Der BFH äußert sich erstmals zur Voraussetzung einer „neuen, bisher nicht vorhandenen“ Wohnung i.S.d. Sonderabschreibung nach § 7b EStG. Danach kommt es insbesondere darauf an, dass die Wohnung sowohl „erstmalig“ als auch „zusätzlich“ geschaffen wird, d.h. der zuvor vorhandene Bestand an Wohnungen auf dem Grundstück auch vermehrt wird. Der Abriss und anschließende Neubau mit derselben Anzahl von Wohnungen ist daher nicht von § 7b EStG erfasst. Das Urteil ist für alle Projektentwickler und Investoren, die Wohnimmobilien zur Vermietung schaffen, von erheblicher Relevanz.
Die Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG setzt unter anderem voraus, dass neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen i.S.d. § 181 Abs. 9 BewG hergestellt werden. In einem aktuellen Urteilsfall wurde eine Wohnimmobilie im Jahr 2020 abgerissen und im selben Jahr durch eine neue Wohnimmobilie gleicher Bauart ersetzt. Der Abriss erfolgte dabei bereits in der Absicht die neue Immobilie zu errichten. Die vom Steuerpflichtigen beantragte Sonderabschreibung nach § 7b EStG wurde durch die Finanzverwaltung jedoch nicht anerkannt, weil keine neuen Wohnungen i.S.d. Tatbestandsvoraussetzungen zusätzlich hergestellt worden seien, sondern nur ursprünglich bereits bestehender Wohnungsbestand neu hergestellt wurde.
Der BFH schließt sich mit Urteil vom 12.08.2025 (IX R 24/24) der Auffassung der Finanzverwaltung an. Nach dem Normzweck und dem Willen des Gesetzgebers, dass die steuerlich zu fördernde Baumaßnahme dazu beitragen muss, den Wohnungsbestand zu vermehren und nicht nur zu ersetzen, sei es vorliegend geboten, dass „neu“ im Kontext des § 7b EStG nicht nur eine erstmalig, sondern auch eine zusätzlich geschaffene Wohnung bedeuten müsse. Dies gelte unabhängig von den durchgeführten Maßnahmen (Neubau, Aus- oder Umbau, Aufstockung oder Anbau; vgl. dazu Rz. 26 des BMF-Schreibens vom 21.05.2025, EY-Steuernachricht vom 03.06.2025).
Eine Ausnahme kann nach Ansicht des BFH nur gelten, wenn Abriss und Neubau nicht in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen. Dieser sei jedoch gegeben, wenn Abriss und Neubau ohne wesentlichen zeitlichen Abstand erfolgen, der Bauantrag für den Neubau zum Zeitpunkt des Abrisses bereits gestellt wurde oder die Planungen für den Neubau zum Zeitpunkt des Abrisses weit vorangeschritten sind. Wann kein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen Abriss und Neubau mehr bestünde und wieder von einem Wohnungsneubau i.S.d. § 7b EStG ausgegangen werden könnte, hat der BFH nicht spezifiziert. Jedenfalls Indizwirkung hat die zeitliche Abfolge von Abriss, Bauplanung und Beginn der Baumaßnahmen für den Neubau.
Offenlassen konnte der BFH, in welchem Umfang eine Sonderabschreibung nach § 7b EStG in Anspruch genommen kann, wenn der Fall eines Abrisses und nachfolgenden Neubaus, der zu einer Vermehrung des Wohnungsbestands führt, vorliege (z.B. bei der Ersetzung eines Ein- oder Zweifamilienhauses durch ein Mehrfamilienhaus).
Abschließend stellt der BFH klar, dass die Motive für einen Neubau für Zwecke des § 7b EStG irrelevant seien. Es dürfe für die Anwendung der Sonderabschreibung keine Rolle spielen, ob alternativ eine Sanierung möglich oder wirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre.
Das Urteil erging zwar zu § 7b EStG i.d.F. für den Veranlagungszeitraum 2020, als die neu geschaffenen Wohnungen nicht zusätzlich auch noch die Kriterien eines „Effizienzhaus 40“ mit QNG-Siegel erfüllen mussten. Da sich darüber hinaus jedoch keine Änderungen ergeben haben, ist das Urteil sowohl für offene Altfälle, als auch zukünftige Fälle von Bedeutung.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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