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Was Unternehmen bei Investitionen in Polen beachten sollten

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Was Unternehmen bedenken müssen, wenn sie im östlichen Nachbarland investieren möchten. Ein Q&A


Überblick

  • Polen hat sich als attraktiver Standort für deutsche Unternehmen etabliert, mit einem Anstieg der Exporte um 3,5 Prozent auf fast 94 Milliarden Euro im letzten Jahr.
  • Die Wahl der richtigen Rechtsform, wie eine Zweigniederlassung oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist entscheidend für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit in Polen.

  • Unternehmen müssen sich auf spezifische Genehmigungs- und Lizenzanforderungen einstellen, um rechtliche Hürden bei der Gründung und dem Betrieb in Polen zu vermeiden.


Polen ist ein attraktiver Standort und wichtiger Wirtschaftspartner für deutsche Unternehmen. Im vergangenen Jahr exportierte Deutschland erstmals seit 2008 mehr Waren nach Polen als nach China. Die Exporte nach Polen stiegen um 3,5 Prozent auf fast 94 Milliarden Euro, wodurch Polen nun viertwichtigstes Exportland nach den USA, Frankreich und den Niederlanden ist. Die Hauptexportgüter waren Kraftfahrzeuge, Maschinen und chemische Erzeugnisse. Der Körperschaftsteuersatz beträgt 19 Prozent, mit einer reduzierten Steuer von 9 Prozent für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 2 Millionen Euro oder Neugründungen, deren Geschäftstätigkeit nicht im Zuge einer Verschmelzung oder Umwandlung begründet ist. Hinzu kommt, dass Unternehmen in Deutschland zunehmend Schwierigkeiten haben, Arbeitskräfte zu rekrutieren. Folglich erwägen immer mehr Unternehmensgruppen, zumindest einen Teil ihrer Geschäftsaktivitäten ins Nachbarland zu verlagern. Ein paar grundlegende Informationen sollen folgende Q&A geben.

Ist eine dauerhafte Geschäftstätigkeit in Polen möglich, ohne dort ein Unternehmen oder eine Niederlassung zu registrieren?

Nein, eine deutsche Zweigniederlassung oder ein deutsches Unternehmen kann ohne vorherige Registrierung keine ständige Geschäftstätigkeit in Polen ausüben. Ausgenommen sind Dienstleistungen, die lediglich vorübergehend erbracht werden. Einige Dienstleistungen wie Transport und Logistik, Sicherheitsdienste, Rundfunk und Fernsehen sowie Dienstleistungen in Verbindung mit Energie, Bergbau und Gas sowie Abfallwirtschaft können genehmigungspflichtig sein.

Welche polnischen Rechtsformen stehen zur Auswahl?

Deutschen Unternehmen stehen diverse Rechtsformen für eine Geschäftstätigkeit zur Verfügung:

  • Zweigniederlassung eines deutschen Unternehmens (oddział zagranicznego przedsiębiorcy)
  • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (spółka z ograniczoną odpowiedzialnością – sp. z o.o.)
  • Aktiengesellschaft (spółka akcyjna – S.A.)
  • einfache Aktiengesellschaft (prosta spółka akcyjna – P.S.A.)
  • Europäische Gesellschaft (Spółka Europejska – SE)
  • offene Handelsgesellschaft (spółka jawna – sp.j.)
  • Partnergesellschaft mit beschränkter Haftung (spółka partnerska – sp.p.)
  • Kommanditgesellschaft (spółka komandytowa – sp.k.)
  • Kommanditgesellschaft auf Aktien (spółka komandytowo-akcyjna – S.K.A.)

Nach unserer Erfahrung werden die Zweigniederlassung und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung am häufigsten gewählt.

Was sind die Unterschiede zwischen einer Zweigniederlassung und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung?

Grafik: Was sind die Unterschiede ­zwischen einer Zweignieder­lassung und einer Gesellschaft mit beschraenkter Haftung?

Ist der Erwerb einer bereits bestehenden polnischen Vorratsgesellschaft möglich?

Eine Zweigniederlassung kann ausschließlich im Wege der Neugründung errichtet werden. Der Erwerb einer bereits bestehenden, aber „leeren“ Zweigniederlassung ist nicht möglich. Dagegen ist der Kauf einer bereits bestehenden „leeren“ polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Vorratsgesellschaft) möglich. Der Erwerb inklusive der gesellschaftsrechtlichen Übernahme einer Vorratsgesellschaft dauert ca. vier bis sechs Wochen (Gründung einer neuen Gesellschaft: sechs bis acht Wochen).

Ist eine tatsächliche Präsenz bzw. ein Büro in Polen erforderlich?

Sowohl für eine Zweigniederlassung als auch für eine polnische Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine physische Präsenz innerhalb des polnischen Staatsgebietes erforderlich. Die Adresse des eingetragenen Firmensitzes ist im Register offenzulegen. Eine interessante Option ist das Anmieten eines „virtuellen“ Büros. Ein virtuelles Büro ist eine Dienstleistung, bei der Unternehmen eine Geschäftsadresse mieten, ohne physisch vor Ort präsent zu sein, und dabei zusätzliche Services wie Postannahme, Telefonservice und optional die Nutzung von Besprechungsräumen in Anspruch nehmen können.

Was ist bei der Besetzung der leitenden Positionen zu beachten?

Eine polnische Zweigniederlassung benötigt mindestens eine natürliche Person, die befugt ist, die deutsche Muttergesellschaft im Hinblick auf die Zweigniederlassung zu vertreten. Der Vorstand einer polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss aus mindestens einem Mitglied (einer natürlichen Person) bestehen. Deutsche Staatsbürger können leitende Funktionen ausüben, auch ohne Wohnsitz in Polen. Sie müssen aber eine qualifizierte elektronische Signatur und eine persönliche Personenidentifikationsnummer (PESEL-Nummer) erwerben. Die qualifizierte elektronische Signatur ist für das Einreichen bestimmter Dokumente erforderlich (z. B. für die Meldung des oder der wirtschaftlich Berechtigten im Sinne der Geldwäschevorschriften gegenüber dem polnischen Transparenzregister sowie für einige Steuerunterlagen). Die PESEL-Nummer wird für das Einreichen von Finanzausweisen und die Einrichtung eines Zugangs zur elektronischen Plattform der polnischen öffentlichen Verwaltung (ePUAP) benötigt.

Grafik: Unsere polnischen Nachbarn

Sind zusätzliche Genehmigung oder Lizenzen notwendig?

Je nach Art der Geschäftstätigkeit können Genehmigungspflichten in Polen anfallen. Folgende Arten sind hier zu unterscheiden:

  • Konzession
  • Genehmigungen, Lizenzen, Zustimmungen
  • Eintrag in das Register der sog. regulierten Tätigkeit

Die am strengsten regulierte Erlaubnisform, die Konzession, gilt für die Sektoren Bergbau, Waffen, Energie, Rundfunk und Fernsehen, Schutz von Personen und Eigentum, Betrieb eines Spielkasinos und Luftverkehr. Der Konzession liegt ein umfassendes behördliches Verfahren zugrunde.

Das Verfahren rund um eine Genehmigung ist in der Regel weniger formalisiert als bei einer Konzession. Wenn der Antragsteller alle gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien erfüllt, hat die Behörde keinen Ermessenspielraum. Genehmigungen sind erforderlich bei Geschäftstätigkeiten in den Bereichen Logistik, Energie und Gas oder Fernsehen und Rundfunk sowie Abfallverarbeitung.

Zu den regulierten Tätigkeiten zählen die Organisation touristischer Veranstaltungen, Detektivdienste, Herstellen und Abfüllen von Weinprodukten oder der Betrieb einer Fahrschule. Hier ist ein Eintrag in das Register der regulierten Tätigkeiten erforderlich.

Wie hoch sind die Kosten für die Gründung einer Niederlassung oder Gesellschaft?

Für die Gründung einer Zweigniederlassung ist kein Mindeststammkapital zu erbringen. Die Gerichtsgebühr zur Registrierung der Zweigniederlassung beträgt 600 Złoty (ca. 150 Euro). Hinzu kommen Kosten für die Beschaffung beglaubigter Übersetzungen.

Im Gegensatz dazu ist für die Eintragung einer polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein Mindeststammkapital von 5.000 Złoty (ca. 1.200 Euro) erforderlich. Die Gerichtsgebühr für die Eintragung der Gesellschaft beträgt 500 Złoty (ca. 120 Euro). Zudem entstehen Kosten für Satzung und Notar.

Wie lassen sich Vermögenswerte nach Polen verlagern?

In den letzten 12 bis 24 Monaten beobachten wir einen zunehmenden Trend zu Geschäftsverlagerungen von deutschen auf polnische Unternehmen innerhalb ihrer Unternehmensgruppen. Die Verlagerung erfolgt meist durch Einzelrechtsübertragungen (Asset Deals) und umwandlungsrechtliche Maßnahmen wie Abspaltungen oder Verschmelzungen über Landesgrenzen hinweg. Insbesondere in den Bereichen Gesellschafts- und Arbeitsrecht sowie Steuern ist eine intensive Beratung erforderlich. Herausfordernd für die Unternehmen sind zudem Fragen rund um die Lohnabrechnung und Versicherungen.

Co-Autorinnen: Alicja Karpik, Katarina Sacharow


Fazit

Die Verlagerung von Geschäftsbereichen nach Polen bietet deutschen Unternehmen attraktive Wachstums- und Kostenvorteile in einem sich dynamisch entwickelnden Markt. Entscheidend sind die richtige Wahl der Rechtsform (z. B. Zweigniederlassung oder polnische Gesellschaft mit beschränkter Haftung), die sorgfältige Eintragung in das nationale Unternehmerregister und die Einhaltung aller Genehmigungs- und Konzessionspflichten. Eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Rechts- und Steuerfachleuten sichert die Umsetzung grenzüberschreitender Vermögensübertragungen und Umstrukturierungen. Digitale Services wie virtuelle Büros, qualifizierte elektronische Signaturen und elektronische Meldesysteme beschleunigen die Abläufe und senken die Kosten. 



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