Selbstständiger Maurer mauert eine Wand

Steuerliche Stolpersteine für Influencer: Erste Schritte – vom Hobby zur Steuerpflicht

Herzlich willkommen zu unserer Artikelserie, die speziell für Influencer konzipiert ist. In diesem ersten Teil stellen wir Ihnen Anna-Liesa vor, eine dynamische Fitness-Influencerin, die mit ihren kreativen Inhalten auf Instagram und YouTube bereits eine treue Fangemeinde aufgebaut hat. Doch bevor sie ihre Karriere weiter vorantreibt, muss sie sich mit den steuerlichen Anforderungen auseinandersetzen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Schritte Sie als Influencer gerade in der Startphase beachten sollten, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden.

Fitness-Influencerin Anna-Liesa

Anna-Liesa postet seit ihrem 16. Lebensjahr auf YouTube und Instagram – sie veröffentlicht dort Tipps und kurze Videos zum Thema Sport und Fitness. Ihre Eltern haben ihr die Video-Ausrüstung dafür geschenkt. Anna-Liesa erreicht inzwischen mehr als 1.200 Followerinnen und Follower und das örtliche Fitness-Zentrum ist auf sie aufmerksam geworden. Es bietet ihr zunächst eine dreimonatige Gratis-Mitgliedschaft an, wenn sie zwei Videos und fünf Posts über das Studio veröffentlicht. Verträge mit einem Sportgeschäft und einem Reformhaus, die ihr als Ausgleich für ihre Mühe Produkte gratis zur Verfügung stellen, folgen. Der Wert der Mitgliedschaft und der Produkte liegt insgesamt unter 10.000 Euro. Treffen Anna-Liesa jetzt schon steuerliche (oder andere) Pflichten?

Wann liegt eine steuerlich relevante Einkunftserzielung vor?

Sobald jemand eine Tätigkeit für eine längere Zeit ausübt und das Ziel verfolgt, damit mehr Einnahmen zu erzielen, als dafür Ausgaben anfallen, handelt es sich um eine steuerlich relevante Einkunftserzielung. Im Umkehrschluss heißt das, wenn auf Dauer kein Überschuss erzielt wird, sind Gewinne und Verluste einkommensteuerlich unbeachtlich (sogenannte Liebhaberei). Ob der Spaß bzw. der Wunsch, anderen zu helfen, im Vordergrund steht oder ob das Hauptmotiv finanzieller Natur ist, interessiert das Finanzamt dagegen nicht.

Gerade in der Anfangszeit, in der zunächst in die Ausrüstung investiert wird, während keine oder kaum Einnahmen fließen, kann die Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und Liebhaberei schwierig sein. Denn meistens müssen Influencer erst einmal unbezahlte Vorarbeit leisten, bis ihre Reichweite groß genug für bezahlte Kooperationen ist. 

Werbegeschenke und zur Verfügung gestellte Produkte

Doch Vorsicht: Werbegeschenke (wie die Gratismitgliedschaft und die Produkte in unserem Beispiel) oder Warenmuster zählen grundsätzlich zu den Einnahmen. Und sogenannte Nano- (zwischen 500 und 10.000 Follower) oder Mikro-Influencer (zwischen 10.000 und 100.000 Follower) werden häufig nur mit kostenlosen Produktmustern vergütet. 

Fortsetzung des Beispiels Fitness-Influencerin

Anna-Liesa übt ihre Tätigkeit über eine längere Zeit aus und es deutet alles darauf hin, dass sie Überschüsse erzielen möchte. In ihrem Fall liegen gewerbliche Einkünfte vor. Sie muss ihre Aktivitäten daher beim Gewerbeamt anmelden und den Fragebogen zur Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit an das zuständige Finanzamt übermitteln. Außerdem muss sie eine Einkommensteuererklärung abgeben. Wenn sie sonst keine steuerlich relevanten Einkünfte bezieht, fällt keine Einkommensteuer an. 

Aufgrund der geringen Höhe der Einnahmen kann Anna-Liesa umsatzsteuerlich die sogenannte Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Dann braucht Anna-Liesa keine Umsatzsteuer zu berechnen und abzuführen. Korrespondierend dazu kann sie die Vorsteuer aus erhaltenen Rechnungen nicht geltend machen. Sie kann auf die Kleinunternehmerregelung verzichten. Inwieweit dies sinnvoll ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und muss daher individuell geprüft werden. Anna-Liesa sollte sich dazu steuerlich beraten lassen.

Tipps für die Startphase 

  • Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich schon ab dem ersten Tag dokumentieren (aufzeichnen bzw. zumindest Belege sammeln) und für mindestens 10 Jahre vorhalten
  • abklären (lassen), ob die Tätigkeit einkommensteuerlich relevant ist (oder Liebhaberei vorliegt), und falls ja, welche Art von Einkünften vorliegt*
  • bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit: Anmeldung der Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt
  • bei gewerblichen Einkünften:
    • beim Gewerbeamt anmelden 
    • den Fragebogen zur Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit an das zuständige Finanzamt übermitteln 
  • Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung (und ggf. Gewerbesteuererklärung) prüfen (lassen)
  • prüfen (lassen), ob man umsatzsteuerlich als Unternehmer gilt, und falls ja, 
    • ob die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung erfüllt sind und ggf. 
    • ob ein Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung sinnvoll ist

*Die Art der Einkünfte ist hauptsächlich relevant für die Frage, welche Regelungen für die Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte zu beachten sind. Außerdem fällt bei Einkünften aus einem Gewerbebetrieb zusätzlich Gewerbesteuer an.

Autorinnen: Ursula Beste, Anke Richert