„Für viele Menschen ist inklusiver Kapitalismus ein Widerspruch in sich“, sagte Lady de Rothschild. „Das liegt daran, dass der Kapitalismus so viele Menschen im Stich gelassen hat. Und wir sollten auch nicht vergessen, dass er für Adam Smith (den Schriftsteller aus dem 18. Jahrhundert, der einst den Grundstein für die Theorie der Freien Marktwirtschaft legte,) überflüssig gewesen wäre. Wir haben ganz offenbar ein Problem, wenn so viele Menschen in der ganzen westlichen Welt und darüber hinaus den Eindruck haben, der Kapitalismus schließe sie aus.“
Ein nachhaltiger Ansatz
Die Leitung der Coalition unter Lady de Rothschild sieht darin einen der wichtigsten Motoren für das kürzlich angekündigte Embankment Project for Inclusive Capitalism. Es wurde entwickelt, um Investoren und andere Akteure zusammenzuführen und „die Art und Weise, wie Unternehmen für ihre Stakeholder den von ihnen geschöpften Wert messen und Bericht erstatten, zu verändern“.
Des Weiteren sprach sie davon, dass sich das weitverbreitete Misstrauen in Wirtschaft und Politik und der Frust über die wachsende Ungleichheit weiter fortsetzen könnten. Es sei denn, das Wirtschaftssystem biete mehr Menschen realistische Chancen auf Wohlstand. Sie riet zudem davon ab, den Investoren eine Auswahl zwischen „inklusiven“ oder „profitablen“ Unternehmen zu präsentieren.
„Shareholder sind mit Unternehmen, die einen langfristigen, nachhaltigen Ansatz verfolgen, erfolgreicher“, sagte sie. „Eine Oxford-Studie belegt, dass 80 Prozent der Unternehmen, die einen längerfristigen Ansatz verfolgten, niedrigere Kapitalkosten hätten, geschäftlich besser abschnitten und eine höhere Aktienrendite als ihre Konkurrenz erzielten.“
Lady de Rothschild erhielt Unterstützung von Hywel Ball, Assurance Managing Partner für UK und Irland und Head of UK Audit von EY. Er vertritt das Unternehmen beim Embankment Project.
Er sagte: „In Bezug auf langfristige Werte fällt es Unternehmen anscheinend sehr schwer, ihren Plan und seine Umsetzung in klare Worte zu fassen. Wir möchten Unternehmen dabei unterstützen, ihre langfristige Aufgabe und Strategien besser zu verstehen und zu formulieren. Letzten Endes arbeiten wir daran, gemeinsam mit den Unternehmen den Gesellschaftsvertrag wieder zu erneuern, nachdem dieser während der Finanzkrise stark gelitten hatte.“
Lady de Rothschild bestand darauf, dass die Schaffung langfristigen Werts nicht als eine bloße zusätzliche Option betrachtet werden sollte. „Hier geht es nicht um Corporate Social Responsibility (CSR), um Impact Investments oder um Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsfonds“, erklärte sie. „Es geht darum, unser Geld in dem Bereich des Ökosystems zu investieren und auszugeben, der den Mitarbeitern, den Shareholdern und der Umwelt zugutekommt.“
„Das ist ein vorbildlicher Kreislauf“, fuhr sie fort. „Wenn die Unternehmen, die sich beispielsweise ihren Mitarbeitern und ihren Lieferanten gegenüber richtig verhalten, sich zu den wertvollsten ihrer Art entwickeln, müssen sie keine Angst vor feindlicher Übernahme, vor Investoren oder Behörden haben.“
„Das heißt, wir befinden uns auf einer Mission, den Kapitalismus und seine Funktionsweise von Grund auf zu verändern. Es ist ein Irrglaube, zu denken, Kapitalismus sei zu groß, um zu scheitern.“
Wir sind schon längst in der Zukunft angekommen
In der Plenarveranstaltung kam auch noch Gary Kabureck, ein Vorstandsmitglied des International Accounting Standards Board, zu Wort; daneben noch Simon Fraser, Vorsitzender des The Investor Forum, Sir Peter Westmacott, der ehemalige britische Botschafter in den USA und Non-Executive Director von EY, Eamonn McGrath, Leiter von Regulatory and Public Policy bei EY UK, und die Journalisten Nick Robinson und Gillian Tett.
Die Projektgruppen behandelten häufig das Thema Disruption. Von den wachsenden und steigenden Cyber-Bedrohungen bis zur Debatte darüber, wie Technologie die Rolle des Finanzwesens in der Zukunft verändern werde – all dies erfuhren die Delegierten von den Vertretern aus der Führungsebene.
Und einmal mehr lautete ein zentrales Thema: Wie passe ich mich als Unternehmen dieser rasanten Geschwindigkeit bei den Veränderungen an? Wie Mike Cowan, Leiter des Sektors Finance 4.0 bei EY UK und Irland, im Rahmen einer Sitzung zu diesem Thema darlegte, sind wir längst in der Zukunft angekommen: Big Data, Analytics und Robotik krempeln die Funktion des Finanzwesens von Grund auf um. „In den kommenden Jahren werden wir feststellen, dass sich Macht in Richtung all jener Akteure verschieben wird, die Daten kontrollieren und diese gewinnbringend nutzen können“, erläuterte er.
Cowans Session drehte sich um die Frage, wie neue Technologien – darunter auch Robotik, künstliche Intelligenz und Prognosen – den Mitarbeitern des Finanzwesens administrative Aufgaben abnehmen und ihnen so mehr Zeit verschaffen können, Ideen zu entwickeln und eine strategische Richtung für das Unternehmen auszuarbeiten.
„CFOs können einer Zukunft voller Chancen und Gelegenheiten entgegenblicken“, erklärte er und fasste damit einen großen Teil der Botschaft des Tages zusammen: Auch wenn Veränderungen disruptiv und schwierig zu bewältigen seien, arbeiteten besonders kluge Unternehmensleiter schon jetzt daran, neue Technologien und Ansätze für ihren geschäftlichen Erfolg einzusetzen.