Mehr als ein Jahr wartete die Praxis auf den neuen Umwandlungssteuererlass (UmwStE 2025). Nun hat das Bundesfinanzministerium den UmwStE 2025 in seiner finalen Fassung veröffentlicht. Gegenüber dem Entwurf von Ende 2023 übernahm die Finanzverwaltung nur einige Verbesserungsvorschläge aus der Praxis. Punktuelle Änderungen gibt es mit Blick auf Verpflichtungsübernahmen gemäß § 4f EStG und bei den Bewertungsregelungen bei Verstrickungen. Ansonsten pflegt die Finanzverwaltung die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) und Gesetzesänderungen zumindest teilweise in den Erlass ein. Wir nehmen nachfolgend die für die Praxis relevantesten Punkte unter die Lupe.
I. Vergleichbarkeit einer ausländischen Umwandlung mit einem inländischen Vorgang
Ein einfacher Fall: Eine deutsche GmbH hat zwei Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften. Die GmbH will die beiden Gesellschaften im Ausland verschmelzen. Was sich so einfach anhört, kann weitreichende steuerliche Folgen im Inland haben, z. B. eine verdeckte Gewinnausschüttung an die deutsche GmbH oder die Hinzurechnungsbesteuerung. Oberstes Gebot ist in diesen Fällen: Die Verschmelzung im Ausland muss mit einer deutschen Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz vergleichbar sein.
In der Praxis ist die Vergleichbarkeit von ausländischen Umwandlungsvorgängen nicht einfach zu handhaben; ihr Nachweis ist mit viel Dokumentationsaufwand verbunden und sie kann in Einzelfällen der Umwandlung entgegenstehen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Finanzverwaltung in der Vergangenheit eine strikte Vergleichbarkeitsprüfung für sämtliche Umwandlungsvorgänge vorgeschrieben hat, u. a. die Umwandlungsfähigkeit der beteiligten Rechtsträger und das Erfordernis einer Gesamtrechtsnachfolge („kraft Gesetzes“).
Erfreulicherweise vertritt die Finanzverwaltung nun die Auffassung, dass zumindest in Fällen einer Spaltung, auf die das UmwG keine Anwendung findet, das Merkmal der Gesamtrechtsnachfolge unter bestimmten Voraussetzungen unbeachtlich sei. Dies wird vor allem Fälle eines „US-Spin-off“ betreffen. Im Ergebnis nähert sich die Finanzverwaltung hier der Rechtsprechung des BFH an. Dieser hatte entschieden, dass der ausländische Vorgang in einer Gesamtschau dem inländischen Umwandlungsvorgang entsprechen muss – eine sogenannte typusorientierte Prüfung.
Die Auswirkungen auf die alltägliche Corporate-Praxis bleiben damit aber insgesamt überschaubar. Bedauerlicherweise hat die Finanzverwaltung darüber hinausgehende Aussagen zur typusorientierten Auslegung anderer Umwandlungsvorgänge nicht getroffen. Für die Praxis wäre das eine erhebliche Vereinfachung gewesen. Es bleibt zu hoffen, dass nicht weitere 13 Jahre vergehen, bis der UmwStE 2025 überarbeitet wird und sich die Finanzverwaltung für eine Vereinfachung ausspricht.
Verstrickung von Wirtschaftsgütern und Wertansatz
Ein Auslandsbezug findet sich auch an anderer Stelle im UmwStE 2025. Dort äußert sich die Finanzverwaltung erstmals zur „umwandlungsinduzierten Verstrickung“ von Wirtschaftsgütern. Dabei werden im Zuge einer Umwandlung Wirtschaftsgüter, die bisher einem ausländischen Betriebsvermögen zuzuordnen waren, erstmalig in Deutschland „steuerverhaftet“.
Nehmen wir den folgenden Fall: Eine im EU-Ausland ansässige Kapitalgesellschaft soll auf eine Personengesellschaft im Inland verschmolzen werden. Die Wirtschaftsgüter der Kapitalgesellschaft werden im Zuge der Umwandlung erstmals in Deutschland steuerverstrickt, weil im Ausland nichts zurückbleibt. Im EU-Ausland erfolgt eine Entstrickungsbesteuerung mit einem niedrigeren Wert als dem gemeinen Wert. Das BMF hält in diesen Fällen die allgemeinen Verstrickungsregelungen (§ 4 Abs. 1 Satz 8 EStG und § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG) für anwendbar. Das heißt, der Wertansatz in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers ist in Deutschland nunmehr an den Entstrickungswert im Ausland gekoppelt.
Stellt der Steuerpflichtige nun einen Buchwertantrag, soll auch hier der Vorrang der allgemeinen Verstrickungsregelungen gelten. Diese durchbrechen nach Ansicht des BMF den Grundsatz des einheitlichen Wertansatzes bei einer Übertragung zu Buchwerten. Denn auch in diesem Fall sind die Wirtschaftsgüter an den höheren Entstrickungswert im Ausland gekoppelt. Somit kann sich in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers für erstmals verstrickte Wirtschaftsgüter ein Wertansatz ergeben, der von demjenigen für die sonstigen Wirtschaftsgüter abweicht.
II. Vorsicht bei Übertragung stiller Lasten
Bereits im Entwurf äußerte sich die Finanzverwaltung zur Übertragung stiller Lasten und zum Verhältnis der §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG zu Umwandlungsvorgängen. Angesprochen sind davon z. B. Drohverlustrückstellungen. Bereits ohne einen Umwandlungsvorgang handelt es sich bei den Vorschriften um eine sperrige Materie. Vereinfacht gesprochen ist bei Verbindlichkeiten, die Ansatzverboten, Absatzbeschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben und im Rahmen einer Veräußerung übertragen werden,
- ein daraus resultierender Aufwand beim übertragenden Rechtsträger über 15 Jahre zu verteilen und
- ein daraus resultierender Ertrag beim übernehmenden Rechtsträger über 15 Jahre zu verteilen.
Im UmwStE 2025 vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass bei einer Übertragung zu gemeinen Werten oder Zwischenwerten eine Aufwandsverteilung auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers vorzunehmen ist. Zudem sind bestehende Rücklagen nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG mit 0 Euro zu bewerten, da es sich lediglich um einen buchtechnischen Passivposten handelt.
Der übernehmende Rechtsträger hat nach Verwaltungsauffassung eine vor oder im Zuge der Umwandlung begründete Aufwandsverteilung gemäß § 4f EStG fortzuführen. Während der Entwurf des Umwandlungssteuererlasses noch eine entsprechende Verteilung für Rücklagen nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG beim Übernehmer anordnete, ist dieser Passus in der finalen Fassung gestrichen worden. Die obigen Ausführungen zu § 4f EStG und § 5 Abs. 7 EStG gelten auch für die anderen Umwandlungsarten.