§ 50d Abs. 15 EStG und die 183-Tage-Regelung
Das BMF stellt klar, dass § 50d Abs. 15 EStG die Ermittlung der Aufenthaltstage nach Art. 15 Abs. 2 OECD-MA (183-Tage-Regelung) nicht berührt. Maßgeblich sind weiterhin die tatsächlichen Aufenthaltstage. Diese Auslegung stimmt unseres Erachtens mit der Sichtweise der OECD überein. Denn der Musterkommentar erwähnt die Arbeitstage-Fiktion nur im Hinblick auf Art. 15 Abs. 1 OECD-MA.
Die praktische Auswirkung illustriert Beispiel 1: Ein Auslandseinsatz bei einem ausländischen Kunden des Arbeitgebers, der ursprünglich sieben Monate dauern sollte, wird nach fünf Monaten abgebrochen, weil das Arbeitsverhältnis beendet und der Mitarbeiter freigestellt wird (Rn. 351e). Obwohl der Arbeitslohn als für die Tätigkeit im Ausland gezahlt gilt, steht Deutschland auch das Besteuerungsrecht für die gesamte Vergütung zu – und somit auch für den Zeitraum der Freistellung. Denn da sich der Arbeitnehmer tatsächlich weniger als 183 Tage im anderen Staat aufgehalten hat, sind die Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 2 OECD-MA erfüllt.
Zusammenspiel mit zeitraumbezogenen Vergütungen
Das Besteuerungsrecht für zeitraumbezogene Vergütungen wie Abfindungen, Mitarbeiteraktienoptionen oder Jubiläumszuwendungen wird grundsätzlich anhand des gesamten Erdienungszeitraums zugeordnet. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Phasen der unwiderruflichen Arbeitsfreistellung hier nicht einzubeziehen, da während dieser Zeit keine Tätigkeit ausgeübt wird (Rn. 351c).
Ab wann gelten die neuen Regelungen?
Die derzeitige Rn. 362, wonach der Ansässigkeitsstaat den Arbeitslohn für den Zeitraum einer unwiderruflichen Freistellung besteuern darf, ist aufgrund von § 50d Abs. 15 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2024 überholt. Die neuen Ausführungen zur Besteuerung während der (widerruflichen oder unwiderruflichen) Freistellung sollen daher ab dem 01.01.2024 anzuwenden sein.
Darüber hinaus kann die neue Fassung des Schreibens auf Antrag in allen offenen Fällen zugrunde gelegt werden, wenn dies mit den gesetzlichen Regelungen vereinbar ist. Davon dürfte hier unseres Erachtens auszugehen sein, denn die neue Regelung steht in keinem Widerspruch zur Gesetzeslage vor dem 01.01.2024. § 50d Abs. 15 EStG gibt lediglich eine schon zuvor mögliche Auslegung von DBA-Regelungen vor.