3 Minuten Lesezeit 7 Juni 2023
Elegante Frau beim Lebensmitteleinkauf

Future Consumer Index: Leichter Optimismus bei deutschen Verbrauchern

Von Michael Renz

Leiter EY Global Retail Technology, EY Consulting GmbH | Deutschland

Fokussiert auf die Transformation von Unternehmen von innen nach außen. Agent des Wandels. Achtsam in der Zusammenarbeit. Skifahrer. Vater.

3 Minuten Lesezeit 7 Juni 2023

Deutsche geben wieder mehr Geld für Lebensmittel aus. KI als Instrument der Händler, um mit Kunden in Interaktion zu treten, erregt Skepsis.

Überblick
  • Deutsche Verbraucher passen ihr Einkaufsverhalten nach wie vor ihrer finanziellen Situation an.
  • Für Lebensmittel ist das Budget gestiegen, dafür wird bei Lieferdiensten und Fitnessstudios gespart.
  • Obwohl künstliche Intelligenz im Einkaufsprozess Vertrauen genießt, ist die Akzeptanz für ihren Einsatz zur Verbesserung des Einkaufserlebnisses in Deutschland relativ gering.

Das Lebensgefühl der Verbraucher hat sich stark verändert, neue Prioritäten und Werte haben sich herausgebildet. Das zeigt sich auch deutlich in der Art und Weise, wie die Menschen in Deutschland einkaufen, leben und konsumieren. Der Future Consumer Index zeigt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher heute mehr Wert auf ihre persönlichen Finanzen legen – und mit dieser Einstellung verändert sich auch das Einkaufsverhalten. Für den Future Consumer Index hat EY insgesamt 21.005 Menschen in 27 Ländern befragt – davon 1.000 in Deutschland.

Nach wie vor starke Einschränkungen beim Einkaufen

Auffällig ist, dass die deutschen Kunden ihr Einkaufsverhalten an ihre finanzielle Situation anpassen: So geben in der aktuellen Umfrage 76 Prozent der Befragten an, sich beim Einkaufen einschränken zu müssen. 56 Prozent geben an, weniger Geld als früher für notwendige Produkte auszugeben, 44 Prozent kaufen nur das Nötigste, während 39 Prozent vor allem auf günstigere Eigenmarken setzen. Etwa jeder vierte Umfrageteilnehmer (24 Prozent) gibt an, sich beim Einkauf nicht einschränken zu müssen. Im Vergleich zur vorherigen Befragung im Herbst 2022 haben sich die Zahlen nur geringfügig verändert – der Anteil derer, die Abstriche machen müssen, ist unverändert hoch.

Verändert hat sich hingegen die Einschätzung der Verbraucher bezüglich der Frage, ob die Preise weiter steigen werden. So erwarten zwar immer noch 69 Prozent der Befragten, dass die Energiekosten weiter steigen werden, im Herbst 2022 waren es jedoch noch 84 Prozent. Bei Benzin und anderen Kraftstoffen erwarten 65 Prozent einen weiteren Anstieg (Herbst 2022: 83 Prozent), 70 Prozent glauben, dass Lebensmittel in Zukunft noch teurer werden (Herbst 2022: 80 Prozent). Dass die Preise nicht weiter steigen werden, glauben nur acht von hundert Verbrauchern – immerhin doppelt so viele wie in der letzten Befragung.

Man at supermarket

EY Future Consumer Index – Wave 12

Obwohl Menschen in Deutschland optimistischer in die Zukunft blicken, liegen sie deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. Diese und viele weitere spannende Ergebnisse können Sie im Future Consumer Index 2023 nachlesen.

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Weniger Lieferdienste, aber auch weniger Eigenmarken

Sparen wollen die Deutschen in den kommenden Monaten vor allem bei Lieferdiensten (51 Prozent) und Fitnessstudios (47 Prozent). Ein ambivalentes Bild zeigt sich beim Thema Urlaub: Während rund ein Drittel (35 Prozent) angibt, künftig weniger Geld als bisher ausgeben zu wollen, planen 26 Prozent höhere Ausgaben für Reisen. Am geringsten ist die Sparbereitschaft bei frischen Lebensmitteln: Hier planen nur 14 Prozent der Befragten Budgetkürzungen, während 33 Prozent wieder mehr Geld in die Hand nehmen wollen. Dies spiegelt sich auch im Kaufverhalten bei Eigenmarken wider: Griffen im Herbst noch 36 Prozent bevorzugt zu Eigenmarken, ist es in der aktuellen Befragung nur noch jeder Vierte – ein Rückgang um 11 Prozentpunkte. Besonders deutlich ist der Rückgang bei verarbeiteten Lebensmitteln: Wollten hier im Herbst noch fast drei Viertel (73 Prozent) zu Eigenmarken greifen, sind es jetzt nur noch 53 Prozent. Auch bei den Pflegeprodukten ist ein deutlicher Rückgang von 70 Prozent im Herbst auf 48 Prozent in der aktuellen Befragung zu verzeichnen.

Der vorsichtige Optimismus schlägt sich auch konkret in den Zahlen nieder: Glaubten im Herbst noch 52 Prozent, dass es ihnen in drei Jahren schlechter gehen wird als heute, sind es jetzt nur noch 43 Prozent. Der Anteil derer, die glauben, dass es ihnen in drei Jahren besser gehen wird, ist innerhalb eines halben Jahres von 16 auf 23 Prozent gestiegen. Nahezu gleich geblieben ist der Anteil derer, die keine Veränderung erwarten: Er stieg leicht von 32 auf 34 Prozent. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit aber immer noch deutlich unter dem Durchschnitt (48 Prozent). Nur die Franzosen (17 Prozent glauben, dass es ihnen in drei Jahren besser gehen wird) und die Japaner (14 Prozent) sind noch pessimistischer. Spitzenreiter sind Indien mit 76 Prozent der Befragten, die eine Verbesserung erwarten, China (69 Prozent) und Saudi-Arabien (67 Prozent).

KI und Metaverse beim Einkaufen – Skepsis in Deutschland

Künstliche Intelligenz (KI) und KI-Anwendungen werden den öffentlichen Diskurs in den nächsten Jahren entscheidend prägen. Längst ist das Thema auch in Deutschland angekommen: Nur 4 Prozent der Befragten geben an, noch nie von KI gehört zu haben. Allerdings behauptet nur jeder Siebte (14 Prozent), sich gut damit auszukennen. Die meisten geben an, nur wenig über KI zu wissen (62 Prozent) oder das Thema nicht zu verstehen (21 Prozent). Weltweit sind die Zahlen ähnlich: 93 Prozent der Menschen haben schon einmal von KI gehört. Beim Metaverse sind die Zahlen niedriger: 43 Prozent der Befragten haben noch nie vom Metaverse gehört, nur 15 Prozent haben es schon einmal besucht.

Beim Einkaufen ist in Deutschland das Vertrauen in KI zwar vorhanden, aber noch nicht weit verbreitet: So sind 57 Prozent der Befragten bereit, sich von Chatbots beim Einkaufen unterstützen zu lassen (weltweit: 62 Prozent), 48 Prozent finden personalisierte Werbung vorteilhaft (weltweit: 60 Prozent). Für den Einsatz von KI zur Verbesserung des Einkaufserlebnisses können sich allerdings nur 43 Prozent der Deutschen erwärmen – weltweit sind es mit 85 Prozent doppelt so viele. In Indien ist die Akzeptanz von KI beim Einkaufen weltweit am höchsten: 86 Prozent begrüßen einen Chatbot, 84 Prozent finden personalisierte Werbung gut und 82 Prozent glauben grundsätzlich, dass KI das Einkaufserlebnis verbessert.

Fazit

Das Einkaufsverhalten der Deutschen ändert sich: Mittlerweile geben die Verbraucher hierzulande wieder mehr Geld für Lebensmittel aus. Dennoch wollen viele sparen, zum Beispiel bei Lieferdiensten. Beim Thema KI hinkt Deutschland im weltweiten Vergleich hinterher: Die Menschen sind vergleichsweise skeptisch bei Themen wie Chatbots oder personalisierter Werbung.

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Von Michael Renz

Leiter EY Global Retail Technology, EY Consulting GmbH | Deutschland

Fokussiert auf die Transformation von Unternehmen von innen nach außen. Agent des Wandels. Achtsam in der Zusammenarbeit. Skifahrer. Vater.