Selbstständiger Maurer mauert eine Wand

Unfall eines Profisportlers

Versicherungsschutz beim Lauftraining im Ausland

Die Frage, ob ein Unfall als Arbeitsunfall zu werten ist, beschäftigt immer wieder die Gerichte. Besonders kritisch sind Unfälle außerhalb der regulären Arbeitszeit, im Ausland oder bei Aktivitäten, die auch der privaten Sphäre zuzuordnen sein könnten. In einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) München zum Unfall eines professionellen Eishockeyspielers kamen alle drei Faktoren zusammen (Urteil vom 27.03.2025, L 3 U 150/23, rechtskräftig).

Sachverhalt

Der Kläger war als Profi-Eishockeyspieler bei einer GmbH beschäftigt. Nach der Eishockey-Weltmeisterschaft fuhr er für mehrere Wochen in seine Heimat in Italien. Im Anschluss daran wollte er am Sommertraining der GmbH teilnehmen.

Sein Fitnesstrainer erstellte für die Zeit in Italien einen Erhaltungstrainingsplan, in dem für den Unfalltag unter anderem zwei Laufeinheiten vorgesehen waren. Beim abendlichen Joggen stürzte der Kläger und verletzte sich so schwer, dass eine Operation notwendig war.

Die Beklagte erkannte den Sturz nicht als Arbeitsunfall an und lehnte den Antrag auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Der Kläger habe sich zum Unfallzeitpunkt im Urlaub befunden und nur eine private Tätigkeit als Profisportler ausgeübt. Das Erhaltungstraining habe am Vormittag ausgeführt werden müssen. Es seien daher keine direkten Haupt- oder Nebenpflichten ausgeübt worden.

LSG: Kein Urlaub im Zeitpunkt des Unfalls

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befinden sich dann im Urlaub, wenn sie im betreffenden Zeitraum keine Arbeitspflichten gegenüber dem Arbeitgeber zu erfüllen haben. Nach den Feststellungen des LSG befand sich der Kläger in Italien nicht im Urlaub. Denn er hatte einen umfangreichen Erhaltungstrainingsplan einzuhalten. Dabei handelte es sich um Hauptleistungspflichten aus seinem Arbeitsvertrag. Das LSG bezog sich bei dieser Einschätzung insbesondere auch auf den Arbeitsvertrag, in dem sich der Spieler verpflichtet,

  • „seine ganze Kraft und seine sportliche Leistungsfähigkeit uneingeschränkt für den Club einzusetzen, alles zu tun, um sie zu erhalten und zu steigern und alles zu unterlassen, was ihm im Allgemeinen und im Besonderen vor und bei Veranstaltungen des Clubs abträglich sein könnte“,
  • „sich auf alle sportlichen Veranstaltungen des Clubs gewissenhaft vorzubereiten. Dazu gehört insbesondere, den Anweisungen des Trainers bezüglich der Lebensführung Folge zu leisten“ und
  • „seine körperliche Einsatzfähigkeit während der gesamten Spielzeit aufrechtzuerhalten, insbesondere seine körperliche und geistige Belastungsfähigkeit sicherzustellen“.

Entsendung

Der Kläger war zwölf Monate im Jahr bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Zudem bestand das Direktionsrecht des Arbeitgebers auch während des Urlaubs weiter. Der Aufenthalt im Ausland ändert daran nichts. Nach den Feststellungen des Gerichts hatte der Arbeitgeber den Aufenthalt in Italien erlaubt, den Kläger jedoch nicht von seiner Trainingspflicht entbunden.

Nach Auffassung des Spitzenverbandes der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland kann auch mobile Arbeit auf Initiative des Arbeitnehmers eine Entsendung im Sinne der Sozialversicherung begründen. Somit liegt im Streitfall eine Entsendung vor (Art. 12 Abs. 1 EU-VO Nr. 883/04).

Obwohl der Kläger zur Zeit des Unfalls über keine gültige A1-Bescheinigung verfügte, unterlag er dennoch dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Die Bescheinigung dient lediglich als Nachweis und kann auch nachträglich beantragt werden.

Training war versicherte Tätigkeit

Das abendliche Joggen war auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen und hat zu dem Unfall geführt. Dass die betreffenden Trainingseinheiten für den Vormittag angesetzt waren, sah das Gericht als unschädlich an, da diese mit dem gleichen Erfolg auch am Abend absolviert werden konnten. Das für den Unfall ursächliche Lauftraining stand demnach im Zusammenhang mit der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis. Es handelte sich nicht um eine unversicherte private Aktivität. Das Gericht hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen.

Fazit und Handlungsempfehlung

Das Urteil zeigt, dass bei Unfällen während Zeiten, in denen keine reguläre Arbeitsausübung stattfindet, eine besonders sorgfältige Prüfung der genauen Umstände erforderlich ist. Insbesondere muss untersucht werden, ob Arbeitspflichten zu erfüllen waren, die zu dem fraglichen Unfall geführt haben.

Wichtig: Wenn sich der Unfall nicht in einem EU-Mitgliedstaat (oder in einem Land, mit dem ein entsprechendes bilaterales Abkommen besteht) ereignet, greift § 17 SGB V und der Arbeitgeber muss alle Kosten übernehmen, die medizinisch notwendig waren und entstanden sind. Bevor Arbeitgeber einer solchen Tätigkeit zustimmen, sollten sie den Abschluss einer privaten Auslandskrankenversicherung prüfen.

Autorinnen: Ursula Beste, Nancy Adam


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