Konnten Sie den deutschen Unternehmen helfen, die Krise zu bewältigen?
Bongart: Zusammen mit unseren EY-Fachteams haben wir innerhalb kürzester Zeit Taskforces aufgebaut und für die genannten Themen Lösungsmöglichkeiten entwickelt – angefangen von arbeitsrechtlichen und Liquiditätsfragen bis hin zu der Aufgabe, wie Lieferketten reorganisiert und langfristig stabil aufgebaut werden können, was derzeit eine der dringendsten Aufgaben ist. Darüber hinaus haben wir unsere Mandanten zu Webcasts eingeladen, in denen wir die Herausforderungen diskutiert und Lösungsmöglichkeiten vorgestellt haben.
Wie geht es aus Ihrer Sicht der chinesischen Wirtschaft zurzeit? Und wie geht es den deutschen Unternehmen, die in China aktiv sind?
Bongart: Die chinesische Wirtschaft nimmt langsam wieder Fahrt auf, wobei das Wiederhochfahren der Produktion nach Aussage vieler Unternehmen erstaunlich gut und schnell klappt. Die meisten von ihnen sind wieder online und produzieren bereits wieder zwischen 50 und 100 Prozent. Jetzt besteht das größte Problem darin, insbesondere in den hochpreisigen Marktsegmenten die Nachfrage wieder anzukurbeln. Die chinesischen Konsumenten sind aufgrund der Krise und der Frage wie es weitergeht noch verunsichert, weshalb sie größere Kaufentscheidungen zurückhalten. Es kommt also sehr stark darauf an, Vertrauen zu schaffen.
Glauben Sie, dass die Corona-Krise die Handelsbeziehungen und die Lieferketten zwischen China und insbesondere Deutschland langfristig verändern wird?
Bongart: Das ist eine Frage, die uns alle sehr beschäftigt. De facto ist es so, dass es für einige Industrien derzeit keine Alternative zu China gibt. Bei anderen Produkten wie beispielsweise medizinischer Schutzkleidung und Medikamenten wird und muss man versuchen, diese nach Deutschland oder zumindest nach Europa zurückzuholen. Darüber wird in der Politik ja auch schon offen diskutiert.
Was können wir aus der Krise lernen?
Bongart: Für die Unternehmen hat sich gezeigt, dass Notfallpläne überlebenswichtig sind. Dazu gehören beispielsweise ein verlässliches Risiko- und Liquiditätsmanagement, eine klare Aufgabenverteilung sowie eine offene und transparente Mitarbeiter- und Öffentlichkeitskommunikation – und ein hoher Digitalisierungsgrad. Darüber hinaus hoffe ich, dass wir gelernt haben, dass eine so große Krise nur durch gegenseitige Hilfe und in enger Abstimmung von Regierungen, Wirtschaft und Gesellschaft zu bewältigen ist.