4 Minuten Lesezeit 3 Februar 2023
Ampel am Potsdamer Platz

Welche Chancen und Risiken das Jahressteuergesetz 2022 mit sich bringt

Autoren
Dr. Andreas S. Bolik

Partner, Steuerberater, National Office Tax, EY Tax GmbH Steuerberatungsgesellschaft | Deutschland

Ist ein analytischer Kopf und kreativer Berater mit ganzheitlichem Ansatz und gefragter Referent bei Webcasts, Podcasts, Vortragsveranstaltungen. Verfasser vielfältiger Gutachten und Stellungnahmen.

Roland Nonnenmacher

Director, Tax, EY Tax GmbH Steuerberatungsgesellschaft | Deutschland

Director, Head of Tax Policy Germany, National Office Tax, EY WPG, Deutschland; begleitet die Steuerpolitik im Zentrum Berlins an der Schnittstelle von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung

4 Minuten Lesezeit 3 Februar 2023

Das Jahressteuergesetz 2022 setzt eine Reihe von Neuerungen für Unternehmen und Privatpersonen um.

Überblick

  • Unternehmer und Privatpersonen müssen sich aufgrund des Jahressteuergesetzes 2022 auf zahleiche neue Regelungen einstellen.
  • Es empfiehlt sich zu prüfen, wer von den Neuregelungen profitieren kann.
  • Eine Reihe von Änderungen, etwa bei Umsätzen im Zusammenhang mit kleineren Photovoltaikanlagen, kann Anpassungen im Abrechnungswesen und in der Buchhaltung erfordern. 

Das Jahressteuergesetz 2022 enthält notwendige Anpassungen an EU-rechtliche Vorgaben sowie Reaktionen auf nationale Gesetzesänderungen und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Die Koalition hat das Jahressteuergesetz 2022 darüber hinaus genutzt, um Anpassungen zur Beschleunigung der Energiewende und zur Verfahrensvereinfachung umzusetzen. Ein Aspekt im Jahressteuergesetz 2022 sind daher steuerliche Maßnahmen zum Klimaschutz wie umfassende Steuererleichterungen für Photovoltaikanlagen oder die verlängerte Sonderabschreibung für energieeffizienten Mietwohnungsneubau. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll mit höherem Tempo voranschreiten, von bürokratischen Hürden befreit und auf möglichst viele Sektoren ausgeweitet werden. Auch private Hauseigentümer können von den Neuerungen profitieren. 

Außerdem will der Gesetzgeber das Steuerrecht an die Corona-bedingt veränderte Arbeitswelt anpassen. Das Jahressteuergesetz 2022 sieht daher neue Regeln für die Homeoffice-Pauschale und das häusliche Arbeitszimmer vor. Ob die Fülle an Neuerungen eine Besser- oder Schlechterstellung mit sich bringt, muss von Unternehmen oder Privatperson individuell analysiert werden. Da viele der Maßnahmen zum Jahreswechsel in Kraft getreten sind, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um zu handeln.

Photovoltaikanlagen

Seit Beginn des neuen Jahres gilt eine großzügige Umsatzsteuererleichterung für die Anschaffung von Photovoltaikanlagen. Die Solarmodule, Batteriespeicher und viele andere Komponenten können zum sogenannten Nullsteuersatz geliefert werden. Auch die Installation ist von der Umsatzsteuer befreit. Anlagen müssen auf oder in der Nähe von Wohngebäuden installiert werden. Unternehmen und private Hauseigentümer können damit sparen, müssen sich derzeit aber mit der Frage der richtigen Abrechnung auseinandersetzen. 

Bereits rückwirkend zum Beginn des vergangenen Jahres ist die ertragsteuerliche Erleichterung für den Solarstrom eingeführt worden. Für Anlagen mit einer Leistung bis 30 Kilowatt-Peak und 15 Kilowatt-Peak pro Wohnung bei Mehrfamilienhäusern und 100 Kilowatt-Peak insgesamt bei sonstigen Gebäuden  sind keine Ertragsteuern mehr fällig. Es spielt keine Rolle, ob die Immobilie selbst genutzt oder vermietet oder wie der erzeugte Strom genutzt wird. Der bürokratische Aufwand rund um die Steuererklärung soll in diesem Punkt entfallen. Aber es ist Vorsicht geboten: Die Erleichterungen in der Umsatz- und Ertragsteuer sind an unterschiedliche Anforderungen gekoppelt.

Wohnungsbau

Steuerlich günstiger wird mit dem Jahreswechsel auch der Wohnungsbau. Dazu wird die lineare Abschreibung von ab dem 01.01.2023 fertiggestellten Wohngebäuden von 2 auf 3 Prozent erhöht. Außerdem ist die Möglichkeit der Sonderabschreibung im Mietwohnungsneubau mit einer Laufzeit von vier Jahren bis 2026 verlängert worden. Die Vergünstigung ist an besondere Effizienzkriterien gekoppelt. Gefördert wird nämlich nur ein besonders klimafreundliches Bauen. Unternehmen und Privatpersonen können zusätzlich 5 Prozent der Herstellungskosten jährlich absetzen, wenn unter anderem der Standard des Energieeffizienzhauses 40 (EH40)/Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) eingehalten wird.

Homeoffice 

Beim Homeoffice sind steuerlich zwei Dinge zu unterscheiden: Zum einen gibt es das klassische häusliche Arbeitszimmer als abgetrennten Raum im Haus oder in der Wohnung, der nur für berufliche Zwecke genutzt werden darf. Für die wegen der Corona-Pandemie eingeführte Homeoffice-Pauschale dagegen ist kein separates Zimmer nötig, sodass auch Arbeiten am Küchentisch oder im Wohnzimmer für die Pauschale unschädlich ist. Die Regelungen werden ab Beginn des Jahres 2023  an die Digitalisierung und die Corona-bedingt veränderte Arbeitswelt angepasst. Ist das Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung der Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit, können die Kosten dafür wie bisher vollständig geltend gemacht werden. Neu ist für diese Fälle eine einfache Jahrespauschale von 1.260 Euro. Diese lohnt sich etwa, wenn die Kosten geringer sind, und ist deutlich einfacher zu handhaben. Die Homeoffice-Pauschale ist entfristet und erhöht worden. Jetzt können pro Tag 6 Euro geltend gemacht werden, d. h. bis zu 1.260 Euro im Jahr. Für Betroffene stellt sich die Frage, welche der Neuregelungen in ihrer Situation optimal ist.

Konzerne

Das Jahressteuergesetz 2022 enthält wichtige Klarstellungen zur erst Anfang 2022 eingeführten sog. Einlagelösung bei der ertragsteuerlichen Organschaft. Die Einlagelösung hat zur Folge, dass organschaftliche Mehr- und Minderabführungen (d. h. Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz) direkt über den Beteiligungsbuchwert abgebildet werden. Dabei gelten Minderabführungen als Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft, Mehrabführungen als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger. Soweit die Einlagenrückgewähr die Summe aus Buchwert und Einlage übersteigt, liegt ein Beteiligungsertrag vor, der unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens oder des Schachtelprivilegs nach § 8b KStG versteuert werden muss. An dieser Stelle klärt der Gesetzgeber, dass ein negativer Buchwert ausgeschlossen ist. Weitere Klarstellungen betreffen mittelbare Organschaften und Fälle, in denen der Organträger an der Organgesellschaft zu weniger als 100 Prozent beteiligt ist. 

Co-Autorin: Anna Peterich

Fazit

Das Jahressteuergesetz 2022 enthält unter anderem notwendige Anpassungen zur Beschleunigung der Energiewende, die betroffene Unternehmer und Privatpersonen nutzen sollten. Außerordentlich breitenwirksam sind die Änderungen bei den boomenden Photovoltaikanlagen, die zu umfangreichen Umstellungen in der Buchhaltung führen können. Damit ergeben sich aus dem Jahressteuergesetz 2022 sowohl neue Perspektiven als auch ein Handlungsbedarf für Unternehmen und Privatpersonen. Im Ergebnis sollten alle Implementierungen gut überlegt sein, um Risiken zu minimieren.

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Dr. Andreas S. Bolik

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