlösungen anbieten. Das macht den Kundenservice effizienter und bietet den Nutzern eine personalisierte und schnelle Hilfe.
  2. Marketing und Vertrieb fördern: ChatGPT kann bei der Marktforschung unterstützen, Inhalte für Websites, Blogs und Social Media in verschiedenen Sprachen generieren, Videoscripte erstellen und Kunden Produkte oder Services empfehlen.
  3. Effiziente Produktion: ChatGPT kann helfen Daten von Maschinen zu analysieren und die vorausschauende Wartung empfehlen, um kostspielige Ausfallzeiten zu vermeiden. Darüber hinaus kann künstliche Intelligenz helfen, neue Produktdesigns zu entwerfen oder Prozesse bis zur Lieferkette zu optimieren.
  4. Zugriff auf internes Wissen: Unternehmenswissen wird oft in riesigen Datenbanken gesammelt. ChatGPT kann helfen, die Daten effizienter zu verwalten und die benötigten Informationen schneller zu finden.
  5. Personalfunktion automatisieren: In der Personalabteilung lassen sich viele Aufgaben rationalisieren und automatisieren. Für Stellenbesetzungen und Bewerbungsgespräche lassen sich Interviewfragen generieren, Kandidaten suchen und Stellenanzeigen erstellen. Intelligente Chatfunktionen können häufige Fragen zu Gehalt, Urlaub oder Teilzeit beantworten. EY etwa hat einen Chatbot für die Gehaltsabrechnung entwickelt, der auf umfangreiche Compliance-Daten zurückgreift. Die Lösung soll den Aufwand für die Gehaltsabrechnung um die Hälfte reduzieren. EY bietet die Lösung als Managed Service an, um Kunden bei der Automatisierung von Gehaltsabrechnungen zu unterstützen.
  6. Betrug und Risiken prognostizieren: Für erste Investitionsrecherchen, Betrugs- und Risikobewertungen sowie als Finanzberater können Chatbots große Datensätze analysieren, Muster erkennen und bei Prognosen helfen, um eine fundiertere Entscheidung zu treffen.
  7. Softwareentwicklung: ChatGPT kann für das Schreiben komplexer Programmcodes, die Dokumentation in verschiedenen Sprachen, das Erkennen von Fehlern und Codeüberprüfungen verwendet werden. Es kann unstrukturierte in strukturierte Daten umwandeln, SQL-Abfragen aus Text generieren oder Leistungstests durchführen.
  8. Persönlicher KI-Assistent: Entwürfe erstellen, Sätze umformulieren, Passagen kürzen, Informationen zusammenfassen oder Inhalte übersetzen.

Bei alltäglichen Büroaufgaben kann ChatGPT die Mitarbeitenden von Routinetätigkeiten entlasten und Zeit sparen. Hilfreich können auch die Terminplanung oder Protokolle von Besprechungen für verschiedene Empfänger sein.

Die Liste ist längst nicht vollständig und die rasante Entwicklung der Technik ermöglicht viele weitere Anwendungen.

ChatGPT kann im Private-Equity-Sektor unterstützen

Im Private-Equity-Sektor kann ChatGPT eingesetzt werden, um den Wertzuwachs und die Effizienz der Portfoliounternehmen zu steigern. Hier einige Beispiele:

  1. Due Diligence: Bei Due-Diligence-Prüfungen kann ChatGPT helfen, große Mengen an Dokumenten und Daten zu analysieren. Es kann relevante Informationen extrahieren, zusammenfassen und potenzielle Risiken oder Chancen aufzeigen.
  2. Markt- und Wettbewerbsanalysen: ChatGPT kann umfangreiche Marktrecherchen durchführen, Daten sammeln, Trends analysieren, Wettbewerbslandschaften bewerten und Investitionsmöglichkeiten identifizieren.
  3. Automatisierung von Berichterstattung und Analysen: Chatbots können helfen, die Berichterstattung und Analyse von Portfoliounternehmen zu automatisieren. Sie sammeln und überwachen Daten aus verschiedenen Quellen und generieren automatisch Berichte.
  4. Verbesserung des Deal-Screening-Prozesses: ChatGPT kann den Deal-Screening-Prozess effizienter gestalten, indem es relevante Informationen aus Unternehmenspräsentationen, Finanzberichten und anderen Quellen extrahiert, um potenzielle Investitionen zu bewerten.
  5. Unterstützung bei der Wertsteigerung: ChatGPT kann durch optimierte Geschäftsprozesse, identifizierte Kosteneinsparmöglichkeiten oder entwickelte Wachstumsstrategien die Wertsteigerung der Portfoliounternehmen unterstützen.
  6. Unternehmenskommunikation und Investor Relations: ChatGPT kann die Kommunikation mit Investoren und Stakeholdern verbessern, indem es häufig gestellte Fragen beantwortet und Informationen über das Portfolio-Unternehmen bereitstellt.

Insbesondere für den Private-Equity-Sektor bieten KI-basierte Technologien enormes Potenzial. Unternehmen können die Sprachmodelle von ChatGPT mit spezifischen Datensätzen für Bereiche wie Finanzen, Lieferkette, Fertigung, Medizin oder Recht trainieren, um die Genauigkeit und Relevanz zu verbessern.

Insbesondere für den Private-Equity-Sektor bieten KI-basierte Technologien enormes Potenzial.

Die Einführung neuer Technologien erfordert sorgfältige Überlegungen und Leitlinien zu Datenschutz, Sicherheit, ethischen und rechtlichen Aspekten. Mit den richtigen Anwendungsfällen kann die KI jedoch die Geschäftsstrategie von Unternehmen vorantreiben. EY verfügt über tiefgehende Expertise bei der Definition geeigneter KI-Strategien. Die spezialisierten Teams von EY für maschinelles Lernen unterstützen Unternehmen bei der Auswahl der richtigen Tools, der Einführung einer schlanken Datenverwaltung, der Datenbeschaffung und der Entwicklung von Schnittstellen, um die immer umfangreicheren Möglichkeiten bestmöglich zu nutzen.

  • Co-Autor: Pranav Prakash

    Pranav Prakash ist ein Associate Manager des Bereichs Strategy and Transactions. Er is fokussiert auf Tech Strategy, Digital Value Creation, Tech Due Diligences, und Commercial Due Diligences

Fazit

ChatGPT hat in den letzten Monaten für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Der Chatbot kann dank künstlicher Intelligenz vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bieten – von der effizienten Kundenkommunikation über die Prozessautomatisierung bis hin zur Erstellung von Programmiercodes. Im Private-Equity-Sektor kann ChatGPT bei Due-Diligence-Prüfungen, Marktanalysen und der Automatisierung von Berichterstattung unterstützen. Mit sorgfältigen Überlegungen zu Datenschutz, Sicherheit, Ethik und rechtlichen Aspekten kann die Einführung von ChatGPT und ähnlichen KI-Chatbots die Geschäftsstrategie von Unternehmen maßgeblich vorantreiben.

Über diesen Artikel

Von Melchior Ballreich

Director Private Equity Sector, Tech Value Creation, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Director in der „Private Equity/Corporate Tech Value Creation“-Praxis bei EY Deutschland; begeistert sich für technologiegetriebene Business-Restrukturierung.