Frau präsentiert ein Produkt vor einem aufgebauten Videokamerasetting

Steuerliche Stolpersteine für Influencer: Einnahmen und Ausgaben richtig erklären und böse Überraschungen vermeiden

Influencerinnen und Influencer unterschätzen häufig, wie umfangreich die Liste der sogenannten geldwerten Vorteile ist, die insbesondere bei der Einkommensteuer als Einnahme zählen. Besonders betroffen sind Einnahmen in Form von sogenannten Sachzuwendungen (Produkte, Dienstleistungen) und Spenden (Donations). Doch der Grundsatz „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ gilt auch hier. Bei den Ausgaben ist gerade zu Beginn ebenfalls häufig unklar, welche Posten in welchem Umfang steuerlich relevant (und daher abzugsfähig) sind. Wer das Thema Steuern ignoriert, riskiert hohe Steuernachzahlungen und Strafen oder umgekehrt zu hohe Steuerzahlungen. In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Punkte zusammen, die Influencer beachten sollten, um böse Überraschungen zu vermeiden. 

Was zählt für die Einkommensteuer als Einnahme?

Definition und Beispiele

Als Einnahme zählt grundsätzlich alles, was dem Influencer als Vergütung für seine Tätigkeit zufließt. Dazu gehören sowohl Geld (Bargeld, Überweisungen …) als auch Güter mit einem wirtschaftlichen Wert wie Waren und Dienstleistungen oder Kryptowährungen. Ob eine Bereicherung vorliegt, ist objektiv zu beurteilen. Es spielt daher keine Rolle, ob man sich subjektiv bereichert fühlt oder beispielsweise das Produkt unter anderen Umständen selbst gekauft hätte.

Beispiele für Einnahmen

  • Geschenke
  • überlassene Waren (Proben) und Dienstleistungen (z. B. Reisen)
  • Gutscheine
  • Spenden aus Livestreams
  • Vergütungen für Werbung (Instagram-Stories, Produktplatzierungen in YouTube-Videos, Kurzvideos auf TikTok …) 
  • Provisionen aus Affiliate-Links
  • Erlöse aus dem Verkauf eigener Produkte

Hinweis: Geschenke oder Waren, die zurückgeschickt werden oder weniger als 10 Euro wert sind, gelten nicht als Einnahmen.

Wer denkt, „Das merkt doch keiner“, liegt falsch. Unternehmen führen in Erfüllung ihrer eigenen steuerlichen Verpflichtungen entsprechende Listen, die von der Finanzbehörde zur Prüfung angefordert werden können. Zudem lässt sich etwa anhand der Posts bzw. Videos nachvollziehen, welche Produkte zur Verfügung standen und welchen Tätigkeiten insgesamt nachgegangen wird. Insbesondere Influencer stehen derzeit verstärkt im Fokus der Finanzverwaltung und werden geprüft. 

Zu geringe Einnahmen oder zu hohe Ausgaben angesetzt?

Personen, die ihre Steuererklärungspflichten bewusst oder fahrlässig nicht erfüllen oder unrichtige Angaben machen – etwa indem sie Einnahmen unvollständig aufführen oder zu hohe Betriebsausgaben ansetzen –, könnten sich dem Vorwurf der Steuerhinterziehung ausgesetzt sehen. Ist dem Finanzamt ein entsprechender Sachverhalt noch nicht bekannt, besteht unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich die Möglichkeit, eine strafbefreiende Selbstanzeige einzureichen, um einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. 

Welche Ausgaben verringern die Einkünfte?

Ausgaben/Aufwendungen verringern die steuerlich relevanten Einkünfte grundsätzlich nur, wenn sie durch die Erzielung dieser Einkünfte veranlasst sind. Kompliziert sind Mischfälle, das heißt, wenn eine private Veranlassung mit hineinspielt. In solchen Fällen sind die Aufwendungen nicht abzugsfähig oder in einen steuerlich relevanten und einen privaten Anteil aufzuteilen. Bei einer privaten Mitveranlassung von bis zu 10 Prozent ist keine Aufteilung nötig.

Investitionen

Typische Anschaffungen von Influencern für ihre berufliche/betriebliche Tätigkeit sind:

  • Videokamera
  • Mikrofon
  • Beleuchtung (Softbox, Ringlicht …)
  • Software für die Bearbeitung von Videos

Es ist wichtig zu beachten, dass Ausgaben für Wirtschaftsgüter, die länger als ein Jahr genutzt werden, nicht vollständig im ersten Jahr abzugsfähig sind. Sie müssen auf einen längeren Zeitraum (die übliche Nutzungsdauer) verteilt werden. Das kann beispielsweise gerade zu Beginn dazu führen, dass Steuer zu zahlen ist, obwohl die Ausgaben mindestens so hoch sind wie die Einnahmen. Denn in der Anfangsphase fallen häufig zunächst einmal Investitionen in die erforderliche Ausrüstung an.


Doch es gibt Ausnahmen: Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von bis zu 800 Euro (netto, vor Umsatzsteuer) dürfen im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgesetzt werden, wenn sie beweglich und selbständig nutzbar sind

Grundsätzlich nicht abzugsfähig sind Wirtschaftsgüter, die ganz überwiegend privat genutzt werden (können). Dies gilt z. B. für Aufwendungen für Kleidung, Möbel und Accessoires u. Ä. Dabei handelt es sich um Kosten der privaten Lebensführung. Dass derartige Gegenstände u. U. in einem gewissen Umfang betrieblich genutzt werden oder eine Erwerbsnähe aufweisen, ändert daran nichts. Bürgerliche Kleidungsstücke und zugehörige Accessoires sind nicht als berufstypische Kleidung zu verstehen. Bei diesen Wirtschaftsgütern fehlt es an einem objektiven Aufteilungsmaßstab, aus dem sich leicht und in nachprüfbarer Weise feststellen ließe, wann eine berufliche und wann eine private Nutzung vorliegt. 

In der Konsequenz ist daher jeder dieser Gegenstände betroffen, der nach objektiven Kriterien der privaten Lebensführung zuzuordnen wäre. Die Anschaffung kann nicht als Aufwand geltend gemacht werden.

Laufende Ausgaben

Sofort abzugsfähige Aufwendungen sind unter anderem:

  • Kurse im Zusammenhang mit der Influencer-Tätigkeit
  • Kosten für geschäftliche Reisen (An- und Abreise, Verpflegung, Übernachtung, Fahrtkosten mit dem Pkw werden mit 0,30 Euro je gefahrenen km für die kürzeste Strecke berücksichtigt)
  • Geschäftsessen (d. h. Essen mit Geschäftspartnern – nur zu 70 Prozent anzusetzen; teilnehmende Personen und Anlass sind auf dem Beleg anzugeben; Tipp: Restaurant um Bewirtungsbeleg bitten und gleich vor Ort ausfüllen)
  • Homeoffice-Pauschale von 6 Euro pro Tag, höchstens 1.260 Euro im Jahr

Aufgepasst bei Arbeitszimmer, Verpflegungsmehraufwand, Reisen, Fremdwährungen

  • Aufwendungen für Arbeitszimmer sind nur unter strengen Voraussetzungen abzugsfähig. 
  • Aufwendungen für Verpflegung können nur pauschal geltend gemacht werden. Bei einer Abwesenheit von mindestens 8 Stunden beträgt die Pauschale für Deutschland 8 Euro, ab 24 Stunden 28 Euro pro Tag. Im Ausland gelten meist andere Beträge. Im Hotel ist das Frühstück oft inbegriffen. Dann ist die Pauschale zu kürzen. Das gilt auch bei Einladungen. 
  • Wenn die Reise teilweise beruflich und teilweise privat veranlasst ist, müssen die Kosten entsprechend aufgeteilt und die Aufteilungsgrundlagen zwingend dokumentiert werden.
  • Kursgewinne bzw. -verluste (Differenz bei späterem Verkauf der Fremdwährung) können einkommensteuerlich relevant sein.

Dokumentation ist alles

Die Anforderungen an die Dokumentation hängen auch davon ab, wie die Einkünfte zu ermitteln sind. Ab einer bestimmten Größenordnung ist eine Buchhaltung bzw. die Erstellung von Jahresabschlüssen Pflicht. In jedem Fall sind die folgenden Informationen bzw. Nachweise notwendig:

Einnahmen

  • Marktwert der erhaltenen Geschenke (auch Dienstleistungen wie Reisen …)
  • Marktwert von überlassenen Waren (Proben)
  • Nachweis zur Steuerübernahme durch den Auftraggeber
  • bei Einnahmen in Fremdwährung (z. B. US-Dollar): Umrechnungskurs zum Zeitpunkt der Einnahme

Hinweis: Geschenke sind nur zu versteuern, wenn der Auftraggeber nicht bereits die Versteuerung übernommen hat. Der Marktwert ist der übliche Preis, der gezahlt werden muss, wenn man das Produkt regulär kauft.

Ausgaben

Für Investitionen sind umfangreichere Angaben notwendig als für laufende Aufwendungen. Im Wesentlichen sollten die folgenden Informationen und Dokumente aufbewahrt werden:

Investitionen (angeschaffte Wirtschaftsgüter)

  • Nachweis über Höhe der Anschaffungskosten (Rechnung, Zahlungsbeleg)
  • Tag der erstmaligen Nutzung
  • Art und Höhe der Abschreibung (falls kein Buchhalter/Steuerberater beauftragt wurde)
  • Tag der letztmaligen Nutzung
  • Angabe dazu, wie die Nutzung beendet wurde (entsorgt, verkauft, verschenkt, Übergang zur Privatnutzung)
  • ggf. Nachweis über die Höhe des Verkaufserlöses
  • im Zweifelsfall Dokumentation der beruflichen/betrieblichen Nutzung und ggf. des Ausmaßes der privaten Nutzung

Laufende Aufwendungen

  • Rechnungen, Zahlungsbelege
  • Reisekosten (Tag und Dauer der Abwesenheit, kürzeste Entfernung bei Pkw-Nutzung, ggf. zu wie viel Prozent privat veranlasst)
  • Geschäftsessen: Bewirtungsbeleg (Details s. o.)
  • Homeoffice-Pauschale: Zahl der Homeoffice-Tage

Für international aktive Influencer wichtig zu wissen: Ausgaben in Fremdwährung werden zum Kurs im Zeitpunkt der Zahlung umgerechnet.

Fazit

Wichtig ist vor allen Dingen sicherzustellen, dass die Einnahmen und Ausgaben vollständig in der Steuererklärung angegeben werden bzw. dass geprüft werden kann, ob eine steuerlich nicht relevante Liebhaberei oder eine sogenannte Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Dafür ist eine lückenlose Dokumentation unverzichtbar. Die steuerliche Beurteilung kann schnell sehr komplex werden. Deshalb wird sich häufig die Einschaltung eines Steuerberaters bzw. einer Steuerberaterin empfehlen. Das gilt insbesondere bei der Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht oder wenn die Tätigkeit umfangreicher wird.

Brisant wird es, wenn Einkünfte nachträglich erklärt werden müssen. Hier ist wegen der erheblichen Risiken eine steuerliche und häufig auch eine rechtliche Beratung dringend zu empfehlen. Darüber hinaus muss hier schnell gehandelt werden. Wenn die Finanzverwaltung den Fall aufgreift, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Dann geht es hauptsächlich um Schadensbegrenzung. Das gilt übrigens entsprechend für die Umsatzsteuer. Dabei ist unter anderem zu beachten, dass es keinen vollständigen Gleichlauf von Einkommensteuer und Umsatzsteuer gibt. 

Autorinnen: Ursula Beste, Anke Richert