3 Minuten Lesezeit 14 November 2023
Autobahnbrücke mit Verkehr

Wie Circular Economy die Arbeit der Finanzabteilung verändert

Von Dr. Carsten Gerhardt

Partner, Advanced Manufacturing, EY Consulting GmbH | Europe West

Begeistert von Circular Economy

3 Minuten Lesezeit 14 November 2023

Warum Experten von der nächsten industriellen Revolution sprechen und wie Unternehmen sie finanzieren

Überblick
  • Der Übergang zur Circular Economy beeinflusst die Arbeit der Finanzabteilung erheblich.
  • Neben den klassischen Instrumenten etablieren sich zunehmend neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Transformation zur Circular Economy.
  • Wie jeder Umbruch birgt auch der Wandel zur Circular Economy finanzielle Risiken, aber auch große Chancen für Unternehmen.

Produzieren, Nutzen, Wegwerfen: Noch immer sind wir nicht in der Lage, Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch voneinander zu trennen. Knappe Ressourcen und die fortschreitende Umweltzerstörung zwingen zum Umdenken. Nach dem Vorbild der Natur müssen wir schnellstmöglich zu einer Kreislaufwirtschaft kommen. Nur ist das leichter gesagt als getan! Warum Experten von der nächsten industriellen Revolution sprechen und wie Circular Economy die Arbeit der Finanzabteilung verändert.

Nachhaltige Finanzierung (Sustainable Finance) und Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) sind zwei sich ergänzende Konzepte, die Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit miteinander verschmelzen. Sustainable Finance bezieht sich auf die Finanzierung nachhaltiger Projekte und Unternehmen, Ziel der Circular Economy ist es, Stoffkreisläufe zu schließen und die menschengemachten Umwelteinträge in Luft, Wasser und Boden idealerweise auf null zu reduzieren. Deshalb ist es nicht übertrieben, Circular Economy als fünfte industrielle Revolution zu bezeichnen. Schließlich müssen mannigfache neue Konzepte her: Produkte müssen so designt sein, dass sie später weiter- oder wiederverwendet werden können. Die Ausgangsstoffe in der Produktion müssen auf recycelte oder nachwachsende Rohstoffe umgestellt werden. Und schließlich braucht es Verfahren zur Rückführung, zum Zerlegen und zum Recycling. Ein schönes Beispiel für geschlossene Kreisläufe ist die Getränkedose aus Aluminium in Deutschland. Seitdem das Dosenpfand eingeführt wurde, werden nahezu alle Dosen in den Kreislauf zurückgeführt und das Weißblech kann wiederverwendet werden.

Es ist nicht übertrieben, Circular Economy als fünfte industrielle Revolution zu bezeichnen.

Finanzielle Chancen und Risiken der Circular Economy

Die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft birgt sowohl finanzielle Risiken als auch Chancen für Unternehmen. Erweisen sich Circular-Economy-Technologien durch Weiterentwicklungen schnell wieder als überholt, werden die anfänglichen Investitionskosten zu schmerzlichen Verlusten. Unsicher ist auch, ob sich neue, nachhaltige Produkte und Dienstleistungen am Markt durchsetzen. Zudem besteht die Gefahr, dass die erwarteten positiven Umweltauswirkungen nicht erreicht werden. Auf der anderen Seite bieten Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Geschäftsmodelle erhebliche Chancen. Dies kann geringere Beschaffungs- und Entsorgungskosten, den effizienteren Einsatz von Ressourcen und die Erschließung neuer Märkte und Einnahmequellen durch die Wiederverwendung von Produkten oder völlig neue Geschäftsmodelle wie das Angebot von Reparaturdienstleistungen umfassen.

Finanzierung von Circular-Economy-Maßnahmen

Der Übergang auf Circular Economy hat erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit der Finanzabteilung. Zum einen erfordert die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft zunächst Investitionen in innovative Technologien und Geschäftsmodelle, um Produkte langlebiger und wiederverwertbar zu machen. Die Finanzabteilung muss diese planen, budgetieren und Finanzierungsmöglichkeiten erkunden. So wird in der Bauindustrie beispielsweise der Wert von rückgewinnbaren Rohstoffen von Beton über Dämmmaterialien bis hin zum Solarpanel im Sinne einer Materialbank zu berücksichtigen sein. Hinzu kommen notwendige Umstrukturierungen von Geschäftsprozessen, die wiederum finanzielle Auswirkungen von der Umschulung von Mitarbeitenden bis hin zu den Betriebskosten haben können, die die Finanzabteilung verwalten muss.

Unternehmen, die die Chancen der Circular Economy nutzen möchten, müssen ihre Finanzabteilungen in die Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Strategien einbeziehen.

Circular-Economy-Maßnahmen werden zumeist ganz klassisch aus Gewinnen bestehender Geschäftstätigkeit oder über Kredite finanziert. Zunehmend bieten sich jedoch auch andere Optionen. Risikokapitalgeber und private Investoren suchen gezielt nach Unternehmen, die positive soziale und ökologische Auswirkungen erzielen. Sie können dazu beitragen, die Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsinitiativen zu beschleunigen, und bieten gleichzeitig finanzielle Unterstützung. In einigen Ländern loben Regierungen und regionale Organisationen finanzielle Anreize und Fördermittel für Unternehmen aus, die in nachhaltige Praktiken investieren. Eine weitere Option für Projekte mit Umweltauswirkungen bieten grüne Anleihen (sog. Green Bonds). Kommen die Anforderungen nach mehr Kreislaufwirtschaft durch die Kunden, lassen sich teilweise Preisaufschläge durchsetzen, die in der Wertschöpfungskette durchgereicht werden können.

Unternehmen, die die Chancen der Circular Economy nutzen möchten, müssen ihre Finanzabteilungen in die Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Strategien einbeziehen. Die erfolgreiche Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft erfordert eine ganzheitliche Sichtweise, bei der finanzielle Überlegungen im Einklang mit ökologischen und sozialen Zielen stehen. Dieser Ansatz ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern kann langfristig auch finanzielle Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit fördern.

Fazit

Wir leben über unsere Verhältnisse und verbrauchen mehr Ressourcen, als die Erde verkraften kann. Aus der Einbahnstraße aus Produzieren, Nutzen und Wegwerfen muss eine Circular Economy werden. Das klingt leichter, als es ist. Schon sprechen Experten von der fünften industriellen Revolution, die auch die Arbeit der Finanzabteilung maßgeblich verändert.

Über diesen Artikel

Von Dr. Carsten Gerhardt

Partner, Advanced Manufacturing, EY Consulting GmbH | Europe West

Begeistert von Circular Economy