Die umweltbewusste und sozialverantwortliche Unternehmensführung ist kein neues Thema, dennoch stellt ESG viele Unternehmen und Proficlubs, insbesondere in der holistischen Betrachtung mit ihren neuen Entwicklungen, vor diverse Herausforderungen.
Mit welchen ESG-Herausforderungen könnten Profi-Fußballvereine in Deutschland konfrontiert werden?
Der Fußball genießt in Deutschland einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Deshalb ist die soziale Nachhaltigkeit ein wesentlicher Bestandteil der kommenden Leitlinie. Insbesondere auf Mitarbeiterebene kommt es hier zu vielfältigen Herausforderungen. Die klare Einhaltung des Arbeitsrechts sowohl im Profibereich als auch in den Nachwuchsleistungszentren (NLZ) könnte vermehrt in den Fokus rücken, was mehr Fairness zur Folge hätte. Wird in den NLZ angemessen und korrekt vergütet, um Ausbeutung zu verhindern, und soziale Unterstützung angeboten? Werden die Werte Respekt, Toleranz, Solidarität und Fairplay gelebt? Wie wird mit Homophobie oder psychischen Problemen umgegangen? Werden Diskriminierungen jeglicher Art aufgearbeitet und entsprechend sanktioniert? Außerdem geht es um die Zusammenarbeit mit externen Partnern und mit Sponsoren. Bei Kooperationen mit Partnern ist zum Beispiel die zum Großteil händische Produktion von Merchandise durch Kinderarbeit ein Thema. Werden Partner und Sponsoren vertraglich aufgefordert, soziale Nachhaltigkeitskriterien einzuhalten, und wenn ja, wie wird dies überprüft?
Schwerpunktthemen sozialer Nachhaltigkeit:
- Vergütung in Nachwuchsleistungszentren
- Soziale Unterstützung
- Gerechte Wohlstandsverteilung
- Respekt, Toleranz, Solidarität, Fairplay
- Homophobie
- Diskriminierung
- Psychische Belastungen und Depression
- Zusammenarbeit mit Partnern und Sponsoren
Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit ist es, die Umwelt inklusive aller natürlicher Ressourcen zu schützen und zu schonen. Durch einen bewussteren Umgang mit Wasser, Energie und endlichen Rohstoffen sollen Schäden des Ökosystems minimiert werden. Die Folgen dieser Schäden betreffen nicht nur Menschen, sondern auch das Umweltklima und die Biodiversität. Ökologische Nachhaltigkeit ist die Grundlage für künftige Generationen. Im Fußball ist dies zum Beispiel im Rahmen von Großveranstaltungen und dem damit zusammenhängenden CO2-Austoß relevant. Angefangen beim Bau der Stadien über Abfallreduzierung bei Spielen bis hin zu den Materialien und Rohstoffen, die zur Produktion von Merchandise genutzt und benötigt werden, gilt es, ökologisch nachhaltig zu handeln. Des Weiteren geht es darum, Nachhaltigkeit rund um die Themen Mobilität und Ernährung zu berücksichtigen.
Schwerpunktthemen ökologischer Nachhaltigkeit:
- Wasser, Energie, begrenzte Rohstoffe
- CO2-Ausstoß bei Großveranstaltungen
- Bau von Gebäuden und Stadien
- Abfall
- Verwendete Materialen und Produktion (Merchandising)
- Mobilität
- Ernährung
Ökonomische Nachhaltigkeit setzt insbesondere organisatorische Maßnahmen voraus. Es bedarf entsprechender Compliance-Management-Systeme, um beispielsweise Korruptions- oder Betrugsfällen vorzubeugen. Außerdem müssen einerseits Regularien wie die UEFA Financial Fair Play Regulation von 2012 eingehalten werden, andererseits müssen die Spieler angemessen vergütet werden und deren Altersvorsorge sichergestellt sein. Hierfür müssen die Weichen so gestellt werden, dass Nachhaltigkeit strukturell in allen Bereichen eingeführt wird. Außerdem geht es um die formale Integration von Fans und Stakeholdern und um eine transparente Vereinsführung. Integritätsmanagement schützt im Wesentlichen vor Fehlverhalten in Bezug auf ethische Werte, die in einem Unternehmen oder auch einem Profifußballverein immer stärker fokussiert werden. Ebenso sind die entsprechenden Third-Party-Integrity-Management-Systeme von großer Bedeutung und aktueller denn je. Viele soziale und ökologische Maßnahmen führen oft automatisch zu ökonomischer Nachhaltigkeit, also dazu, dass der Verein nachhaltig Gewinne maximiert.
Schwerpunktthemen ökonomischer Nachhaltigkeit:
- Verhinderung von Korruption und Bestechung
- Verhinderung von Geldwäsche
- Kartellrecht
- Financial Fair Play
- Transparente Vereinsführung
- Integrity-Management
Die großen Wirtschaftsskandale des vergangenen Jahrzehnts haben gezeigt, was mit der Reputation und dem ökonomischen Erfolg eines Unternehmens passieren kann, wenn die Strafverfolgungsbehörden aufklären. Dabei ist Integrität mehr als nur Risikominimierung. Langzeitstudien zeigen, dass Integrität stark mit erhöhter Produktivität, Innovation, Zufriedenheit, Mitarbeiterbindung und Attraktivität korreliert. Außerdem werden Unternehmen aufgrund der großen Herausforderungen der aktuellen Zeit (z. B. Klimawandel, Ressourcenknappheit, soziale Ungerechtigkeit etc.) vermehrt in die Pflicht genommen, genau diesen Herausforderungen mit innovativen Maßnahmen und ernsthafter unternehmerischer Verantwortung entgegenzuwirken.
Ein starkes Compliance- und Integritätsmanagement entwickelt sich abseits des Spielfeldes zunehmend zum Wettbewerbsvorteil. Daher sollte es auch im Profifußball wie auch bei anderen professionellen Sportorganisationen auf der Agenda stehen.
Co-Autor: Matthias Richter