Banken bremsen beim Neugeschäft
Angesichts der trüben Aussichten ist es nur konsequent, dass die Kreditexperten für die kommenden Monate mit Zurückhaltung im Neugeschäft rechnen. 89 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass das Volumen der ausgereichten Kredite in den kommenden zwölf Monaten schrumpfen wird, 31 Prozent erwarten sogar einen starken Rückgang. Innerhalb eines Jahres hat sich die Stimmung damit erheblich verschlechtert: Im vierten Quartal 2021 war nur gut ein Viertel von einem rückläufigen Neugeschäft ausgegangen.
Aufgeschlüsselt nach Kreditarten machen Konsumentenkredite und Unternehmensfinanzierungen die größten Sorgen. Hier rechnen jeweils rund 85 Prozent der Befragten mit Ausfällen. In beiden Kategorien wurden auch schon bei früheren Umfragen die größten Risiken gesehen. Zunehmend halten die Fachleute aber auch die Finanzierung von Wohnimmobilien für problembehaftet. 62 Prozent rechnen damit, dass Kunden nicht in der Lage sein werden, ihre Hypotheken zu tilgen. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 28 Prozent. Vor allem die deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten dürften dafür verantwortlich sein, dass sich einige Immobilienbesitzer ihre vier Wände nicht mehr leisten können.
NPL-Transaktionen bereinigen Kreditbuch
Die anhaltend hohen Unsicherheiten in Wirtschafts- und Geopolitik sorgen für weitere Bewegung im Markt für NPL-Transaktionen. Die überwiegende Mehrheit der Befragten, 91 Prozent, rechnet in den kommenden 18 Monaten mit einem nennenswerten Anstieg von Transfers notleidender Kredite, zum Beispiel um Liquidität freizusetzen oder das Portfolio zu optimieren.
Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass längst nicht alle Befragten das eigene Institut am Zug sehen. 48 Prozent haben in der Bank bisher keinen Risikotransfer geplant, damit bleibt der Anteil quasi unverändert im Vergleich zu den letzten Umfragen. Wer eine NPL-Transaktion im Blick hat, entscheidet sich am häufigsten (23 Prozent) für das hauseigene Work-out. Dahinter folgen mit rund 10 Prozent True Sales und Verbriefungen. Syndizierung und Derivate kommen für jeweils knapp 5 Prozent der Befragten infrage.
Für Sanierung, Restrukturierung oder Work-out fühlen sich die Befragten in jedem Fall gut gerüstet. 83 Prozent sehen sich personell gut aufgestellt, 71 Prozent halten auch die Prozesse im eigenen Haus für geeignet, um die Übertragung von Kreditrisiken erfolgreich anzugehen. Genauer unter die Lupe genommen haben die Situation allerdings bisher nur 18 Prozent, die eine Exit-Readiness-Analyse durchgeführt haben.
Zinsen und Energiepreise im Fokus
Geht es um die Ursachen der deutlich eingetrübten Kreditsituation, spielen die zeitweilig zweistelligen Inflationsraten und insbesondere der Anstieg der Energiepreise eine wichtige Rolle. Jeweils rund drei Viertel der Befragten sehen darin einen entscheidenden Treiber für die erwartete Zunahme notleidender Kredite.
Auch die Aufseher haben diese Faktoren für das Kreditgeschäft im Blick. Sie warnen die Institute seit Monaten, die Risikosteuerung in der Kreditvergabe und die Einstufung notleidender Kreditnehmer genau zu beobachten, denn hier würden viele Geldhäuser Mängel aufweisen.
Bisher haben 31 Prozent der Befragten die Risikovorsorge erhöht, weitere 29 Prozent haben diesen Schritt in Vorbereitung. Trotz des schwierigen Umfeldes sehen aber 39 Prozent bisher keine Notwendigkeit für eine Anpassung der Rücklagen. Die Entwicklung der kommenden Monate wird zeigen, ob sie mit dieser Einschätzung richtig lagen.
EY-Spotlight NPL-Markt
31 %der Bankmanager haben aufgrund der höheren Zinsen und Energiekosten die Risikovorsorge ihres Instituts erhöht.
Fazit
Die kommenden zwölf Monate werden für die deutsche Kreditwirtschaft nicht einfach. Geopolitik und Konjunkturaussichten machen den Instituten zu schaffen. Die große Mehrheit der befragten Bankmanager rechnet mit einer Zunahme der notleidenden Kredite und mit weniger Neugeschäft. Besonders wichtig ist es daher, die Abläufe und Prozesse darauf zu überprüfen, ob sie für mögliche Verwerfungen im Kreditgeschäft geeignet sind. Auch das Personal muss auf die Herausforderungen vorbereitet sein. Die Bankenaufsicht warnt bereits seit Monaten, dass viele Banken in der Risikovorsorge Schwächen zeigen. Diese gilt es anzupacken.