5 Minuten Lesezeit 1 Januar 2018
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Wie sehen die Geschäfts- und Steuermodelle der Konsumgüterindustrie von morgen aus?

Von EY Global

Multidisciplinary professional services organization

5 Minuten Lesezeit 1 Januar 2018

Um ihren Kunden näherzukommen, sollten die Geschäfts- und Steuermodelle internationaler Unternehmen flexibel, effizient und kontrolliert sein.

Globale Konsumgüterunternehmen (KGUs) legten ihren Organisationsstrukturen bisher meist die Annahme zugrunde, dass Größe zählt. Die Skalenvorteile eines globalen oder regionalen Geschäftsmodells verschafften ihnen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Und auch aus steuerlicher Sicht waren viele dieser Modelle attraktiv.

Vor dem Hintergrund der raschen Disruption ihrer Branche sollten globale KGUs jedoch den Wert eines globalen Geschäftsmodells überdenken. Die alten Strukturen erfüllen häufig ihren Zweck nicht mehr.

Technologische und wirtschaftliche Innovationen ermöglichen es Kunden weltweit, ihre Einkäufe zu erledigen, wann und wie es ihnen passt. Sie halten dabei zunehmend Ausschau nach Produkten, die lokal, authentisch, transparent, rückverfolgbar und ethisch sind. Weltweit einheitliche Produkte verlieren dagegen an Attraktivität. Dieser tiefgreifende Wandel des Konsumverhaltens verringert für viele Unternehmen den Wert ihrer globalen Aufstellung.

Gleichzeitig etablieren sich lokale Player am Markt und werden zu ernstzunehmenden Mitstreitern. Da sie näher am Kunden sind, fällt es ihnen oft leichter als der multinationalen Konkurrenz, relevante Angebote zu schaffen. Und ohne globale Hierarchien treffen sie Entscheidungen schneller und sind damit agiler.

Auch ein verändertes Steuerumfeld stellt einige Geschäftsmodelle auf den Prüfstand. Regulierungs- und Steuerbehörden konzentrieren sich zunehmend darauf, wie und wo Wert geschaffen wird, und drängen auf eine stärkere Berücksichtigung lokaler immaterieller Werte.

STRATEGIEN

33%

der Führungskräfte in KGUs meinen, ein unflexibles Geschäftsmodell sei die größte Hürde für die Weiterentwicklung ihres Unternehmens. Dies zeigte 2016 unsere globale Umfrage unter mehr als 200 führenden Unternehmen der Branche.

Wie Sie die richtige Balance finden

Treffen die Folgen dieser Veränderungen zusammen, bedeutet das für viele Unternehmen einen Wendepunkt. Ermöglicht Ihr aktuelles Geschäftsmodell noch weiteres Wachstum? Und wenn Sie Veränderung anstreben – sollte diese eher durch Evolution oder durch Revolution zustande kommen?

In manchen Geschäftsbereichen könnte Größe ein Erfolgsfaktor bleiben. Ein überdurchschnittlich zentralisiertes Modell ist für kundenferne Bereiche der Wertschöpfungskette wie Querschnittfunktionen im Back-Office und einige hochtechnische Kompetenzzentren vermutlich immer noch die wirtschaftlich sinnvollste Lösung.

In anderen Bereichen bringt größere Kundennähe dagegen Vorteile, welche die Mehrkosten verpasster Skaleneffekte bei weitem übertreffen. Geht es zum Beispiel um die Entwicklung marktspezifischer Produkte, Preise oder Werbemaßnahmen, könnte ein dezentralisiertes Unternehmensmodell Ihren Anforderungen besser gerecht werden.

Unternehmen sollten daher jeden Bereich ihrer Wertschöpfungskette auf den Prüfstand stellen und sich fragen: „Was bringen uns Wettbewerbsvorteile?“ und „Mit welchem Modell können wir den Markt erobern?“

VERÄNDERUNGEN

68%

der Führungskräfte von KGUs wissen, dass sie ihr Geschäftsmodell grundlegend verändern müssen. Dies zeigte 2016 unsere globale Umfrage unter mehr als 200 führenden Unternehmen der Branche.

Der Preis lokaler Stärke

Auch die richtige Balance zwischen Flexibilität, Effizienz und Kontrolle ist wichtig. Wären Sie bereit, in Ihren Betriebskosten auf einige Prozentpunkte zu verzichten oder einen besseren Steuersatz aufzugeben, wenn Sie dafür Ihr Unternehmen flexibler gestalten und am Ende Marktanteile gewinnen können?

Wenn Sie Teile Ihres Geschäfts dezentralisieren, können Sie die Entwicklung marktspezifischer Wachstumsstrategien an das Management vor Ort delegieren. Diese Delegationsstrategie kann allerdings höhere Kosten und weniger Kontrolle bedeuten, wenn sie nicht angemessen unterstützt wird.

Zusätzlich kann ein flexibleres Führungsmodell den Unternehmergeist stärken und neue, innovative Wachstumsoptionen erschließen. Auch hierbei entstehen aber neue Risiken durch die kostspielige Dopplung von Funktionen und einen möglichen Kontrollverlust.

Welches Modell ist das richtige für Sie?

Einige globale KGUs reagieren auf diese gegenläufigen Triebkräfte mit einer ganzen Palette neuer Geschäftsmodelle. Wenn Sie sich von den einheitlichen Modellen der Vergangenheit verabschieden, ebnen Sie den Weg für einen maßgeschneiderten, ausgewogenen Ansatz – einen Ansatz, der es Ihnen ermöglicht, das jeweils richtige Maß an Kontrolle für unterschiedliche Geschäftsbereiche zu finden.

In anderen Worten: Das Maß an Zentralisierung wird sich je nach Funktion, Produktkategorie, Marke und Markt unterscheiden und sollte die spezifischen Treiber von Wettbewerbsvorteilen in jedem Bereich widerspiegeln.

WANDEL

38%

der KGUs können nur schwer mit den immer neuen Bedürfnissen und Verhaltensweisen ihrer Kunden mithalten. Dies zeigte 2016 unsere globale Umfrage unter mehr als 200 führenden Unternehmen der Branche.

Was dies für Ihre Steuern bedeutet

Die Steuerfunktion muss sich an die Realität der Geschäftswelt anpassen. Realität bedeutet dabei, dass Wert auf unterschiedlichen Ebenen und an unterschiedlichsten Orten der Wertschöpfungskette erzeugt wird und nicht in der perfekt aufgeräumten Vorstandsetage einer Regionalniederlassung. Stellen Sie sich bei der kritischen Prüfung Ihres Steuermodells folgende Frage:

1.    Machen „traditionelle Modelle“ in einer veränderten Welt noch Sinn?

  • Eignen sich risikobeschränkte Vertriebsmodelle für Märkte, in denen Sie wachsen wollen?
  • Könnten regionale Fertigungsdrehkreuze die Lieferkette agiler machen?
  • Können Sie mit zentralisierten Preismodellen rasch auf die Marktbedingungen reagieren?

2.    Wenn Ihr Geschäftsmodell einzigartig für die Branche ist (und sich daher nur schwer mit anderen vergleichen lässt), was ist dann das richtige Verrechnungspreismodell für Ihr Unternehmen?

3.    Erhöhen neue Geschäftspraktiken das Risiko bei der Direktbesteuerung – wie gehen Sie mit Risiken bei Private Equity und Quellensteuer um?

4.    Wie stimmen Sie in Ihrem neuen Modell die Schaffung, Erhaltung und Nutzung von geistigem Eigentum sinnvoll aufeinander ab?

5.    Wie sollten die rechtlichen Organisationseinheiten aussehen, die Sie für die Funktionen, Anlagen und Profite Ihres Unternehmens brauchen?

6.    Wie wirken sich Ihr neues Verrechnungspreismodell und Ihre neuen Transaktionsflüsse auf Ihre direkten und indirekten Steuerverbindlichkeiten aus?

7.    Welche Rolle soll Finanzierung in Ihrem neuen Steuermodell spielen? Funktionieren Ihre Finanzzentren auch bei einem stärker dezentralisierten Modell?

8.    Wie bewerten Sie den Geschäftsbeitrag nicht-menschlicher Funktionen? (Wie bewerten und honorieren Sie zum Beispiel Daten und intelligente Automatisierung?)

9.    Wie können Sie Ihr neues Modell möglichst flexibel gestalten, damit Sie schnell wachsen oder neuen Anforderungen gerecht werden können?

10.  Wie gut können Sie sich bei Ihren neuen Steuer- und Geschäftsmodellen auf Ihre aktuellen Anreize, Verrechnungspreiszusagen und Regelungen verlassen?

In einem grundlegend veränderten Unternehmens- und Steuerumfeld wird es zu einer komplexeren und vielfältigeren Aufgabe, ein Geschäfts- und Steuermodell mit der richtigen Balance zwischen globaler Konsistenz und regionaler Unabhängigkeit zu entwickeln und umzusetzen.

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Fazit

Indem Sie sich von den einheitlichen Modellen der Vergangenheit verabschieden, ebnen Konsumgüterunternehmen den Weg für einen maßgeschneiderten, ausgewogenen Ansatz, der es Ihnen ermöglicht, das jeweils richtige Maß an Kontrolle für unterschiedliche Geschäftsbereiche zu finden.

Über diesen Artikel

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