5 Minuten Lesezeit 24 Januar 2023

Der europäische Green Deal – Investitions- und Regulierungstreiber für mehr Nachhaltigkeit

Das Gesundheitswesen ist heute auf vielen Ebenen mit den Folgen eines nicht nachhaltigen Wirtschaftens konfrontiert. Viele Unternehmen tragen bereits mit innovativen Lösungen und einer Vielzahl an Patentanmeldungen in den Bereichen Biotechnologie, Medizintechnik und Telemedizin zur Bekämpfung der Symptome bei.

Um nicht nur Symptome zu lindern, möchte die Europäische Union die Ursache einer Vielzahl der Probleme bekämpfen: den menschengemachten Klimawandel. Mit dem europäischen Green Deal soll der Übergang zu einer Wirtschaft gelingen, die bis 2050 keine Nettotreibhausgase mehr ausstößt und ihr Wachstum von der Ressourcennutzung abkoppelt. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt die EU Investitionen in Billionenhöhe bereit. Mit dem Green Deal gehen aber auch klare regulatorische Vorgaben für Real- und Finanzwirtschaft einher, die im Gesundheitswesen vor allem große Unternehmen betreffen.

Ambitionierte Nachhaltigkeitsberichterstattung mit Prüfungspflicht
So müssen Unternehmen aus dem Gesundheitswesen, die derzeit bereits unter die Corporate-Social-Responsibility-Berichtspflicht (CSR-RUG) fallen, ab dem Geschäftsjahr 2024 deutlich ambitioniertere Berichtsanforderungen nach den neuen Anforderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erfüllen und aufgrund der miteingeführten Prüfungspflicht eine begrenzte Prüfungssicherheit erlangen. Konkretisiert wird die CSRD durch die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), deren Veröffentlichung für Q2/2023 angekündigt ist.

Die Unternehmen müssen dabei unter anderem Auskunft über ihre direkten und indirekten Treibhausgasemissionen (Scopes 1 bis 3), die Arbeitsbedingungen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette und die Zusammensetzung und Diversität der Verwaltungs-, Management- und Aufsichtsorgane geben – um nur jeweils eine Kennzahl der über 100 sektorübergreifenden „Disclosure Requirements“ in den Bereichen Environment, Social und Governance (ESG) zu nennen.
Im zweiten Schritt erweitert sich der Anwenderkreis ab dem Geschäftsjahr 2025 auf alle großen Kapitalgesellschaften, die am Bilanzstichtag mindestens zwei von drei Größenmerkmale erfüllen: mehr als 20 Millionen Euro Bilanzsumme und/oder mehr als 40 Millionen Euro Nettoumsatzerlöse und/oder mehr als 250 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt. Damit kommen im Gesundheitswesen nun auch auf nicht kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften wie etwa GmbHs erstmals Transparenzanforderungen im Bereich Nachhaltigkeit zu. Bis zu diesem Zeitpunkt sind zudem auch die sektorspezifischen Berichtsstandards der ESRS veröffentlicht, die noch einmal zusätzlich spezifische Anforderungen für das Gesundheitswesen beinhalten.
Im dritten Schritt komplementieren ab dem Geschäftsjahr 2026 kleine und mittelgroße kapitalmarktorientierte Unternehmen den Anwenderkreis der CSRD, deren finale Verabschiedung durch das EU-Parlament für Herbst 2022 erwartet wird. Damit sind von der neuen CSRD zukünftig ca. 49.000 Unternehmen in der EU betroffen.

Taxonomie soll nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten ausweisen
Mit diesen ambitionierten Transparenzanforderungen an die Realwirtschaft möchte die EU eine größtmögliche Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen erreichen. Um zudem private Investitionsströme aus dem Finanzsektor in Unternehmen mit nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten zu leiten, hat die EU die CSRD als „Paketlösung“ mit der EU-Taxonomie-Verordnung verabschiedet. Anhand dieses Klassifizierungssystems sollen Unternehmen ausweisen können, ob ihre Wirtschaftsaktivitäten positiv zu einem der sechs Umweltziele (Klimaschutz, Klimawandelanpassung, Wasserressourcen, Kreislaufwirtschaft, Verschmutzungsvermeidung sowie Biodiversität) beitragen, ohne eines der fünf anderen Umweltziele erheblich zu beeinträchtigen. Diese Angaben müssen alle Anwender der CSRD für die drei Taxonomie-KPIs Umsatz, CapEx (Investitionsausgaben) und OpEx (Betriebsausgaben) machen.

Fazit

Der Green Deal wird auch für das Gesundheitswesen einiges ändern. Auch Krankenhäuser müssen sich dann anhand des Klassifizierungssystems messen lassen. Dafür ist eine langfristige Umstrukturierung maßgebend.