„Ich habe gelernt, dass ein gutes Team das Wichtigste ist. Man kann die besten Ideen und Vorstellungen haben, aber wenn es nicht andere Menschen gibt, die sie teilen und umsetzen, sind diese Ideen und Vorstellungen nichts wert.“
Der Juwelier Georg Leicht sagte einmal, dass er niemanden kenne, der sich mit so viel Charme und Durchsetzungskraft in der Uhrenbranche behauptet hat wie Sie. Was sind aus Ihrer Sicht die Voraussetzungen für Erfolg?
Hutter: Das ist natürlich ein Kompliment, über das ich mich sehr freue! Erfolg hat aus meiner Sicht verschiedene Aspekte: Zuallererst muss es eine Vision geben, an die man felsenfest glaubt. Sie ist der Nordstern, der einen leitet. Dann muss man seinen Weg konsequent gehen. Wenn es Hindernisse gibt, kann man vielleicht einmal einen Umweg machen, aber die Schwierigkeiten dürfen einen nicht vom Ziel abbringen. Und dann kommt es auf das Team an. Nur mit einer guten Mannschaft kann man Visionen in die Tat umsetzen und neue Ideen entwickeln und dann mutig realisieren. Ein schönes Beispiel dafür ist unsere Tefnut-Twist-Uhr: Sie wird nicht über die klassische Krone, sondern mit dem drehbaren Armband aufgezogen. Damit können insbesondere Frauen mit frisch lackierten Fingernägeln einfach und komfortabel ihre Uhr aufzuziehen. Das ist ein echtes Novum in der Branche, für das wir sehr viel Anerkennung erhalten haben. Die Idee dafür kam aus dem Team.
Die Moritz-Grossmann-Manufaktur hatte gerade ihren zwölften Geburtstag. Auch wenn es kein rundes Jahr ist, so war es doch ein besonderes. Wie haben Sie den Geburtstag gefeiert?
Hutter: Leider konnten wir wegen Corona unseren zwölften Geburtstag nicht gemeinsam im Team feiern. Das war sehr schade. Dafür haben wir aber eine ganz besondere Geburtstagsuhr gebaut, die auf weltweit zwölf Exemplare limitierte XII Birthday Edition. Das Besondere an dieser Uhr ist ihr anreibeversilbertes Zifferblatt. Wir konnten dafür einen der letzten Experten in Glashütte ausfindig machen, der diese besondere Veredelungstechnik aus dem 19. Jahrhundert noch beherrscht. Ich glaube, dass wir mit dieser Uhr unseren Geburtstag gebührend gefeiert haben. Immerhin waren die zwölf Exemplare unserer Birthday-Edition innerhalb nur weniger Tage verkauft.
Ihre Uhrenmanufaktur wird immer wieder als ein Senkrechtstarter der deutschen Uhrenindustrie bezeichnet. Wo soll die weitere Reise hingehen? Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Hutter: Ob wir ein Senkrechtstarter sind? Das weiß ich nicht so genau. Aber es ist eine schöne Anerkennung! Wir haben ein klares Ziel: Wir wollen später einmal 800 bis 1000 Uhren im Jahr herstellen – aber nicht mehr. Ansonsten könnten wir unsere Philosophie, einfache, aber wirklich vollkommene, handgefertigte Uhren zu bauen, nicht einhalten. Dabei orientieren wir uns an der Abhandlung Moritz Grossmanns aus dem 19. Jahrhundert über die Konstruktion einer einfachen, aber mechanisch vollkommenen Uhr. Mit einer automatisierten Produktion könnten wir diesen hohen Anspruch an handgefertigte Mechanik und höchste Finissierung nicht einhalten. Ebenso wollen wir weiterhin ein echter Nischenplayer sein, klein, aber fein. Wir legen Wert auf Qualität, nicht auf Quantität. Da wir eine kleine, inhabergeführte Manufaktur sind, gehört dazu neben der eigenen Entwicklung und Umsetzung innovativer und funktionaler Mechaniken auch die Möglichkeit, unsere Uhren zu personalisieren.
„Wir wollen ein echter Nischenplayer sein, klein, aber fein. Wir legen Wert auf Qualität, nicht auf Quantität. Ansonsten könnten wir unsere Philosophie, einfache, aber wirklich vollkommene, handgefertigte Uhren zu bauen, nicht einhalten.“
Seit einiger Zeit sind Sie auch digital unterwegs. Wie soll es hier weitergehen?
Hutter: Insbesondere während der Corona-Zeit haben wir unsere Digitalstrategie intensiv und sehr erfolgreich ausgebaut. So haben wir innerhalb kürzester Zeit rund 25.000 Follower für unseren Instagram-Kanal begeistern können. Wegen des Lockdowns und der Kontaktsperre lassen wir unsere weltweiten Kunden beispielsweise auch virtuell am Zusammenbau ihrer ganz persönlichen Uhr hier in Glashütte teilnehmen. Das hilft uns, trotz Corona den für uns sehr wichtigen engen Kontakt zu unseren Kunden zu halten. Diesen digitalen Weg wollen wir konsequent weiter ausbauen. Als i-Tüpfelchen werden wir schon bald mit einer eigenen Online-Boutique an den Start gehen. Hier können unsere Kunden ihre Uhr nach Wunsch konfigurieren und über einen eigenen Concierge-Service jederzeit eine individuelle Beratung erhalten. Vollendete mechanische Uhrmacherkunst auf der einen und kreatives Digitalmarketing auf der anderen Seite sind für uns keine Gegensätze.
„Insbesondere während der Corona-Zeit haben wir unsere Digitalstrategie intensiv und sehr erfolgreich ausgebaut. Vollendete mechanische Uhrmacherkunst auf der einen und kreatives Digitalmarketing auf der anderen Seite sind für uns keine Gegensätze.“
Fazit
Immer wieder wird gesagt, dass eine visionäre Idee, außergewöhnlicher Mut und ein starkes Team Berge versetzen und das scheinbar Unmögliche möglich machen können. Die Gründerin und CEO Christine Hutter der Moritz-Grossmann-Uhrenmanufaktur zeigt, wie sehr dieser Gedanke stimmt: Die gelernte Uhrmacherin hat ihre Vision vom Bau der schönsten und zugleich mechanisch vollkommenen Uhren wahr gemacht und in Glashütte eine eigene, unabhängige Uhrenmanufaktur gegründet.