Verlängerung der grunderwerbsteuerlichen Nachbehaltensfrist: Auch BFH mit Zweifeln

Die grunderwerbsteuerliche Begünstigung von Grundstücksübergängen auf eine Gesamthand bzw. von einer Gesamthand erfordert u.a. die Einhaltung von Behaltensfristen. Diese Fristen wurden mit der Grunderwerbsteuerreform 2021 verlängert. Der BFH bestätigt nun die Zweifel des FG Düsseldorf an der Verlängerung der Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre für einen Erwerbsvorgang nach § 6 Abs. 3 GrEStG, in dem die (ursprüngliche) Fünfjahresfrist vor dem 01.07.2021 noch nicht abgelaufen war.

In Fällen von Grundstücksübergängen auf eine Gesamthand bzw. von einer Gesamthand wird die Grunderwerbsteuer i.H.d. Anteils des Beteiligten am Vermögen der Gesamthand nicht erhoben (§§ 5 und 6 GrEStG), sofern die Behaltensfristen gewahrt sind.  Diese wurden im Jahr 2021 mit der Grunderwerbsteuerreform auf zehn bzw. 15 Jahre verlängert. Hierfür wurden zudem komplexe Übergangsregelungen (§§ 23 Abs. 18 und Abs. 24 GrEStG) gesetzlich verankert. Gem. § 23 Abs. 18 GrEStG sind die verlängerten Fristen grundsätzlich erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 30.06.2021 verwirklicht werden. § 23 Abs. 24 GrEStG sieht dagegen vor, dass die verlängerten Fristen dann nicht anzuwenden sind, wenn die in der am 30.06.2021 geltenden Fassung geregelte Frist vor dem 01.07.2021 abgelaufen war. Daraus schließt die Finanzverwaltung, dass die zehnjährige Nachbehaltensfrist des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG (Grundstücksübertragungen von einer Gesamthand auf eine Gesamthand) auch dann gilt, wenn der Erwerbsvorgang vor dem 01.07.2021 verwirklicht worden ist und bei Inkrafttreten der Norm die Fünfjahresfrist noch nicht abgelaufen war (Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 05.03.2024, Rz. 124).

An dieser (rückwirkenden) Verlängerung der Nachbehaltensfrist gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG n.F. in Fällen, in denen die (alte) fünfjährige Nachbehaltensfrist vor dem 01.07.2021 noch nicht abgelaufen war äußerte bereits das FG Düsseldorf in einem Verfahren über die Aussetzung der festgesetzten Grunderwerbsteuer (AdV) ernstliche Zweifel (Beschluss vom 09.09.2024, 11 V 1325/24 A (GE), vgl. EY-Steuernachricht vom 07.11.2024).

Diese ernstlichen Zweifel hat nun auch der BFH geäußert und die Aussetzung der Vollziehung bestätigt (BFH-Beschluss vom 10.04.2025, II B 54/24 (AdV)). 

Die zehnjährige Nachbehaltensfrist gem. § 23 Abs. 18 GrEStG findet laut BFH im konkreten Fall keine Anwendung, da der zugrundeliegende Erwerbsvorgang vor dem 30.06.2021 stattgefunden hat. Als Erwerbsvorgang i.S.d. § 23 Abs. 18 GrEStG ist laut BFH der grundsätzlich begünstigte Rechtsvorgang anzusehen (hier: Einbringung der Grundstücke in eine Personengesellschaft im Jahr 2018) und nicht das Ereignis, das die Anteilsminderung des Gesamthänders an der erwerbenden Gesamthand zur Folge hat (hier: Formwechsel der erwerbenden Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft nach Ablauf der Fünfjahresfrist im Jahr 2023). Eine Rückgängigmachung der Steuerbegünstigung des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG aufgrund der Anteilsminderung durch den Formwechsel lehnte der BFH daher gem. § 23 Abs. 18 GrEStG ab, da dieser erst nach Ablauf der fünfjährigen Nachbehaltensfrist erfolgte. 

Allerdings könnte grundsätzlich eine Verlängerung der Nachbehaltensfrist gem. § 23 Abs. 24 GrEStG in Betracht kommen, sofern die Vorschrift - wie von der Finanzverwaltung angeführt - dahingehend zu verstehen ist, als dass sich die Frist auf zehn Jahre verlängert, sofern die fünfjährige Frist des Erwerbsvorgangs aus dem Jahr 2018 am 01.07.2021 noch nicht abgelaufen war. In diesem Falle würde der Formwechsel im Jahr 2023 zu einem rückwirkenden Entfall der Steuerbegünstigung führen. Der BFH sieht jedoch einen offensichtlichen Widerspruch der Übergangsregelung des § 23 Abs. 24 GrEStG zur Anwendungsregelung des § 23 Abs. 18 GrEStG. Denn § 23 Abs. 18 GrEStG schließe laut BFH für Erwerbsvorgänge, die vor dem 01.07.2021 stattgefunden habe, gerade eine Verlängerung der Nachbehaltensfrist auf 10 Jahre aus. Da dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, wie sich die Normen zueinander verhalten, sieht der BFH ernstliche Zweifel an der Verlängerung der Frist auf 10 Jahre. 

Aufgrund der vom BFH geäußerten Zweifel sollten entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten geprüft werden. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens bleibt abzuwarten. 

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