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Wie die Kombination von Telekom und Versicherung neues Wachstum schafft

Im gesättigten Telekom-Markt wird Wachstum zur Herausforderung – die Kombination mit innovativen Versicherungslösungen könnte ein Ausweg sein.


Überblick
  • Der Markt für Telekommunikation und Mobilfunk bietet in Europa kaum noch Wachstumschancen.
  • Die Schweizer Swisscom hat sich daher nach innovativen Ergänzungen zum Kerngeschäft umgesehen – und sie mit Versicherungslösungen gefunden.
  • Für den Telekom-Anbieter bietet das die Chance auf regelmäßige Kundenkontakte und zusätzliche Erlöse.

Keine ungewöhnliche Situation in einer reifen Branche: Der Markt ist durchdrungen, die Kunden greifen nur gelegentlich zu Ersatzinvestitionen, das Wachstum ist begrenzt oder stagniert gar. Den Anbietern bleibt meist keine Wahl, als nach Auswegen zu suchen. Und oft greifen sie dabei auf Diversifizierung zurück. Leichter gesagt als getan, denn die Portfolio-Erweiterung muss passen – zum Produkt, zur Marke, zur Kundschaft.

Der Schweizer Telefonanbieter Swisscom steckt mitten in diesem Schritt. Er hat sein Angebot an Festnetzanschlüssen, Mobilfunkverträgen, Internetangeboten und TV-Verträgen jüngst deutlich ausgeweitet: auf Versicherungen. Für Swisscom-Kunden bedeutet das, dass sie für eine ganze Reihe von Policen nicht mehr den Versicherungsmakler bemühen müssen. Abschlüsse sind direkt über das Mobiltelefon möglich. Per Swisscom-App lassen sich Verträge auswählen, Prämien berechnen und bei Interesse Abschlüsse direkt vertraglich festmachen. Das Telekommunikationsangebot wird zur digitalen Versicherungsplattform erweitert.

Auf der Suche nach Wachstumschancen

Im traditionellen Geschäft steht Swisscom vor einem Dilemma, das auch viele andere Anbieter der Branche betrifft. Im Heimatmarkt Schweiz ist das Unternehmen mit einigem Abstand Marktführer, mit einem Marktanteil von mehr als 50 Prozent. Die Wachstumschancen sind begrenzt, auch andere europäische Märkte gelten als gesättigt. Verbraucher fühlen sich bei der Kommunikation gut versorgt, sie sehen wenig Anlass, zusätzliche Verträge abzuschließen.

Die „Global Telecommunications CXO“-Studie 2024 von EY-Parthenon prognostiziert für die kommenden drei Jahre Wachstumsraten von 2 bis 3 Prozent in Europa. Die Schweiz gilt in Sachen Wachstum als besonders herausfordernd, der Markt bewegt sich seit zehn Jahren seitwärts. Derweil buhlt eine Reihe junger Anbieter aggressiv um Kunden.

In diesem Umfeld hat sich Swisscom unterstützt durch ein Team von EY-Parthenon und EY Consulting auf die Suche nach Wachstumsgelegenheiten gemacht – und hat sie im Versicherungsvertrieb und mit digitalen Versicherungslösungen gefunden.
 

Kombination mit innovativen Versicherungslösungen

Ganz neu ist das Thema „Insurance” für die Telekommunikationsexperten nicht. Doch bisher beschränkte sich das Angebot auf Versicherungen, die eng mit dem Kerngeschäft verbunden sind. So konnten Kunden schon länger ihr Handy gegen Diebstahl oder Schäden versichern. Eine Cyberversicherung sorgte für den Fall vor, dass durch die Nutzung des Internets Probleme auftauchen, etwa durch Virenbefall von Geräten oder Kreditkartenmissbrauch.

 

Inzwischen wurde dieses Angebot deutlich ausgebaut, es ist ein ganzes Bündel digitaler Versicherungslösungen hinzugekommen. Der Fokus liegt dabei auf der Schaden- und Unfallversicherung. Dieser Schwerpunkt ist sinnvoll, da sich die Angebote gut digital abbilden lassen. Bereiche wie Lebens- oder Krankenversicherung erfordern dagegen deutlich mehr individuelle Beratung, Verbraucher nutzen dafür bis heute deutlich weniger digitale Lösungen. Zudem gelten für diese beiden Bereiche andere regulatorische Vorschriften.

Regelmäßiger Kontakt zu Kunden und zusätzliche Erlöse

Doch die Integration von Versicherungslösungen in das Telekommunikationsangebot schafft für Swisscom mehr als eine zusätzliche Erlösmöglichkeit. Sie bildet auch die Grundlage für regelmäßigen Kontakt mit bestehenden Kunden, denen zusätzlich zu Neuerungen in der Telekommunikation auch interessante Versicherungslösungen oder digitale Innovationen vorgeschlagen werden können.

Diese Verbindung kann sich dauerhaft auszahlen, denn Versicherungen gelten als „sticky business”. Kunden neigen dazu, ein bestehendes Vertragsverhältnis laufen zu lassen und nicht regelmäßig nach besseren Angeboten zu suchen. So helfen kundenorientierte Versicherungsservices, das Geschäft des Telekom-Konzerns widerstandsfähiger zu machen und weniger empfindlich auf wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu reagieren.

Gleichzeitig hat Swisscom die Gelegenheit, die Wahrnehmung des Themas Versicherung zu verbessern. Viele Verbraucher vermeiden die Auseinandersetzung damit, schließlich geht es um Schaden, Kosten und Unannehmlichkeiten, die gerne verdrängt werden. Doch als Newcomer ist Swisscom unbelastet von Altlasten und der Wahrnehmung der Branche und kann einen frischen, digitalen Ansatz wählen.

Positive Effekte für beide Partner

Aber die Ausweitung des Geschäfts ist beileibe keine Einbahnstraße, auch für Versicherungsunternehmen steckt erhebliches Potenzial in der Zusammenarbeit. Sie können über die Partnerschaft einen weiteren Vertriebskanal und damit neue Kundengruppen erschließen. Dabei profitieren sie auch von der schon erwähnten Chance auf eine neue Wahrnehmung. Zusätzlich bietet die Kooperation tiefere Einblicke in einen Wirtschaftszweig, der in Sachen Digitalisierung zu den Vorreitern gehört. Gemeinsam können die Partner neue, kundenorientierte Produktideen entwickeln und umsetzen. Die Fertigkeiten und Schwerpunkte von Telekommunikations- und Versicherungsanbietern sollten sich dabei gut ergänzen.

Growth beyond the core

Im gesättigten Telekom-Markt wird Wachstum zur Herausforderung – die Kombination mit innovativen Versicherungslösungen könnte ein Ausweg sein.

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Entscheidend bei der Kooperation: Der Versicherungspartner erhält keinen direkten Zugriff auf die Kundendaten von Swisscom. Vielmehr bietet das Telekom-Unternehmen die Möglichkeit, das Distributionsnetz zu erweitern und so zusätzliches Risiko zu platzieren. Dem Versicherer bietet das dank des Zugriffs auf anonymisierte Kundendaten die Möglichkeit, mehr über potenzielle Kunden zu erfahren und Versicherungslösungen direkt auf sie zuzuschneiden.

Eine Kooperation ist in unterschiedlichen Ausprägungen möglich. Die lockerste Form ist die des Tippgebers – der Telekommunikationskonzern bietet den eigenen Kunden Informationen zu innovativen Versicherungslösungen. Wer Interesse zeigt, wird mit dem Versicherer direkt in Verbindung gebracht. Bei intensiverer Zusammenarbeit kann das Telekom-Unternehmen die Rolle des Versicherungsmaklers oder -agenten übernehmen und Produkte auf das Risikoprofil des eigenen Kunden zuschneiden, teilweise auch die Schadenabwicklung erledigen. Schließlich lässt sich die Idee komplett durchspielen, indem das Telekom-Unternehmen eine eigene Versicherungsgesellschaft gründet, um die entsprechenden Produkte im eigenen Haus anbieten zu können.

Stark dank innovativer Partnerschaft

Unabdingbar sind aber in allen Fällen eine enge Zusammenarbeit, eine sorgfältige Vorbereitung und Planung und ein tiefgehendes Verständnis des jeweiligen Partners. Unpassende oder schlecht umgesetzte Angebote können die Wahrnehmung des Telekom- wie auch des Versicherungsunternehmens in Gefahr bringen.

Perspektivisch können die Partner aus Assekuranz und Telekommunikation gemeinsam wachsen und ihre Kunden mit digitalen, skalierbaren Lösungen versorgen. Deren individuelles Versicherungsportfolio wächst Schritt für Schritt, beide Partner stellen sich robuster auf und werden weniger anfällig für Krisen.

Fazit 

Telekommunikation ist ein reifer Markt, entsprechend begrenzt sind die Wachstumschancen für etablierte Anbieter. Swisscom macht vor, wie eine Alternative aussehen kann. Das Schweizer Telekommunikationsunternehmen nutzt seine digitalen Plattformen, um Kunden jetzt auch Versicherungslösungen anzubieten, in Partnerschaft mit Unternehmen aus der Assekuranz. Solche innovativen Vertriebswege wollen ausführlich geplant und vorbereitet sein. Doch sie bieten beiden Seiten die Chance auf zusätzliche Erlöse und Einblicke in das Know-how des jeweiligen Partners.

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