4 Minuten Lesezeit 11 März 2020
Windräder

Warum eine Bepreisung von CO2 sinnvoll ist

Von Ute Benzel

Leitung Tax & Finance Operate and Legal Managed Services | EY Europe West

Ute Benzel steht für Teaming und dafür, mutig und neugierig langfristigen Erfolg sicherzustellen. Sie lebt in Köln, fährt Snowboard und Ski, segelt und spielt Tennis.

4 Minuten Lesezeit 11 März 2020

Unternehmen Umwelt: Europas Green Deal zwingt die Wirtschaft zum Wandel. Nutzt sie die Chancen, kann sie neue Marktführerschaften gewinnen.

Europa soll grün werden. Unter ihrer neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die EU die politischen Prioritäten neu gesetzt und ein ehrgeiziges Ziel ausgerufen: Bis 2050 will Brüssel die EU zum ersten klimaneutralen Kontinent transformieren. Kernprojekt dieses „Green Deals“: die Dekarbonisierung der europäischen Industrie durch Investitionen in grüne Technologien und die schrittweise Verschärfung der Regulatorik.

Der Ruf Brüssels blieb in Berlin nicht ungehört: Ganz im Sinne der EU-Kommission hat die Bundesregierung mit den Beschlüssen zum Klimaschutzprogramm 2030 gleich ein ganzes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Was kommt damit auf die Industrie zu und wie sollte sie reagieren?

Regulierung treibt Transformation

Kernelement der deutschen wie auch der europäischen Klimapolitik ist die Bepreisung von CO2. Dies soll die Nachfrage der Konsumenten steuern und mittel- bis langfristig Anreize für eine klimafreundlichere Produktion und für Investitionen in den Klimaschutz setzen. Die Frage, wie eine solche CO2-Bepreisung ausgestaltet werden soll, ist Teil einer breiten öffentlichen Debatte. Klar ist: Die drängende Dekarbonisierung bedeutet einen tiefgreifenden Wandel für Wirtschaft und Unternehmen. Und wie jeder Wandel ist sie Herausforderung und Chance zugleich.

Bis 2050 will Brüssel Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent transformieren.

Eine strenge Regulierung zwingt die Unternehmen zu Veränderungen und verursacht zunächst hohe Zusatzlasten. Bleibe ich in Deutschland oder verlagere ich meine Produktion ins Ausland? Investiere ich im großen Stil in neue Technologien oder warte ich erst einmal ab? Setze ich auf Sprunginnovation oder auf allmähliche Anpassung? Wie sich die Betroffenen diesem Druck im Einzelfall stellen und welche Entscheidungen sie treffen, ist Gegenstand der unternehmerischen Abwägung.

Inzwischen wächst jedoch bei etlichen Unternehmen der Wille, selbst zum Klimaschutz beizutragen und nachhaltig zu produzieren. So bekennen sich immer mehr DAX-Firmen zu dem Ziel, klimaneutral zu werden, und kündigen Investitionen in Milliardenhöhe in CO2-arme Technologien und andere Maßnahmen zur Emissionsreduktion an. 

Auch EY nimmt mit seiner Verpflichtung, bis Ende dieses Jahres CO2-neutral zu werden, eine Vorreiterrolle ein. Mit Steve Varley als erstem Global Vice Chair für Nachhaltigkeit verfolgen wir eine konsequente globale Nachhaltigkeitsstrategie. Dazu gehören etwa die Reduktion der jährlichen CO2-Emissionen in den weltweiten EY Offices um 10 %, die Beschränkung von Dienstreisen und Kooperationen mit Hotels zur Müll-, Energie- und Wasserverbrauchsreduktion. Was wir intern umsetzen, bieten wir auch extern an: So unterstützt unser „Climate Change and Sustainability Services“-Team unsere Mandanten bei der Umsetzung von Dekarbonisierungsstrategien und beim Aufbau einer grünen Kreislaufwirtschaft.

Der ‚Green Deal‘ ist unsere neue Wirtschaftswachstumsstrategie, eine Strategie, die mehr zurückgibt, als sie wegnimmt.
Ursula von der Leyen
EU-Kommissionschefin

Risiken reduzieren, Chancen nutzen

Je schneller der Wandel erfolgt, desto kleiner werden die Risiken und desto größer die Chance, neue Geschäftsfelder zu besetzen und Marktführerschaften zu gewinnen. Dies gilt für jedes einzelne Unternehmen ebenso wie für Europas Wirtschaft insgesamt. So haben laut Untersuchungen der Non-Profit-Organisation Carbon Disclosure Project (CDP) im vergangenen Jahr knapp 900 Börsenunternehmen aus Europa insgesamt 124 Milliarden Euro in die Reduzierung ihrer CO2-Emissionen investiert oder entsprechende Investitionen angekündigt. Davon flossen ca. 59 Milliarden Euro in CO2-arme Technologien und 65 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Wir scheinen einen regelrechten Wettbewerb um Klimaziele zu erleben. Zählt man alle derzeitigen Pläne zusammen, werden Europas Unternehmen insgesamt 2,4 Gigatonnen CO2-Emissionen vermeiden – mehr als Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Polen zusammen im Jahr ausstoßen.

Das zeigt: Wandel braucht einen verbindlichen Rahmen. Den setzt die Politik durch Regulierung. Daher halte ich einen CO2-Preis trotz aller Schwierigkeiten für sinnvoll, da er die nötigen Investitionsanreize in grüne Technologien setzt und negative externe Effekte durch CO2-Emissionen reduziert. Doch will Europa wirklich in 30 Jahren grün werden, sind alle – Unternehmer, Mitarbeiter und Konsumenten – gefordert, ihren Beitrag zu einem klimaneutralen Kontinent zu leisten.

Fazit

Bis 2050 will die EU der erste klimaneutrale Kontinent werden. Um das Ziel zu erreichen, soll der CO2-Ausstoß bepreist werden, um Investitionen in grüne Technologien zu beschleunigen. Der Regulierungsdruck wird die Transformation weiter treiben. Europas Unternehmen sollten die Chancen der Dekarbonisierung für ihr Geschäft nutzen.

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Von Ute Benzel

Leitung Tax & Finance Operate and Legal Managed Services | EY Europe West

Ute Benzel steht für Teaming und dafür, mutig und neugierig langfristigen Erfolg sicherzustellen. Sie lebt in Köln, fährt Snowboard und Ski, segelt und spielt Tennis.