3. Wie soll mit stillen Lasten bei Umwandlungsvorgängen umgegangen werden?
Die Vorschriften zur Übertragung stiller Lasten gibt es schon seit dem Jahr 2014. Die §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG stellen sich aber in der Praxis als doch recht sperrig dar. Auch die bisherigen Verlautbarungen der Finanzverwaltung haben nur bedingt für Klarheit gesorgt, gerade mit Blick auf stille Lasten bei Umwandlungen. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass der Entwurf die Thematik aufgreift. Die Aussagen des Erlassentwurfs sind im Grundsatz nachvollziehbar, können aber in Einzelfällen zu unsachgerechten Ergebnissen führen.
Für Verpflichtungen, die im Zuge einer Verschmelzung übertragen werden, soll eine Aufwandsverteilung nach § 4f EStG ausscheiden. Bestehende Rücklagen nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG im Zusammenhang mit von der übertragenden Körperschaft übernommenen Verpflichtungen sollen bei einem Ansatz mit dem gemeinen Wert mit 0 Euro zu bewerten sein, da es sich lediglich um buchtechnische Passivposten handelt (Rz. 03.05). Der übernehmende Rechtsträger hat eine vor der Umwandlung begründete Aufwandsverteilung als Rechtsnachfolger entsprechend § 4f Abs. 1 Satz 7 EStG fortzuführen. Entsprechendes gilt für eventuelle Rücklagen nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG im Zusammenhang mit vom übertragenden Rechtsträger übernommenen Verpflichtungen (Rz. 04.16). Bei Zugrundelegung der in Rz. 03.05 im Groben skizzierten Herangehensweise ergeben sich zahlreiche Fragen, die nicht nur im Bereich der Verschmelzung relevant sind, sondern auch bei den sonstigen betriebsbezogenen Umwandlungen.
Danach kann es offensichtlich dazu kommen, dass der übertragende Rechtsträger einen Verlust realisiert, der im Zuge der Verschmelzung untergeht. Wir halten dies in bestimmten Bereichen für nicht sachgerecht. Rz. 03.05 gilt über die Verweistechnik des Erlasses ebenfalls für die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Kapitalgesellschaften (Rz. 11.04), die Spaltung von Kapitalgesellschaften (Rz. 15.14), die Einbringung in Kapitalgesellschaften (Rz. 20.17) und Personengesellschaften (Rz. 24.03) und den Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft (Rz. 25.01). Bei der Spaltung von Kapitalgesellschaften kann es bei Ansatz des gemeinen Werts der Verpflichtung zu einem Verlust kommen. Insoweit stellt sich die Frage, wie dieser Verlust zu erfassen ist und ob die Regelung des § 15 Abs. 3 UmwStG Anwendung finden soll. Danach mindern sich u. a. nicht ausgeglichene negative Einkünfte der übertragenden Körperschaft in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des gemeinen Werts das Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht. Auch hier bleibt der Erlass eine Antwort schuldig.
4. Auf welchen Ansatz bezieht sich die Höchstgrenze des gemeinen Wertes?
Gerade in volatilen Zeiten kann es zu Umwandlungen von Unternehmen kommen, bei denen der gemeine Wert der Sachgesamtheit unter den Buchwerten der Einzelwirtschaftsgüter liegt. Ist der gemeine Wert der Sachgesamtheit geringer als die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter, ist ein Ansatz zum Buchwert in der Regel ausgeschlossen. Der UmwStE ließ bisher eine Aussage über die Abbildung solcher Fälle vermissen. Auch der Entwurf trifft hierzu keine Aussagen.
- übernommene Verpflichtungen und sonstiges Vermögen (sowohl Aktiva als auch Passiva), die einem steuerlichen Bewertungsvorbehalt unterliegen, und für die stille Lasten aufgrund dessen erst in der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft realisiert werden können
- steuerliche Sonderposten, die lediglich buchungstechnischer Natur sind, aber aufgrund der Berücksichtigung in der Steuerbilanz den Nettobuchwert des übertragenen Vermögens erhöhen (z. B. Ausgleichsposten für ausschüttungsgleiche Erträge/Vorabpauschale)
- negative Differenzen zwischen dem gemeinen Wert der Sachgesamtheit und dem steuerlichen Nettobuchwert des übertragenen Vermögens, die beispielsweise aus erwarteten negativen zukünftigen Ertragsaussichten resultieren (typischerweise werden derartige Wertdifferenzen im Rahmen eines Unternehmenserwerbs als Badwill erfasst).
5. Ist immer eine Ermittlung des Übernahmeergebnisses notwendig und was ist mit den Kosten für den Vermögensübergang?
Wird eine Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft verschmolzen, ist die Ermittlung eines Übernahmeergebnisses sinnvoll. Ergibt sich ein Gewinn, fallen unterm Strich 1,5 Prozent Steuern auf das Ergebnis an. Ein Verlust ist nicht abziehbar. Bei einer Seitwärtsverschmelzung erschließt sich der Sinn der Ermittlung eines Übernahmeergebnisses erst im Zusammenhang mit der steuerlichen (Nicht-)Abziehbarkeit der Kosten des Vermögensübergangs. Aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 UmwStG lässt sich das nur schwerlich herauslesen. Allerdings sieht der BFH das bekanntermaßen anders und fordert – in Übereinstimmung mit dem UmwStE – die Ermittlung des Übernahmeergebnisses auch in diesen Fällen.
Was in dem Zusammenhang nicht unter den Tisch fallen darf: Die Kosten, die bei der Umwandlung anfallen, können im Einzelfall hoch sein. Dann ist es wichtig, dass sie steuerlich abziehbar sind. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG bestimmt, dass die „Kosten für den Vermögensübergang“ einen Übernahmegewinn beim übernehmenden Rechtsträger mindern oder einen (nicht abziehbaren) Übernahmeverlust erhöhen. Im Ergebnis sind die Kosten für den Vermögensübergang bei Verschmelzungen und anderen Umwandlungen nicht abziehbar. Es ist klar, dass es hier häufig zu Diskussionen zwischen Steuerpflichtigem und der Finanzverwaltung kommt.
Die Finanzverwaltung nimmt im Anschluss an die Rechtsprechung des BFH eine eher weite Auslegung des Begriffs „Kosten für den Vermögensübergang“ vor. Dementsprechend erhöhen sich die nicht abziehbaren Kosten. Auch danach soll die Zuordnung zu den „Kosten für den Vermögensübergang“ dem Veranlassungsprinzip folgen. Dabei sei auf das „auslösende Moment“ für die Entstehung und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn abzustellen. Als Kosten für den Vermögensübergang i. S. d. § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG sind nur die nicht objektbezogenen Kosten des übernehmenden Rechtsträgers – unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung – wie auch die nicht objektbezogenen Kosten, die dem übertragenden Rechtsträger zuzuordnen und nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen.