Ein Gärtner hält ein Tablett mit jungen Pflanzen und einer Schaufel in einem Garten.

Warum sich gerade jetzt Investitionen in Power-to-X lohnen

Solide kalkulierte Projekte bieten nachhaltige Renditen und strategische Vorteile trotz Marktunsicherheiten für Investoren und Offtaker.


Überblick:

  • Trotz abgekühlten Hypes bestehen im Power-to-X-Markt attraktive Einstiegschancen für realistisch kalkulierte Projekte mit langfristigen Margen.
  • Investments erfordern methodische Exzellenz: Transparente Due Diligence, robuste Strukturierung und realistische Finanzierungsmodelle sind entscheidend.
  • Offtaker profitieren durch strategische Beteiligungen und langfristige Verträge, stärken ihre ESG-Agenda und erfüllen regulatorische Anforderungen.

Die erste Euphorie rund um grünen Wasserstoff und Power-to-X-Projekte hat sich gelegt – doch genau jetzt öffnen sich echte Chancen für vorausschauende Investoren und Offtaker. Warum es sich gerade in dieser Phase lohnt, auf realistisch kalkulierte Projekte mit klarem strategischem Mehrwert zu setzen, erklären Dr. Georg Beckmann, Daniel Eisenhuth und Rasmus Rahn im Interview. Dabei werfen sie einen realistischen Blick auf P2X-Investments, diskutieren die richtige Vorbereitung von Akquisitionen und zeigen konkrete Chancen für Investoren und Offtaker auf.

Der Markt für grünen Wasserstoff war zwischenzeitlich regelrecht überhitzt. Jetzt spüren viele Akteure eine gewisse Ernüchterung. Warum halten Sie dennoch an Power-to-X-Projekten fest?

Daniel Eisenhuth: Wir erleben gerade eine gesunde Marktbereinigung. Der Hype um grünen Wasserstoff hat viele Akteure angelockt, aber nicht alle bringen umsetzbare Modelle auf die Straße. Gleichzeitig steigen die Anforderungen von Investoren und Offtakern. Was zählt, ist Substanz. Wir begleiten momentan mehrere Projekte, bei denen wir im Rahmen der Due Diligence das Marktumfeld und neue Technologien analysiert haben. Diese Projekte sind keine Wunschträume mit Fantasiepreisen von 1 Euro/kg erneuerbaren Wasserstoff, sondern wirtschaftlich solide kalkuliert – oft im Bereich von 5 bis 7 Euro/kg, aber mit langfristigen Margen und strategischem Wert. Genau das schafft Vertrauen.

Trotzdem bleiben die Märkte unsicher – regulatorisch, politisch und makroökonomisch. Wie überzeugt man Investoren, gerade jetzt einzusteigen?

Georg Beckmann: Indem man ihnen Transparenz über die Strategien der Wettbewerber gibt. Nahezu zwei Drittel (64 %) der europäischen CEOs verfolgen derzeit aktiv Joint Ventures oder Allianzen als strategische Option für Wachstum und langfristige Wertsteigerung – das ist eine Steigerung um 19 % im Verlauf der letzten zwölf Monate. Somit überwiegen Joint Ventures nach dem aktuellen EY-Parthenon European CEO Outlook Survey sowohl M&A (59 %) als auch Separationen, Spin-offs und IPOs (32 %).

Unsere Buy-Side-Aufgabe ist es nicht nur, Risiken aufzudecken, sondern sie auch steuerbar und investierbar zu machen. Wir führen eine umfassende Due Diligence durch – kommerziell, finanziell, steuerlich, operativ, technisch und rechtlich – und legen frühzeitig offen, wo Projektrisiken liegen und wie sie sich absichern lassen. In der Strukturierung geht es etwa um Fragen wie die folgenden: Wie gehen materialisierte Risiken in die Joint-Venture-Agreement-Verhandlung ein? Wie wird das SPV aufgesetzt? Wie soll und kann eine Joint Venture Governance aufgesetzt werden? Welche steuerlichen Implikationen ergeben sich für verschiedene Jurisdiktionen? In Zeiten unsicherer Märkte sind methodische Exzellenz und die Nutzung von Synergien entscheidend.

Wie bewerten Investoren die wirtschaftliche Tragfähigkeit solcher Projekte – trotz komplexer Förderkulissen?

Daniel Eisenhuth: Der entscheidende Punkt ist die Bankability. Investoren steigen nicht mehr in Projekte ein, die ausschließlich von Subventionen abhängen oder unrealistische Erlöserwartungen voraussetzen. Gefragt sind Business Cases, die auch mit kleineren Förderungen eine positive Wirtschaftlichkeit aufweisen – Fördermittel dienen idealerweise nur als Beschleuniger oder Risikopuffer. Nur wer zeigen kann, dass ein Projekt auch unter konservativen Annahmen tragfähig ist, wird in diesem Umfeld Kapital einsammeln – insbesondere von institutionellen oder strategischen Investoren.

Welche Rolle spielen Offtaker in diesem Markt – und wie können sie sich strategisch positionieren?

Rasmus Rahn: Offtaker sind derzeit in einer sehr starken Verhandlungsposition – gleichzeitig stehen viele unter regulatorischem und gesellschaftlichem Druck, ihre Emissionen zu senken. Wer heute in die Sicherung grüner Moleküle investiert, sichert sich nicht nur CO₂-Vorteile, sondern auch Lieferstabilität in einem künftig sehr engen Markt. Wir empfehlen vielen Industrieunternehmen daher eine Doppelstrategie: einerseits langfristige Abnahmeverträge mit stabilen Konditionen, andererseits direkte Beteiligungen an Power-to-X-Projekten, um Wertschöpfung und Versorgung zu koppeln.

Übersicht der Power-to-X-Wertschöpfungskette

Diese Darstellung zeigt den Prozess der Dekarbonisierung durch erneuerbare Energien und die Herstellung synthetischer Kraftstoffe.

Welche methodischen Hebel sind aus Ihrer Sicht entscheidend, damit Buy-Side-Prozesse in diesem Umfeld erfolgreich verlaufen?

Georg Beckmann: Es braucht eine integrierte Sicht auf den gesamten Transaktionslebenszyklus – von der Projektvalidierung über die Due Diligence bis hin zur Strukturierung und Post Merger Integration bzw. Joint-Venture-Setup-Phase. Unser Vorgehen basiert auf fünf Kernbausteinen:

  1. Kommerzielle und technische Due Diligence
    → Fokus auf Technologiereife, Genehmigungslage, Kostenstruktur, PPA-Verträgen, Standortfaktoren
  2. Finanzierungsstruktur und Modellierung
    → realistische CapEx/OpEx-Modellierung, Szenarioanalysen, Fördermittelintegration, H₂-Preisentwicklung
  3. Rechtliche Strukturierung des SPV
    → Haftung, Governance, Vertragsstruktur, Gesellschaftsform – national und international
  4. Steuerliche Optimierung
    → Strukturierung von Gewinnen, Kapitalflüssen und Verlustvorträgen, insbesondere bei grenzüberschreitenden Konstellationen
  5. Joint-Venture-Design und Governance
    → verlässliche Rollenverteilung, Entscheidungskompetenzen, Werthebel, Exit-Mechanismen, Schutzrechte und IP-Fragen

Nur wenn diese Elemente ineinandergreifen und aus Investorensicht sauber durchdacht sind, entsteht ein transaktionsfähiges und überzeugendes Gesamtbild.

Methodik des Buy-Side Transaktionslebenszyklus

Diese Grafik zeigt den strukturierten Ablauf einer Unternehmensfusion und Integration, beginnend mit der Strategiephase bis zur Schaffung von Mehrwert.

Was würden Sie Investoren oder Offtakern, die sich in diesem Umfeld noch unsicher sind, momentan raten?

 

Rasmus Rahn: Warten ist keine Strategie. Die Zeit der voll subventionierten Leuchtturmprojekte ist vorbei – jetzt werden die Grundlagen für den industriellen Hochlauf gelegt. Wer heute einsteigt, kann nicht nur von langfristigen Fördermechanismen profitieren, sondern sich frühzeitig Zugang zu Technologie, Know-how und Marktkapazitäten sichern. Die Pipeline an Projekten, die technisch und wirtschaftlich belastbar sind, ist überschaubar – und schnell vergriffen. Darüber hinaus leisten strategische Beteiligungen an Power-to-X-Projekten einen unmittelbaren Beitrag zur ESG-Agenda vieler Unternehmen – insbesondere im Hinblick auf langfristige Dekarbonisierungsziele. Für energieintensive Industriezweige wird es zunehmend notwendig, nicht nur grüne Energie zu beziehen, sondern aktiv in deren Erzeugung eingebunden zu sein. Beteiligungen an Power-to-X-Anlagen können dabei als glaubwürdiger Bestandteil einer Netto-null-Strategie kommuniziert werden – mit messbaren Fortschritten gegenüber Stakeholdern, Investoren und Regulatoren. Diese Kombination aus ökonomischer Tragfähigkeit und klimapolitischer Wirkung macht Power-to-X derzeit besonders attraktiv.

 

Ein letzter Blick in die Zukunft: Wie wird sich der Power-to-X-Markt in den kommenden Jahren entwickeln?

 

Daniel Eisenhuth: Wir gehen davon aus, dass sich in den nächsten 12 bis 24 Monaten ein klareres Bild herauskristallisiert – mit professionellen Marktstandards, regulatorischer Klarheit (zum Beispiel RED III, H2-Bankenmodell, Carbon Contracts for Difference) und strategischen Partnerschaften zwischen Industrie und Kapitalgebern. Wer jetzt strukturiert vorgeht, kann nicht nur einzelne Projekte realisieren, sondern sich als aktiver Marktgestalter in einer zukünftigen grünen Wertschöpfungskette positionieren.

Fazit

Auch wenn der erste Hype vorbei ist: Power-to-X ist gekommen, um zu bleiben. Investoren, die auf Substanz statt auf Visionen, auf strukturierte Beteiligungen statt auf bloße Hoffnung setzen, finden gerade jetzt attraktive Einstiegspunkte. Und Offtaker, die frühzeitig handeln, sichern sich Versorgungssicherheit und Klimavorteile in einem zunehmend regulierten Umfeld.

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