Wenn der Bund die Steuerung der Elektromobilität nicht in die Hand nimmt, bleibt es bei einem Flickenteppich.
Dies gilt sowohl für den planerischen als auch für den rechtlichen Rahmen.
Planung: Ebenso wie es – laut Einschätzung vieler Experten und Planer – für den bundesweiten Ausbau der erneuerbaren Energien grundsätzlich einer Bundesraumordnung bedarf, so ist auch die Elektromobilität mit ihrer Infrastruktur eine raumwirksame Herausforderung, der strategisch auf dieser Ebene begegnet werden sollte. In einer Bundesraumordnung sollten die Ziele und der Handlungsrahmen für die E-Mobilität, auch im Zusammenspiel mit Wasserstoff, Methanol/Ethanol sowie allen Mischformen fossiler Brennstoffe (z. B. Ultrahybrids), und Batterieelektromobilität festgelegt werden. Zudem sollten die bundesweiten Überlegungen zur verkehrlichen Entwicklung wie der Bundesverkehrswegeplan von einer reinen Bedarfssammlung zu einer strategischen Mobilitätsplanung werden, die nachhaltige Mobilität fördert. Darüber hinaus müsste die gesamte E-Mobilität, um ihrem Anspruch einer de facto nachhaltigen Mobilitätsalternative gerecht zu werden („Well-to-wheel“-Betrachtung), in zirkuläre Ökosysteme eingebunden werden um hier einen optimalen und ressourcenschonenden Umgang mit den Batterien bzw. einen möglichst „grünen“ Energiemix zu gewährleisten.
Rechtlicher Rahmen: In einem künftig intelligenten Stromnetz – Stichwort Smart Grid – sollen die Stromnutzer gleichzeitig zu Stromlieferanten werden, indem die Batterien der Elektroautos als Zwischenspeicher dienen. Dies ist auch für die privaten und halb-öffentlichen Betreiber der Ladeinfrastruktur relevant, die vielerorts noch gesucht werden: Nur eine hohe Auslastung der Ladesäulen und die Möglichkeit des bidirektionalen Ladens ermöglichen einen wirtschaftlichen Betrieb der Infrastruktur. Noch fehlt es dafür an einer rechtlichen Grundlage, die durch eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geschaffen werden könnte. Nimmt der Bund die Steuerung nicht in die Hand und überlässt die Umsetzung der Elektromobilität weiterhin den mal mehr, mal weniger finanzstarken Kommunen, bleibt es bei einem Flickenteppich. Ziel muss es sein, in den kommenden fünf Jahren den rechtlichen Rahmen abzustecken.
Die Umsetzung: Städte als koordinierende Kraft
Bevorzugte Parkplätze und geringere Parkgebühren für Elektrofahrzeuge, die Freigabe von Sonderspuren, Ausnahmen bei Zufahrtsbeschränkungen und Durchfahrtsverboten: Bislang machen die Kommunen von den Möglichkeiten des Elektromobilitätsgesetzes (EmoG), Elektrofahrzeuge zu privilegieren, vergleichsweise wenig Gebrauch. Damit das urbane Leben auch künftig lebenswert ist – mit intelligenter Mobilität und sauberer Luft –, müssen die Städte das Steuer übernehmen und die intelligente intermodale Verkehrsplanung zur obersten Priorität machen. Eine intelligente Ladeinfrastruktur mit Schnellladepunkten auf öffentlichen, halböffentlichen und privaten Flächen (Parkraum, Wohn- und Industriegebiete), sollte in allen Stadtplanungsprozessen mit bedacht und eingefordert werden. Zudem sollte es eigene Elektromobilitäts-Masterpläne geben, die den strategischen Rahmen in den Kommunen setzen. Eine übergeordnete regionale Masterplanung mit Anbindung des Umlands ist hierbei ebenfalls anzudenken.
Warum sollten die Kommunen im öffentlichen Raum nicht selbst zum Betreiber von Ladestationen werden?
Im Übrigen sehen private Betreiber keinen Nachteil, wenn die Städte einen klaren Rahmen vorgeben. Im Gegenteil: dies könnte die Schaffung von Industriestandards beschleunigen und so eine schnellere und ökonomisch attraktive Skalierung der E-Mobilität ermöglichen. So wissen sie, woran sie sind. Finanzielle Anreize oder Förderprogramme können das Ziel unterstützen, bis 2022 flächendeckend Ladepunkte einzurichten und in dem entstehenden Ökosystem eine stärkere Rolle spielen. Und warum sollten die Kommunen im öffentlichen Raum nicht auch selbst zum Betreiber von Ladestationen werden? Hier bieten sich vor allem Public-private-Partnership-Modelle an.
Letztlich müssen auch praktische Hemmnisse aus dem Weg geräumt werden. Allen voran braucht es einfachere und schnellere Genehmigungsverfahren. Die beteiligen Ressorts müssen sich untereinander und mit den Partnern aus dem Energiesektor und Verkehrsbetreibern sowie den künftigen Nutzern enger abstimmen, um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen.
Die Partner: Energie neu gedacht
Die öffentliche Hand kann den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur kaum alleine stemmen. Zwar können die Stadtwerke ihre Rolle neu definieren und zusätzlich zu ihrer Rolle als Stromlieferanten für Privathaushalte und Unternehmen auch den individuellen und öffentlichen Verkehr mit Ladeinfrastruktur versorgen. Ohne die Unterstützung privater Anbieter wie Energieunternehmen, Telekommunikationsanbieter, Arbeitgeber, Wohnungsbaugesellschaften, Hauseigentümer, Restaurants, Hotels und Einzelhändler in Zusammenarbeit mit der Automobilindustrie wird es jedoch kaum gelingen.
Damit aus vielen Einzelmaßnahmen eine intelligente Infrastruktur wird, müssen Städte und private Anbieter den Dialog suchen.
Beispiele gibt es zahlreiche: Inzwischen bieten Akteure wie Lebensmittelketten auf ihren Parkflächen Ladesäulen zum Stromtanken an. Damit aus vielen solcher Einzelmaßnahmen eine intelligente Infrastruktur wird, müssen Städte und private Anbieter den Dialog suchen.
Für eine effektive und schnelle Umsetzung der Ladeinfrastruktur ist es notwendig, eine Vielzahl von elektrischen Fahrzeugen mit entsprechenden Mobilitätskonzepten zu etablieren. Dadurch werden neue Ökosysteme mit verschiedenen Playern sowohl aus etablierten Industrien als auch neuen Industrien entstehen, die zum jetzigen Zeitpunkt noch keine wesentliche Rolle in der heutigen Mobilität spielen. Umso wichtiger ist die Steuerung durch den öffentlichen Sektor, um einen langfristigen Rahmen für diese Entwicklung zu setzen.
Fazit
Ohne eine signifikante Anzahl von Elektrofahrzeugen ist das Betreiben einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur ein Verlustgeschäft. Umgekehrt schrecken die Kunden vom Kauf eines E-Autos zurück, weil sie sich nicht sicher sein können, dass sie es jederzeit aufladen können. Ein Dilemma, das sich nur mit gemeinsamen Anstrengungen von Bund, Städten und Industrie lösen lässt.