Braucht Corporate Reporting einen Kulturschock?

Von Peter Wollmert

Development and Management of Selected Major Accounts

Betreut ausgewählte Großmandate und fördert als EMEIA-Assurance-Leader die Qualität und Effektivität in Unternehmensberichterstattung und Abschlussprüfung.

7 Minuten Lesezeit 19 November 2019

Weitere Materialien

  • Financial Accounting Advisory Services (FAAS) global corporate reporting survey 2019 (pdf)

Die Kultur und Denkweise eines Unternehmens zu verändern kann zu einer transparenteren Unternehmensberichterstattung beitragen. 

Unternehmen haben erkannt, dass ein transparenteres Reporting notwendig ist. Sie wissen auch um die Schlüsselrolle der Berichterstattung, wenn es darum geht, Investoren ihre Wertschöpfungsgeschichte zu erzählen. Und sie wissen, wie wichtig es ist, das Vertrauen von Investoren und anderen Stakeholdern zu gewinnen.

Um diese Agenda der Transparenz voranzutreiben, wird ein breiter Einstellungswandel angestrebt – hin zu einer stärker vorausschauenden Berichterstattung auf der Grundlage eines ausgewogenen Verhältnisses von finanziellen und nichtfinanziellen Informationen. Das kann nicht nur Änderungen der Rahmenbedingungen und Praktiken, sondern auch der Denkweise und der Kultur erfordern. 

Unternehmen sollten sich eine neue Kultur bezüglich der Informationen, die sie über sich selbst teilen, aneignen – eine Kultur, die auf Offenheit, Authentizität und Verantwortlichkeit basiert. 

Indem sie sich die Rolle der Unternehmenskultur in der Berichterstattung zu eigen machen, können Finanzleiter die von Investoren und anderen Stakeholdern geforderte Transparenz bieten – und so eine neue Ära des Vertrauens auf der Grundlage einer glaubwürdigen, authentischen, rechenschaftspflichtigen und offenen Unternehmensberichterstattung aufbauen. 

Diese Einblicke in die Art und Weise, wie sich das Reporting verändern sollte, basieren auf den Ergebnissen der „EY Corporate Reporting“-Umfrage der EY Global Financial Accounting Advisory Services (FAAS) von 2019. Sie können auch die Daten hinter der Umfrage erkunden und die Ergebnisse länder- und branchenübergreifend einsehen und vergleichen. 

Frau in asiatischer Kleidung geht unter chinesischen Laternen entlang
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Kapitel 1

Warum ein offeneres Reporting das Vertrauen von Stakeholdern gewinnt

Transparentes Reporting – finanziell und nichtfinanziell – ist weiterhin bedeutend für die Relevanz der Unternehmensberichterstattung.

Die Studie zeigt, dass eine transparente Berichterstattung, finanziell und nichtfinanziell, weiterhin entscheidend für die anhaltende Relevanz des Reportings von Unternehmen ist. 74 Prozent der befragten Finanzleiter gaben an, dass Investoren bei ihren Entscheidungen zunehmend nichtfinanzielle Informationen verwenden. 76 Prozent sagten zudem, dass der gesellschaftliche Druck, transparenter zu sein, steige. Gleichzeitig sieht sich die Unternehmensberichterstattung in einer Reihe von Märkten einer zunehmenden regulatorischen Kontrolle ausgesetzt. Hierbei stellt der Gesetzgeber die Frage, ob heutige Reporting-Modelle zweckmäßig sind. 

Stakeholder erwarten mehr Transparenz

74 %

der Finanzleiter sagen, dass Investoren bei ihren Entscheidungen zunehmend nichtfinanzielle Informationen einbeziehen.

Obwohl quantitative Informationen im nichtfinanziellen Reporting als Basis für eine größere Transparenz gelten, nehmen viele Unternehmen diese Daten nicht in ihre Unternehmensberichte auf. So gibt es zwar Fortschritte in der Anzahl großer Unternehmen, die in einigen Bereichen quantifizierbare Key Performance Indicators (KPIs) liefern, aber nur 37 Prozent stellen KPIs zur Kultur bereit.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sollten die Finanzteams folgende Prioritäten setzen:

Förderung einer offenen und verantwortungsvollen Unternehmenskultur

Aufgrund der Glaubwürdigkeit und Fähigkeiten ihrer Teams glauben Finanzleiter daran, dass sie eine führende Rolle in der breiteren Unternehmenskultur spielen können. Auf die Frage, wie das Finanzwesen eine gesunde Unternehmenskultur unterstützen und stärken kann, wurde die Tatsache, dass es „auf Transparenz und Offenheit ausgerichtet ist“, als oberste Qualität herausgestellt. Um diese Transparenz zu erzeugen, sollte die Priorität sein, klare Erwartungen an Werte und Verhaltensweisen darzulegen und diese sorgfältig zu kommunizieren.

Klarstellung der Rolle von Finanzteams in der nichtfinanziellen Berichterstattung

Die Verdeutlichung der Rolle von Finanzteams bei der nichtfinanziellen Berichterstattung sollte dazu beitragen, den Stakeholdern glaubhafte und vertrauenswürdige Informationen zu liefern. Transparenz und Offenheit sind zwar der Schlüssel zur Übermittlung der gewünschten Informationen an Stakeholder, die Informationen sollten aber auch glaubhaft und vertrauenswürdig sein. Finanzleiter können eine Reihe von Fähigkeiten beispielsweise in Bezug auf Datenanalyse und Kontrollmechanismen einbringen, um Vertrauen in die nichtfinanziellen Informationen zu erzeugen.

Chinesischer Drachentanz zur Feier des neuen Mondjahres
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Kapitel 2

Die Verbindung zum Kultur-Reporting schließen

Kultur wird als ein Schlüsselelement zur Steigerung und zum Schutz des Unternehmenswertes betrachtet.

Leiter im Finanzwesen zählen die Kultur zu den Schlüsselelementen, die den Unternehmenswert steigern und schützen. Obwohl bislang nur eines von drei großen Unternehmen quantifizierbare KPIs zur Kultur vorlegt, sagen mehr als drei Viertel der Befragten, dass „Investoren immer mehr Einblick in die Unternehmenskultur wünschen“.

Einblicke in die Kultur

79 %

der Finanzleiter sagen, dass „Investoren immer mehr Einblick in die Unternehmenskultur wünschen“.

Den Preis, den Unternehmen für einen kulturellen Ausrutscher zahlen, bestimmen oft Schlagzeilen. Dies spiegelt sich in unserer Umfrage wider, die zeigt, dass Führungskräften im Finanzwesen sehr bewusst ist, dass Kultur kein „weiches“ Thema ist, das wenig mit dem Wert ihres Unternehmens zu tun hat. 83 Prozent sagen, dass „eine gesunde Unternehmenskultur, in der Werte oder Verhaltensweisen konsequent gelebt werden, entscheidend für den Aufbau von Vertrauen“ sei. 81Prozent sagen außerdem, dass sie helfe, Risiken zu reduzieren.

Wenn es um das Reporting über Kultur geht, sollten Unternehmen Folgendes berücksichtigen:

KPIs für Kultur-Reportings

Die Nutzung der großen Datenmengen, die Unternehmen bereits produzieren, und deren Übersetzung in vertrauenswürdige KPIs ermöglichen ein verstärktes Kultur-Reporting. 79 Prozent der befragten Finanzleiter geben an, dass sie zwar über Daten verfügen, die kulturelle Einblicke gewähren, das Reporting dieser Daten für sie jedoch nicht Usus sei. So berichtet beispielsweise etwas mehr als die Hälfte der Befragten über das aktuelle Engagement der Mitarbeiter und weniger als die Hälfte über Meldungen rund um Whistleblowing oder die Missachtung des lokalen Corporate-Governance-Kodex.

Sie sind jedoch besorgt hinsichtlich der Kontrollen und der Datenqualität der kulturbezogenen Daten und darüber, ob diese den hohen Erwartungen der Stakeholder entsprechen. Es ist wahrscheinlich ein umfassender Ansatz erforderlich, der von der Suche oder dem Aufbau der entsprechenden Fähigkeiten bis hin zur Einführung von Kontrollen reicht.

Die Kultur im Finanzteam verändern

Eine veränderte Kultur in den Finanzteams sollte die Beteiligten motivierten und ermutigen, sich mit den Stakeholdern zu befassen, mit ihnen zu kommunizieren und letztlich transparenter im Vorgehen zu werden. Laut der Studie sagen 71 Prozent der Finanzleiter, dass der Ausbau der Transparenz eine Änderung der Kultur in ihren Finanzteams erfordere. Ein Teil des Problems besteht darin, dass viele der Befragten glauben, dass ihre Teams als risikoscheu und wenig beweglich wahrgenommen werden. Natürlich ist ein Kulturwandel kein einfacher Prozess, aber Finanzleiter sollten die gewünschten Verhaltensweisen und Werte artikulieren und selbst leben.

Menschen halten sich beim MassKara Festival auf den Philippinen an den Händen
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Kapitel 3

Vertrauen in Datenanalyse und Künstliche Intelligenz aufbauen

Unternehmen sollten sich mit Objektivität und Glaubwürdigkeit befassen, damit nichtfinanzielle Daten so vertrauenswürdig sind wie finanzielle.

Da sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Informationen für die Transparenz entscheidend sind, sollten nichtfinanzielle Daten ebenso glaubhaft und vertrauenswürdig sein wie Finanzdaten. Allerdings stehen Finanzleiter vor einigen Herausforderungen, wenn sie einen vertrauenswürdigen Ansatz für nichtfinanzielle Daten entwickeln wollen. 

Eine zentrale Herausforderung ist die Nutzung nichtfinanzieller Daten und die gleichzeitige Bewältigung der damit verbundenen Risiken, die vor allem hinsichtlich Datenschutz und Compliance bestehen. Parallel dazu bestehen Bedenken in Bezug auf das Vertrauen in die Daten, ihre Objektivität und Glaubwürdigkeit – insbesondere in Bezug auf den Einsatz von Robotic Process Automation (RPA) und Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Erfassung und Analyse der Daten. Dies ist besonders relevant, da 60 Prozent der befragten CFOs sagen, dass der Qualität der durch KI produzierten Finanzdaten nicht in gleicher Weise vertraut werden kann wie den Daten aus bestehenden Finanzsystemen.

Um Vertrauen in Datenanalyse und KI aufzubauen, gibt es zwei Prioritäten:

Implementierung fortschrittlicher Tools zur Erfassung und zur Analyse großer Datenmengen

Zwar kann RPA lästige und zeitaufwendige Aufgaben effizienter und effektiver erledigen und KI dem Berichtswesen eine neue Tiefe an Einblicken gewähren; dennoch sind noch einige Wege zu beschreiten, bevor die meisten Finanzteams über isolierte Pilotprojekte hinausgehen und mit dem Einsatz in größerem Maßstab beginnen. Nur 30 Prozent der Finanzcontroller gaben an, dass sie RPA für die Automatisierung der Datenerfassung für ihre Unternehmensberichterstattung skaliert haben, weniger als 30 Prozent verwenden KI, um fortschrittliche Analysen und datengesteuerte Einblicke zu erhalten.

Um diese Entwicklung voranzutreiben, sollten Finanzleiter alle Risiken sorgfältig managen.

Für Gewissheit sorgen, dass Angaben aus fortschrittlichen Systemen glaubhaft und vertrauenswürdig sind

Viele der aktuellen Finanzsysteme genießen Vertrauen und haben integrierte Kontrollen, KI genießt allerdings nicht das gleiche Maß an Vertrauen. Erfahrene Finanzführungskräfte haben erhebliche Bedenken: 60 Prozent der Befragten sagten, dass „der Qualität der durch KI produzierten Finanzdaten nicht in gleicher Weise vertraut werden kann wie unseren bestehenden Finanzsystemen“. Darüber hinaus sind die CFOs besorgt über die mit KI verbundenen Risiken.

Vertrauen in Künstliche Intelligenz aufbauen

60 %

der CFOs sagen, dass der Qualität der durch KI produzierten Finanzdaten nicht in gleicher Weise vertraut werden kann wie denen aus bestehenden Finanzsystemen.

Feier des Festivals von Divali
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Kapitel 4

Der Weg nach vorn

Eine gesunde Kultur ist der Schlüssel zum Wertzuwachs, eine beschädigte Kultur birgt ein erhebliches Risiko für den Wert.

Die Auswirkungen der Kultur auf den Unternehmenswert könnten nicht klarer sein: Eine gesunde Kultur ist der Schlüssel zu einer Wertsteigerung, eine beschädigte Kultur stellt ein erhebliches Wertrisiko dar. Kultur wird in zweifacher Hinsicht eine immer wichtigere Rolle im Reporting von Unternehmen spielen: Zum einen kommt den Finanzteams eine zentrale Rolle bei der Förderung einer transparenten Berichterstattung zu, indem sie eine offene und verantwortungsvolle Kultur schaffen, die sich aufrichtig mit den Investoren auseinandersetzt und den sich schnell ändernden Anforderungen an das Reporting gerecht wird; zum anderen gewähren sie den Stakeholdern aussagekräftige, glaubwürdige und relevante, datengestützte Einblicke in die Unternehmenskultur und zeigen so die Verbindung zwischen Kultur und Leistungswert auf.

Es gibt drei Handlungsfelder, die für die Förderung einer Kultur der Offenheit und Rechenschaftspflicht in der Unternehmensberichterstattung mutmaßlich entscheidend sein werden:

  1. Schaffen Sie einen soliden Ansatz für das Kultur-Reporting
  2. Eine neue Mischung von Talenten, um den Wandel der Finanzkultur voranzutreiben und Widerstände zu überwinden
  3. Vertrauen und Ethik in KI aufbauen

Weitere Materialien

  • Unsere „EY Corporate Reporting“-Umfrage 2019 herunterladen

Fazit

Unternehmen erkennen den Bedarf nach einer transparenteren Berichterstattung. Um diese Agenda der Transparenz anzutreiben, wird eine stärkere Verschiebung der Haltung angestrebt – hin zu einer stärker vorausschauenden Berichterstattung auf der Grundlage eines ausgewogenen Verhältnisses von finanziellen und nichtfinanziellen Informationen.

Damit sie dies erreichen, sollten sich Unternehmen eine neue Kultur und Denkweise bezüglich der Informationen, die sie über sich teilen, aneignen. Dazu gehören offenere und verantwortungsbewusstere Reportings, um das Vertrauen der Stakeholder zu gewinnen, den Kreis zum Kultur-Reporting zu schließen sowie Vertrauen in Datenanalysen und Künstliche Intelligenz (KI) aufzubauen.

Über diesen Artikel

Von Peter Wollmert

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Betreut ausgewählte Großmandate und fördert als EMEIA-Assurance-Leader die Qualität und Effektivität in Unternehmensberichterstattung und Abschlussprüfung.