Was immer Sie tun, vermeiden Sie Stranded Investments, investieren Sie klimasicher.
Gehen wir die verschiedenen Problembereiche einmal durch.
- Strom
Strom aus neuen Erneuerbare-Energien-Anlagen ist heute sehr günstig, die Mehrkosten gegenüber fossilen Anlagen sehr gering. Der Strom, den Ihr Unternehmen verbraucht, sollte daher weitestgehend erneuerbar sein – und zwar auf der Basis neuer Anlagen in Deutschland, die nicht staatlich garantierte Vergütungen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz erhalten. Sie sollten auf Ihren eigenen Firmengeländen möglichst viel Strom selbst herstellen – es gibt noch so viele ungenutzte Dachflächen – und Ihren Reststrombedarf direkt beim Produzenten kaufen. Das Stichwort lautet „Renewable Power Purchase Agreement“, in den USA ist es der Standard-Strombezug für nachhaltig ausgerichtete Unternehmen.
- Wärme
Sie und Ihre Beschäftigten möchten gerne in einem angenehm temperierten Gebäude arbeiten und wohnen, möglicherweise benötigen Sie auch Prozesswärme für Ihre Produktionsanlagen. Bisher nutzen Sie dazu wahrscheinlich die Wärme, die bei der Verbrennung von Heizöl oder Erdgas entsteht. Von Ihren Heizkesseln werden Sie sich trennen müssen. Denn selbst wenn klimafreundlich hergestellte Brennstoffe technisch möglich sind, so werden sie auf lange Sicht viel zu knapp und zu teuer sein, um sie zum Heizen zu verwenden. Investieren Sie Ihr Geld lieber in Energieeffizienz und in Wärmepumpen zur Wärmeproduktion – die wird automatisch umso klimafreundlicher, je klimafreundlicher der Strom wird, mit dem sie betrieben wird. Wir und andere Forschungsinstitute rechnen damit, dass bis 2050 zwischen 8 und 15 Millionen dieser Anlagen in Deutschland errichtet werden, um die Emissionen des Gebäudebereichs auf null zu senken. Voraussetzung dafür wiederum ist, dass die Gebäude vorher gedämmt werden. Schlummert hier vielleicht auch ein Geschäft für Sie?
- Verkehr
Sie lieben die Autonomie, die Ihr Dienstwagen Ihnen schenkt, Ihre Logistik haben Sie schon vor Jahren auf „just in time“ umgestellt und dank guter Flugverbindungen können Sie Ihre Kunden schnell besuchen. Auch hier werden Sie sich umstellen müssen – aber nicht allzu sehr, das ist die gute Nachricht. Denn Elektroautos werden immer günstiger, ihre Reichweite wird immer größer und die Ladetechnik dafür wird aufgebaut. Wenn Sie allerdings heute einen neuen Wagen mit Verbrennungsmotor anschaffen, dann sollten Sie sich vergegenwärtigen, dass dessen Betrieb immer teurer wird und es zumindest möglich ist, dass Sie ihn eines Tages nicht mehr (überall) benutzen dürfen. Schon von 2030 an werden viele europäische Städte Autos mit Verbrennungsmotor die Einfahrt verbieten. Der Verlust der Social Licence to Operate wird hier zum Verlust der Legal Licence to Operate. Immerhin: Was das Fliegen und den Güterverkehr angeht, müssen Sie sich keine Sorgen machen. Hier werden wir synthetische Brennstoffe aus Ökostrom tatsächlich brauchen. Falls Sie also Anlagenbauer sein sollten: Hier entsteht ein großes Geschäft.
- Landwirtschaft
Kühe stoßen bei der Verdauung das Treibhausgas Methan aus, beim Düngen entsteht das ebenfalls klimaschädliche Lachgas und Tierfutter wird häufig auf Flächen angebaut, für die tropischer Regenwald vernichtet wurde. Was man dagegen tun kann, können Sie zum Beispiel beim Wursthersteller Rügenwalder Mühle sehen, der seit einigen Jahren mit vegetarischen Produkten sehr erfolgreich ist. Falls Sie Land besitzen, lässt sich dieses auch direkt zum aktiven Klimaschutz einsetzen: Nach Lage der Dinge wird die Menschheit in großem Stil CO2 aus der Luft entfernen müssen, um die Erderwärmung zu begrenzen. Das aber können Pflanzen am günstigsten und schnellsten – vorausgesetzt, sie werden hinterher nicht einfach wieder verbrannt, sondern so behandelt, dass das CO2 auf ewig gebunden bleibt – beispielsweise in Form von Terra Preta, einem Bodenverbesserer aus Holzkohle, der schon seit Jahrhunderten in Südamerika genutzt wird. Vielleicht könnten Sie die Wärme, die bei dessen Herstellung anfällt, auch in ihrem Unternehmen nutzen?
Denn auch wenn Ihnen das Klima egal sein sollte, diese für Sie wichtigen Gruppen werden auf Klimafreundlichkeit Wert legen – und kommen gar nicht darum herum, Sie auszulisten, sollten Sie sich klimaschädlich verhalten.
Und schließlich: Was immer Sie tun, vermeiden Sie Stranded Investments, investieren Sie klimasicher. Wenn Investitionen, die Sie heute tätigen, im Jahr 2050 noch für Ihren Geschäftsbetrieb wichtig sein werden, aber CO2 ausstoßen, werden Sie Probleme mit Larry, Ihren Geldgebern und Ihren Kunden bekommen. Denn auch wenn Ihnen das Klima egal sein sollte, diese für Sie wichtigen Gruppen werden auf Klimafreundlichkeit Wert legen – und kommen gar nicht darum herum, Sie auszulisten, sollen Sie sich klimaschädlich verhalten.
Vorreiter profitieren auch finanziell
Wenn Sie hingegen zu den Vorreitern gehören, so kehren sich die Klimaanforderungen auf einmal in Wettbewerbsvorteile um. Können Sie zum Beispiel klimafreundlichen Zement liefern, Ihre Mitbewerber aber nicht? Auch nicht zu verachten: Sowohl auf Bundes- als auch auf EU-Ebene werden gerade Koffer mit sehr viel Geld gepackt, das Wirtschaft, Regionen und Bevölkerung bei der Bewältigung der klimafreundlichen Transformation helfen soll. Das könnte doch auch Ihr Geld sein, meine ich.
Sie merken sicher schon: Die klimafreundliche Transformation der Gesellschaft und der Wirtschaft ist keine Aufgabe, die man ungern angehen muss. Schließlich sind die Ausgaben, die immer mal wieder als Argument gegen Klimaschutz und Energiewende angeführt werden, nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite heißt: Die Kosten des einen sind die Umsätze des anderen. Und so viel ist sicher: Die Klimapolitik kennt nur eine Richtung, sie wird den Druck Richtung Klimaneutralität immer weiter erhöhen. Unternehmen, die einen großen CO2-Fußabdruck hinterlassen, werden daher immer mehr zahlen. Unternehmen, die Lösungen anbieten, aber können mit steigenden Umsätzen rechnen.
Fazit
Wissen Sie, wie viel Tonnen CO2 Ihr Unternehmen im Jahr ausstößt? Wie viel CO2-Ausstoß in den Vorprodukten steckt, die Sie einkaufen? Und wie viel CO2 jene Produkte ausstoßen werden, die Sie heute verkaufen? Mit anderen Worten: Wissen Sie, wie viel Ihr Unternehmen zur Klimaerwärmung beiträgt? Im Gastbeitrag analysiert Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende, vier Bereiche, die dekarbonisiert werden müssen – Strom, Wärme, Verkehr und Landwirtschaft.