15 Minuten Lesezeit 7 Juni 2019
Augmented Reality App Bekleidungsgeschäft

Nur Mut: So bleiben Unternehmen in der Konsumwelt der Zukunft relevant

Von Florian Huber

Co-Leiter EY Europe West Sustainability; Co-Founder und Leiter EYCarbon, EY Strategy & Transactions GmbH | Deutschland

Transformations-Enthusiast, der es liebt, mit anderen zusammen Neues zu erschaffen. Original Münchner, wo er mit seiner Frau und 4 Kindern die typischen Hobbys pflegt.

15 Minuten Lesezeit 7 Juni 2019

Exzellent informierte Kunden, die KI nutzen, ihre Daten freiwillig teilen und weniger besitzen: drei Szenarien aus der Konsumwelt der Zukunft

Wenn niemand mehr einkaufen geht, werden die Werber einen schweren Stand haben. Wie ich darauf komme? Ganz gleich, ob Lieferdienste, Preisvergleiche oder virtuelle Einkaufswelten: Schon heute bescheren uns digitale Technologien ungeahnte Zuwächse an Transparenz, Auswahl und Komfort. Stellen Sie sich jetzt eine Zukunft vor, in der Menschen fast nichts mehr selber kaufen. Stattdessen lassen sie vielleicht eine Künstliche Intelligenz (KI) ihre Einkäufe erledigen; oder sie bündeln ihre Ressourcen bei Vermittlern, die alles auftreiben, was ihre Käufergemeinschaft benötigt. In weniger als zehn Jahren könnten wir so weit sein. Welche Unternehmensideen werden dann noch erfolgreich sein?

Es gibt eine schnelle und wirkungsvolle Art, kreative Antworten auf solche Fragen zu finden – indem man die möglichen Zukunftsszenarien konkret durchspielt. So geschehen bei den EY Hackathons im Rahmen unseres FutureConsumer.Now-Programms. Dort wurden Zukunftsvisionen entworfen, erkundet und bewertet.

Drei Zukunftswelten

Während des Hackathons in Berlin haben wir drei plausible Zukunftswelten entwickelt:

  1. Eine Welt, in der Datenschutz als egoistisch gilt, weil Konsumenten alle ihre Daten zum Wohle der Gesellschaft teilen
  2. Eine Welt, in der Konsumenten neue Technologien nutzen, um informierte, nachhaltige Kaufentscheidungen zu treffen. Ihr Ziel: Eine höhere Lebensqualität für alle
  3. Eine Welt, in der Menschen bewusst weniger besitzen und stattdessen agil auf abrufbereite On-Demand-Dienste zurückgreifen

Unser heutiges Leben ist unbeständiger, unsicherer, komplexer und zweideutiger als je zuvor. Die meisten Organisationen versuchen deshalb, agiler zu werden. Ohne Frage eine wichtige Aufgabe. Wenn wir unter diesen neuen Umständen aber als Führungskräfte und auch als Menschen wachsen wollen, brauchen wir mehr: Wir müssen mögliche Zukunftswelten schon jetzt erfahren. Nur so können wir uns mit den Triebfedern des Wandels vertraut machen, uns selbst und unsere Organisationen darauf vorbereiten, was kommen mag und vor allem: die Zukunft aktiv so gestalten, wie wir sie uns wünschen.

  • Wie „hacken“ wir den Konsumenten der Zukunft?

    Mit FutureConsumer.Now unterstützt EY Führungskräfte dabei, ihr Unternehmen für die Zukunft zu rüsten – indem sie mit uns über die kommende Zeit neu nachdenken.

    Durch Recherchen und Interviews mit Innovationsführern, Zukunftsforschern, Unternehmenslenkern und EY-Spezialisten aus aller Welt haben wir mehr als 150 Einflussfaktoren identifiziert, die den Konsumenten der Zukunft formen könnten.

    Mithilfe dieser Faktoren konnten wir acht starke Hypothesen formulieren. Jede von ihnen bezieht sich auf einen Bereich des zukünftigen Konsumenten: Wie Menschen einkaufen werden, gesund bleiben, leben, essen, spielen und arbeiten, wie sie Technologien nutzen und sich fortbewegen werden.

    Wir veranstalteten rund um die Welt eine Reihe innovativer „Hackweeks“, um diese Hypothesen genauer zu überprüfen – und Zukunftswelten zu entwerfen, die aus ihnen hervorgehen könnten. Dazu haben wir uns in Berlin, London, Los Angeles, Shanghai und Mumbai mit Zukunftsforschern, Entrepreneuren und Führungskräften getroffen. Im Laufe der Woche nutzten sie die vorher definierten 150 Einflussfaktoren und acht Hypothesen, um drei alternative Versionen unserer Zukunft zu entwerfen.

    Die Erfahrung, diese „Konsumwelten der Zukunft“ selbst zu gestalten, half den Teilnehmern nicht nur zu verstehen, wohin die Reise geht. Sie half ihnen auch zu erkennen, was das bereits heute für ihr Geschäft bedeutet und wie sie diese Entwicklung aktiv mitgestalten können.

Menschen ueberqueren platz stadtszene
(Chapter breaker)
1

Kapitel 1

Szenario I: Die Gesellschaft geht vor

Eine Welt, in der Datenschutz als egoistisch gilt, weil jeder Daten zum Wohl der Gesellschaft teilt

Schon heute verändern Daten unser Leben. Ganz bildlich kann man das an der steigenden Anzahl der Menschen ablesen, die tragbare Messgeräte für ihre Fitness oder Gesundheit nutzen und ihre Daten mithilfe dieser Wearables weiterleiten. Wenn nun ein in den Arm implantierter Chip noch bessere Daten liefern würde – würden sich dann nicht viele einen solchen Chip einbauen lassen? Und wenn man ihn schon hat, würde man ihn dann nicht auch noch für weitere Informationen nutzen als nur den Pulsschlag und die Zahl gerannter Kilometer?

Manche Menschen machen dies schon heute. Für sie ist es eine praktische Art, Echtzeitdaten an ihren Arzt zu übermitteln. Solche Daten können mit Pharmaunternehmen geteilt werden, die an neuen Medikamenten und Therapien forschen. Wer seine Daten auf diese Weise weitergibt, denkt nicht nur an sein eigenes Wohl, sondern an das große Ganze.

Das Credo, Daten zum Wohl der Allgemeinheit mitzuteilen, ist auch in anderen Lebensbereichen denkbar. Stellen wir uns eine Zukunftswelt vor, in der alle Einwohner einer Stadt ihre Daten öffentlich zur Verfügung stellen. So könnte jeder Aspekt ihres Lebens optimiert werden, von effizienteren Verkehrsnetzen bis hin zu einem verbesserten Gesundheits- und Bildungssystem. Daten-Sharing wird zu einem wichtigen Schritt, um globale Probleme wie Klimaveränderung und Armut zu lösen.

Vor jeder Entscheidung wird der kollektive Datenpool analysiert

In einer solchen Welt würden Käufer nicht mehr rein intuitiv oder emotional handeln und sich von bekannten Marken beeinflussen lassen, sondern  würden ihre Entscheidungen aufgrund einer klaren Datenlage rational und logisch treffen. Das gleiche ist auch für das Handeln von Regierungen und anderen Organisationen denkbar: Wird  alles getrackt, gibt es weniger Verbrechen. Es wäre eine utilitaristische Welt, in der eine Handlung moralisch richtig ist, wenn sie das Wohlergehen aller Betroffenen fördert. Erfolgreich wären nur noch die Marken, die einen messbaren Wert liefern. Es gäbe einen perfekten Ausgleich zwischen dem Wunsch des Individuums nach Selbstverwirklichung und der Notwendigkeit, das Gemeinwohl zu maximieren.

Der Preis dafür: Wir müssten alle unseren freien Willen opfern, schließlich sogar unsere Freiheit. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass es Menschen gibt, die bereit wären, diesen hohen Preis zu zahlen.

Die Voraussetzung: ein tiefgreifender kultureller Wandel hinsichtlich unserer Persönlichkeitsrechte. Eine große gesellschaftliche Krise wie eine Epidemie oder eine Umweltkatastrophe könnte einen solchen plötzlichen Paradigmenwechsel erzwingen. Es könnten sich enorme Chancen für vertrauenswürdige Infrastruktur-Eigentümer, Datenanalysten, Technologieplattformen und Unternehmen bieten, die agil genug sind, ihre Produkte schnell zu verändern und anzupassen.

Neue Partnerschaften zwischen der Gesundheits-, Biotech- und Konsumgüterbranche

Die größten Möglichkeiten hätten Unternehmen, die starke Partnerschaften entwickeln, mit denen sich zwei Werte vereinen lassen, zum Beispiel:

  • Kollaboration einer vertrauenswürdigen Instanz und eines Infrastruktur-Eigentümers
  • ein Datenanbieter, der außerdem über eine Technologieplattform verfügt, die sehr viele Menschen erreicht
  • engere Zusammenarbeit zwischen Innovatoren und Regierungen
  • engere Zusammenarbeit zwischen digitalen Netzwerken und Schulen
  • engere Zusammenarbeit zwischen Pharmafirmen und der transhumanistischen Bewegung
  • Fragen an Unternehmenslenker

    • Wie werden Sie Ihre wichtigsten Kunden überzeugen, wenn diese auf einen gesunden Lebensstil Wert legen?
    • Wenn die Optimierung der geistigen Gesundheit ein entscheidendes Ziel der Veränderung des Konsumumfelds ist, wie wird sich Ihr Unternehmen auf diesem Feld hervortun, ohne eine „Big Brother“-Kultur zu schaffen?
junges paar glaeser antikflohmarkt
(Chapter breaker)
2

Kapitel 2

Szenario II: Verschwende nichts!

Eine Welt, in der nachhaltige Kaufentscheidungen zu höherer Lebensqualität für alle führen

Für viele Menschen ist beim Einkauf schon heute die ökologische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit entscheidend. Allerdings sind „saubere“ Bio-Marken häufig weniger produktiv als herkömmliche Produkte. In den kommenden Jahren wird es immer schwieriger werden, eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren: Die Produktivität der Landwirtschaft nimmt ab, die Nutzflächen für die Nahrungsmittelproduktion werden kleiner und die Sorge um den Klimawandel wächst.

Heute kann die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch 15.000 Liter Wasser kosten. Deshalb haben wir uns eine Zukunft ausgemalt, in der eine solche Herangehensweise inakzeptabel wäre; eine Welt, in der eine beinahe vollständige Transparenz der Lieferkette auch ein Ende der Legebatterien bedeutet.

Die Menschen würden weiterhin eine sehr hohe Lebensmittelqualität genießen. Ein großer Teil ihrer Nahrung würde aus neuen, schmackhaften pflanzlichen Eiweißen bestehen. Die Versorgungsketten müssten gleichzeitig deutlich kürzer werden. Die Landwirtschaft würde von den Feldern in die Städte wandern, bereits jetzt in Großstädten bekannte Urban-Farming-Projekte würden sich ausweiten.

Böden, Energie und Wasser werden immer knapper. Und die Gesellschaft nimmt Verschwendung und maßlosen Konsum immer weniger hin.

Gewohnheiten verändern, Zeit anders und mit anderen Leuten verbringen, anders essen und generell den ökologischen Fußabdruck beachten: Das Konsumentenverhalten würde durch den Wunsch beeinflusst, einer nachhaltigen Gemeinschaft anzugehören. Neue Technologien werden es leichter machen, Gleichgesinnte zu finden und mit ihnen zusammenzuarbeiten. So würden Interessensgemeinschaften entstehen, die gemeinsame Ziele verfolgen. Diese städtischen Clans oder „urban tribes“ wären attraktive Ziele für Marken, die genau das liefern, was den Werten dieser „Stämme“ entspricht.

Der Reichtum einer Gemeinschaft und ihrer Mitglieder würde auf ganz andere Weise gemessen – etwa danach, wieviel Zeit die Leute jenseits ihrer Erwerbsarbeit haben oder wie glücklich sie sich dabei fühlen.

Wie können sich neue Formen selbstbestimmter Gemeinschaften entwickeln? Wir stellen uns eine Welt mit Smart Homes und Urban Farming vor, die ohne fossile Brennstoffe auskommt. Geld wäre nur noch einer von vielen Wertmaßstäben. Der Reichtum einer Gemeinschaft und ihrer Mitglieder würde auf ganz andere Weise gemessen – etwa danach, wieviel Zeit die Leute jenseits ihrer Erwerbsarbeit haben oder wie glücklich sie sich dabei fühlen.

Diese gemeinschaftsorientierten Menschen würden ihre Ressourcen und Kaufkraft bündeln und den Großteil ihrer Einkäufe delegieren, entweder an Künstliche Intelligenzen (KI) oder an menschliche Vermittler. Um diese Kunden zu erreichen, müssten Unternehmen enge und langjährige Beziehungen zu den Käufern aufbauen.

In diesem Szenario gibt es zwei interessante Wertorientierungen:

  • Kontextwissen besitzen: Immer weniger Konsumenten werden ihre Kaufentscheidungen aufgrund direkter oder kurzfristiger Anreize treffen, die durch die üblichen Marketingkniffe ausgelöst werden können. Stattdessen werden Gemeinschaften über Vermittler einkaufen, die gemäß vereinbarten Regeln agieren. Unternehmen, die sich intensiv auf diese neuen Clans einlassen und deren Werte reflektieren, werden gute Chancen haben, den Markt zu dominieren.
  • Physische Infrastruktur besitzen: Eine solche Welt würde eine Infrastruktur erfordern, die Urban Farming neben Wohn- und Werkräumen ermöglicht. Es entstehen Chancen für Unternehmen, die den Übergang von simpler Infrastruktur zu einer smarten, vernetzten Umgebung begleiten können – indem sie etwa die lokale Energieerzeugung ermöglichen oder die Anlieferung automatischer Zustellungen.
  • Fragen an Unternehmenslenker

    • Wie wollen Sie den Bedürfnissen dieser nächsten Generation von Käufern gerecht werden?
    • Benötigen Sie in einer transparenten Welt unterschiedliche Lieferketten für unterschiedliche Interessensgemeinschaften?
    • Werden sich die Lieferanten auf einen einzigen Kanal beschränken?
    • Wie gestalten Sie Ihre Marke, wenn die Auswirkungen Ihrer Produkte transparent sind?
Camper in Hängematte mit Laptop
(Chapter breaker)
3

Kapitel 3

Szenario III: Überall zu Hause

Eine Welt, in der On-Demand-Dienste zählen, und nicht eigener Besitz.

Die Einführung von Robotik und Prozessautomatisierung wird nicht nur das Arbeiten selbst verändern, sondern auch das Angebot an Arbeit. In manchen Wirtschaftsbereichen geschieht dies schon jetzt. Gleichzeitig kommen minimalistische Lebensstile auf: Menschen bezahlen nicht mehr dafür, etwas zu besitzen, sondern dafür, etwas zu benutzen.

Je weniger Materielles den Leuten gehört, desto weniger sind sie fest an einem Ort verwurzelt. Wir haben uns eine Welt vorgestellt, in der immer mehr Menschen als ungebundene Freiberufler arbeiten, und in der sich die alten Trennungslinien zwischen Arbeit und Zuhause auflösen. Sie würden sich überall zu Hause fühlen und von Dienstleistern erwarten, dies automatisch zu erkennen. Lieferungen würden nahtlos an den jeweils aktuellen Standort gehen. Außerdem würden immer mehr Produkte – Schuhe zum Beispiel – nur noch als Code mit Anweisungen versendet. Die Herstellung findet dann auf dem heimischen 3D-Drucker statt.

Das mobilste Ende des Spektrums werden nomadische Fachkräfte bilden, die ständig von Land zu Land ziehen.

Bessere Verkehrsnetze und nahtlose Arbeitsmöglichkeiten für unterwegs könnten dafür sorgen, dass Reisezeiten keine Zeitverschwendung mehr sind, sondern produktiv werden. Das mobilste Ende des Spektrums werden nomadische Fachkräfte bilden, die ständig von Land zu Land ziehen.

Schon heute ersetzen virtuelle Währungen wie Bitcoin bei manchen Transaktionen traditionelle Zahlungsmittel. Für dieses Zukunftsszenario stellten wir uns eine völlig neue Art der Währung vor: Wenn sie bestimmte Produkte oder Dienste wollen, könnten Menschen mit einem Teil ihrer persönlichen Daten oder mit ihrer Zeit bezahlen, sofern man sich auf einen gesicherten Wert dieser Güter einigen könnte.

Alles, was Konsumenten benutzen oder besitzen, würde für ihre Bedürfnisse maßgeschneidert. Mit dem Unternehmen, das dazu fähig ist, teilen die Kunden freiwillig ihre Daten.

Wenn dieses Szenario einträte, würde sich sehr viel verändern. Mobilität in dieser Größenordnung würde eine globale Steuerreform nötig machen und die Vielzahl virtueller Währungen neue Geschäftsmodelle erfordern. Die Mensch-KI-Schnittstelle müsste nahtlos funktionieren, wenn immer mehr Transaktionen so gesteuert werden.

Erforderliche Schritte:

  • Erfahrungen bieten, die Spaß machen und gleichzeitig die angeborenen Fähigkeiten des Konsumenten verbessern
  • Das Umfeld so anpassen, dass es den Bedürfnissen des Kunden entspricht, anstatt das angeblich optimale Umfeld festzulegen
  • Die Energie zur Verfügung stellen, die dazu nötig ist, KI einzusetzen und Blockchain-Systeme zu „schürfen“
  • Die physische Infrastruktur besitzen, welche für die Dienstleistungen notwendig sind
  • Daten aus den Bereichen Freizeit und Arbeit sammeln und verwalten, um sie harmonisch zu optimieren
  • Relevante Erkenntnisse aus einfachen Metadaten ziehen, um neuen Kunden Dienstleistungen mit geringer Einstiegshürde anbieten zu können
  • Fragen an Unternehmenslenker

    • Wie können wir bei den Menschen so viel Vertrauen in KI schaffen, dass sie Künstliche Intelligenzen autonome Entscheidungen über Datenschutz zutrauen?
    • Wenn Konsumenten statt Geld andere Zahlungsmittel wie Daten, Zeit oder Fähigkeiten nutzen wollen – wie können wir deren Wert fair festlegen und wie müssten sich bestehende Geschäftsmodelle verändern, um solche Transaktionen zu integrieren?
    • Wird ein Einzelakteur in der Lage sein, die Kundenerlebnisse online und offline sowie im Arbeits- und im Freizeitbereich zu steuern?
    • Wie könnte sich ein Unternehmen so aufstellen, dass es vertrauenswürdig genug ist, um diese Rolle einzunehmen?
    • Wie werden Sie Ihre Produkte anpassen, damit sie zu dienstleistungsbasierten Lösungen werden?
Junge Backpacker
(Chapter breaker)
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Kapitel 4

Fünf Wege zum Erfolg – schon heute

Was Unternehmen in der Gegenwart von den Konsumwelten der Zukunft lernen können

Die drei Welten, die wir uns ausgemalt haben, unterscheiden sich stark voneinander. Dennoch ergeben sich aus ihnen fünf grundlegende Erkenntnisse, die Unternehmenslenkern helfen werden, schon heute den Weg zum Erfolg einzuschlagen:

1. Lerne, einen Bot zu beeindrucken – algorithmisch getriebene Software-Robots sind die Käufer der Zukunft

Falls Sie nicht eines der wenigen Produkte verkaufen, die Menschen noch selbst kaufen, werden Sie in Zukunft vermutlich einen Bot als Käufer vor sich haben. Maschinelle Einkäufer werden nicht mehr emotional oder instinktiv entscheiden, sondern rein faktengetrieben. Sie werden völlig neue Marketingstrategien brauchen. Wenn Sie an den Bots vorbeikommen und echte Konsumenten erreichen wollen, benötigen Sie sehr attraktive Angebote, die auf jeden einzelnen Kunden und seine Bedürfnisse exakt zugeschnitten sind.

2. Sobald Konsumenten die Vorteile von Produkten objektiv messen können, werden diese Messwerte die Preise bestimmen

Von der jüngeren Haut bis hin zur besseren Gesundheit, vom passenderen Partner bis hin zum lukrativeren Job – Konsumenten werden Daten und KI nutzen, um einzuschätzen, ob Produkte und Dienstleistungen auch wirklich den gewünschten Zweck erfüllen. Sie werden sich dieser Informationen bedienen, wenn sie einschätzen, ob ein aufgerufener Preis wirklich angemessen ist. Unternehmen werden ihre Marketingaussagen überdenken müssen.

3. Menschen, die in virtuellen Welten leben, brauchen virtuelle Produkte

Zukünftige Konsumenten werden mehr Zeit in erweiterten und virtuellen Welten verbringen. Spiele wie Second Life haben es Nutzern bereits ermöglicht, verbesserte Online-Avatare von sich zu erschaffen. Neuere Plattformen erlauben Nutzern, virtuelle Lebensräume zu bauen und zu bewohnen. Mit der Weiterentwicklung dieses Marktes wird auch die Nachfrage nach digitalen Produkten steigen, mit denen die Konsumenten ihre Virtual-Reality-Umgebung optimieren können.

4. On-Demand-Dienste werden zu langsam sein für Before-Demand-Konsumenten, die vorauseilend bedient werden möchten

Der Konsument der Zukunft wird ein vorausschauendes Einkaufserlebnis erwarten. Die Unternehmen, die darauf eingehen, werden seine Gewohnheiten kennen, seine Aufenthaltsorte und seine Vorlieben. Das beginnt bei einem Latte Macchiato auf dem Weg zum Meeting, den er gar nicht erst bestellen muss, und reicht bis zu seiner Ferienwohnung in den Bergen, wo ein voller Kühlschrank mit seinem Lieblingsessen auf ihn wartet. Um dies zu erreichen, werden Firmen in Daten und KI-Systeme investieren müssen, welche die richtigen Verknüpfungen herstellen und die Verbraucherwünsche so vorhersagen, dass ein Wettbewerbsvorteil entsteht.

5. Mündige Konsumenten werden die wichtigsten Influencer sein

Je emanzipierter und informierter zukünftige Kunden sind, desto mehr werden sie sich bei Empfehlungen von Produkten und Dienstleistungen gegenseitig vertrauen – vor allem, wenn es darum geht, ob ein Produkt zu ihren persönlichen Wertvorstellungen passt. In gewisser Weise werden Konsumenten den Kreis schließen und wieder dort ankommen, wo sie vor dem Zeitalter von Massenkonsum und Werbung waren: in einer Zeit, in der man sich auf die Empfehlungen von Menschen aus der Gemeinschaft verlässt und bei lokalen Händlern und Herstellern kauft.

Allerdings werden die Gemeinschaften, der Einfluss von Influencern und die Verfügbarkeit dann global sein. Unternehmen werden einen Ausgleich finden müssen zwischen diesem weltweiten Kontext und der Notwendigkeit, Influencer für sich zu gewinnen, die ihnen dabei helfen können, für die verschiedenen Gemeinschaften mit ihren jeweils eigenen geteilten Werten interessant zu werden.

Den Wandel jetzt anstoßen und beschleunigen

Die Welten, die wir entworfen haben, sind spannend und provokativ. Manche der von uns geschaffenen Welten haben Aspekte, die ich persönlich sehr reizvoll finde, andere weniger. Wir stellen uns hier keine idealen Utopien vor, sondern nehmen heutige Trends auf und schreiben sie weiter, um plausible Zukunftsszenarien zu entwerfen. Welche Arten von Konsumenten werden in diesen Welten leben? Womit werden Unternehmen Mehrwert schaffen? Was muss jetzt getan werden, damit ein Unternehmen morgen noch relevant ist?

Es braucht seine Zeit, neue Fähigkeiten zu erlernen, die Unternehmenskultur zu verändern und ein Team zu aktivieren. Und es ist nicht einfach, mutige Maßnahmen zu ergreifen, wenn der Kundenkontext sich so schnell verändert. Doch es gibt nur eine einzige Entscheidung, die jedem Fall falsch ist: nichts zu tun.

Fazit

Um den Kunden von morgen zu erreichen, sind Unternehmen und ihre Zukunftsstrategien schon heute gefragt. Fünf Erkenntnisse aus unseren Zukunftswelten:

  1. Lerne, einen Bot zu beeindrucken – algorithmisch getriebene Software-Robots sind die Käufer der Zukunft.
  2. Sobald Konsumenten die Vorteile von Produkten objektiv messen können, werden diese Messwerte die Preise bestimmen.
  3. Menschen, die in virtuellen Welten leben, brauchen virtuelle Produkte.
  4. On-Demand-Dienste werden zu langsam sein für Before-Demand-Konsumenten, die vorauseilend bedient werden möchten.
  5. Mündige Konsumenten werden die wichtigsten Influencer sein.

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